Kommentar
08:21 Uhr, 04.07.2016

Das rätselhafte Verhalten der US-Renditen

Die Zinsen für amerikanische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren sind nach dem Brexit-Votum um gut 37 Basispunkte kollabiert, und haben Intraday sogar ein neues Rekordtief bei 1,378 % besucht.

Die Gründe für den Einbruch sind größtenteils außerhalb der USA zu finden, wo Notenbanken verzweifelt versuchen, ihre Wirtschaft am Laufen zu halten (siehe Japan) beziehungsweise systemische Risiken mit Liquidität zu bekämpfen (siehe Eurozone). Eine Folge dieser Bemühungen ist, dass die dortigen Zinsen auf absurd niedrige/negative Werte sinken und damit Investoren zwingen ihr Geld in Treasuries umzuschichten.

Ablesen kann man diese Flows an der Laufzeitprämie (Term Premium) für US-Benchmarkanleihen (siehe Grafik).


Üblicherweise ist dieser Aufschlag positiv, denn es ist ganz offensichtlich spekulativer Geld in ein 10-jähriges Papier zu investieren anstatt, einen Bond mit beispielsweise 5 Jahren Laufzeit einmal zu rollen. Seit einiger Zeit fällt aber auf, dass die Prämie immer tiefer ins Minus rutscht (aktuell -0,66 %) und damit eine zunehmend prekäre Angebotssituation telegrafiert – zumindest war ich mir dessen bisher immer sicher.

Etwas stutzig machte mich kürzlich jedoch der Verlauf des um die Laufzeitprämie bereinigten (risk adjusted) Zins. (siehe Grafik).


Es fällt auf, dass das Preisverhalten in etwa dem Verlauf der Leitzinsen plus einer Konstante X entspricht, was auf den ersten Blick Sinn macht, da der nominale Zins sich laut Schulbuch aus dem erwarteten Pfad der kurzfristigen Zinsen + einem Inflationsaufschlag + dem Term Premium zusammensetzt.

Beim zweiten und dritten Blick macht der Chart aber immer weniger Sinn, denn: Sind die Märkte wirklich so einfach gestrickt, dass sie das jeweils aktuelle Niveau der Leitzinsen über 10 Jahre in die Zukunft projizieren? Hat sich die Existenz eines Konjunkturzyklus immer noch nicht herumgesprochen?

Möglicherweise ist der Chart aber auch nur eine Illusion, der zum Tausch von Ursache und Wirkung verleitet, denn es könnte beispielsweise sein, dass die kurzfristigen Zinsen lediglich den langfristigen Zinsen hinterherlaufen. Antizipieren die Märkte schon im Voraus den Pfad der Leitzinsen, oder diktieren sie ihn sogar?

Eine alternative Erklärung wäre, dass das Term Premium Modell der Fed einfach nicht wie gewünscht funktioniert, und dabei scheitert das Inflationsrisiko (wird zum Term Premium gerechnet) und die Inflationserwartungen (werden dem risikobereinigten Zinsanteil zugeschrieben) korrekt auseinanderzudividieren.

Wäre dies der Fall, dann kann man für die niedrigen Zinsen nicht nur eine knappe Angebotssituation verantwortlich machen und muss die Deflationsrisiken vielleicht ernster als bisher nehmen.

3 Kommentare

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  • Trading2001
    Trading2001

    Die Notenbanken blasen hier die größte Blase aller Zeiten auf. Aufgrund der negativen Zinsen haben die Großanleger keine Chance mehr, Geld sinnvoll anzulegen, ohne ins Risiko zu gehen. Wenn sich tatsächlich mal die Meinung durchsetzt, die Zinsen könnten (und hier reicht minimal) steigen, dann platzt die Blase und wir haben die größte Finanzkrise aller Zeiten. Leider hilft dann kein QE mehr sondern die Blase kann nur in einem SuperGAU platzen! Ich hoffe mal, ich bin dann BuFu short und kann ab da meine Rente genießen ;-)

    13:39 Uhr, 04.07.2016
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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