Kommentar
20:30 Uhr, 06.04.2016

Darum steigen WTI und Brent-Öl heute deutlich!

Der Ölpreis springt heute regelrecht in die Höhe. Dafür gibt es zwei gute Gründe, doch bei beiden ändert sich die Beurteilung bei näherem Hinsehen.

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Die am 18. März gestartete Korrektur des Ölpreises wurde heute mit einem Paukenschlag unterbrochen. Der Kurs steigt über 5 % an und springt über die 50-Tageslinie. Die Korrektur könnte aus technischer Sicht schon wieder beendet sein.

Der Kurssprung wurde heute von zwei Akteuren gesponsert. Der eine, Kuwait, hält eine Einigung über die Einfrierung der Produktion für möglich. Der andere, die USA, konnten heute einen deutlich fallenden Lagerbestand vermelden. Beides lässt auf die fundamentale Trendwende hoffen.

In der Realität wird sich beides kaum auf das Grundproblem des Überangebots auswirken. Die OPEC hat für den 17.4. ein Treffen geplant, bei dem eine Einfrierung der Produktionsmenge beschlossen werden soll. Daran wurde in der vergangenen Woche stark gezweifelt. Saudi-Arabien meldete sich nämlich zu Wort und erteilte der Einfrierung der Produktion eine Absage, wenn der Iran nicht mitzieht.

Der Ölpreis fiel nach dieser Aussage wie ein Stein, denn ohne Saudi-Arabien geht gar nichts. Die Drohung, die Gespräche scheitern zu lassen, war vermutlich mehr taktisches Spiel denn eine ernstzunehmende Absage. Saudi-Arabien wollte vermutlich demonstrieren, welchen Einfluss es auf den Ölpreis hat.

Der Iran will bis Anfang 2017 wieder 4 Mio. Barrel Öl pro Tag fördern. Das ist ein Anstieg von ca. 1 Mio. Barrel pro Tag ausgehend vom aktuellen Niveau. Der Iran hat immer gesagt, dass sie die Förderung gerne bei 4 Mio. Barrel hätten. Das entspricht in etwa der Fördermenge aus den Zeiten vor den Sanktionen.

Natürlich bringt es wenig, wenn der Iran die Förderung ausweitet, der Preis jedoch deutlicher sinkt. Die Produktion soll auf Jahressicht um ein Drittel gesteigert werden. Steht der Ölpreis dann jedoch ein Drittel tiefer, dann hat der Iran nichts gewonnen. Diesen Punkt wollte Saudi-Arabien noch einmal verdeutlichen.

Kuwait prescht nun vor und beteuert, dass eine Einigung auch ohne den Iran möglich ist. Die Entwicklung der weltweiten Produktion sähe dann wie in Grafik 1 aus. Der Iran steigert seine Produktion um 1 Mio. Barrel, der Rest der OPEC und Russland frieren ihre Produktion ein und der Rest der Welt fördert ungefähr 1 Mio. Barrel weniger. Schon jetzt ist die Produktion in den USA um eine halbe Mio. Barrel unter den Rekordmarken.

Das weltweite Angebot bleibt in diesem Szenario unterm Strich stabil. Das Überangebot baut sich also nicht wirklich ab. Es wird lediglich durch Nachfragewachstum verkleinert. Das führt über die Zeit bis Ende 2017 oder 2018 dazu, dass Angebot und Nachfrage wieder zueinander finden.

Dem Preis geholfen haben auch die Lagerdaten aus den USA. Der Lagerbestand hat sich verringert. Das lässt erfreuliche Schlussfolgerungen zu. Dazu gehört insbesondere die Vermutung, dass das Überangebot vielleicht doch etwas geringer ist als angenommen oder die Nachfrage besonders stark gestiegen ist. Beides lässt sich nicht wirklich begründen.

Grafik 2 zeigt, wieso der Markt so erfreut reagiert hat. Vor einem Jahr noch stieg der Lagerbestand um 10 Mio. Barrel innerhalb einer Woche. In diesem Jahr reduzierte er sich deutlich. Das liegt jedoch weder an einem geringeren Ölangebot noch an einer besonders hohen Nachfrage. Es liegt allein daran, dass die US-Raffinerien ihre Wartungsarbeiten früher als sonst beendet haben.

Da die Nachfrage nach Ölprodukten im ersten Quartal niedrig ist, führen Raffinerien Wartungsarbeiten durch. Die Kapazität zur Ölverarbeitung sinkt dadurch. Da Raffinerien weniger Öl verarbeiten füllen sich die Lager. Grafik 3 zeigt, wie viel Öl Raffinerien den Produzenten pro Tag abnehmen. Dabei zeigt sich, dass Raffinerien außergewöhnlich früh damit begonnen haben, wieder mehr Öl abzunehmen.

Die Verarbeitungskapazität der Raffinerien erreichte zuletzt wieder mehr als 90 %. Das ist für Anfang April ein sehr hoher Wert. Dadurch wird nun mehr Rohöl verarbeitet und die Lager für Rohöl leeren sich, doch dafür sammelt sich nun Benzin in den Lagern an. Das Problem verschiebt sich lediglich von einer Lagerstätte zur anderen. Die Entwicklung des Lagerbestandes ist daher kein Signal dafür, dass sich etwas fundamental geändert hat.

Obwohl der heutige Tag an der Lage nichts geändert hat, kann der Ölpreis bereits wieder die Korrektur beendet haben. Kuwait deutete an, dass sie den Ölpreis in einer Range von 45 bis 60 Dollar sehen (sprich, sie wünschen sich einen solchen Preis). Ich halte es für möglich, dass der Preis in diese Richtung steigt. Das ist dann jedoch kein Preis, der die fundamentale Lage widerspiegelt, sondern reine Spekulation, deren Richtung sich sehr schnell ändern kann.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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