Kommentar
07:40 Uhr, 19.03.2020

Crash im Ölpreis - So hat sich das Russland wohl nicht vorgestellt

Der Ölpreis unterschreitet gerade das Paniktief aus dem Jahr 2016. So hat sich das Russland vermutlich nicht vorgestellt, als es die Zusammenarbeit mit der OPEC beendete.

Erwähnte Instrumente

  • Brent Crude Öl
    ISIN: XC0009677409Kopiert
    Kursstand: 26,31800 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 23,06000 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Brent Crude Öl - WKN: 967740 - ISIN: XC0009677409 - Kurs: 26,31800 $/bbl. (FXCM)
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 23,06000 $/bbl. (FXCM)

Die Aufkündigung der Zusammenarbeit mit der OPEC hat dem Ölpreis einen beinahe beispiellosen Crash beschert. Der Tagesverlust lag zeitweise über 30 % und endete mit einem Minus von 24 %. Es war der größte Preisverfall innerhalb eines Tages seit Januar 1991. Damals war der Ölpreis zunächst aufgrund des Golfkrieges massiv gestiegen. Als klar wurde, dass Öl nicht knapp werden würde, bracht der Preis wieder zusammen (Grafik 1).

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Als wäre dieser erste Schlag nicht schon schlimm genug gewesen, kommt nun noch einer hinzu. Der Ölpreis verliert innerhalb von zwei Wochen zum zweiten Mal mehr als 15 % an einem Tag. Die Pandemie legt die Welt lahm und die Ölnachfrage bricht ein.

Wieso Russland die Zusammenarbeit nicht weiterführen wollte, weiß es nur selbst. Russland hielt sich selbst während des Abkommens zur Fördermengenbegrenzung nicht an die Förderquote. Russland war es also immer schon wichtig seinen Marktanteil zu halten.

Den Großteil der Kürzung stemmte Saudi-Arabien auf Kosten seines Marktanteils. Diese Kröte wurde geschluckt. Saudi-Arabien versuchte zu Beginn der Ölpreiskrise mit erhöhter Produktion die Schieferölproduzenten in den USA aus dem Markt zu drängen. Es funktionierte nicht.

Nun wird spekuliert, dass Russland das gleiche versuchen will. Wieso es diesmal funktionieren sollte, obwohl es keine fünf Jahre her ist, dass ein solcher Plan scheiterte, bleibt offen. Schieferölproduzenten waren schon damals in einer prekären Lage. Sie weiteten ihre Produktion immer weiter aus, produzierten unprofitabel und nahmen immer mehr Schulden auf. Trotzdem überlebten sie den Crash.

Das hatte vor allem einen Grund. Innerhalb kurzer Zeit wurden die Produktionskosten massiv gesenkt. Im Durchschnitt braucht es heute nur noch einen Ölpreis von 45 Dollar, um zu überleben. Der Ölpreis steht heute deutlich tiefer (50 % tiefer), allerdings haben sich die meisten Produzenten abgesichert. Sie haben ihre zukünftige Ölproduktion zu einem festen Preis bereits verkauft. Bis die Hedges auslaufen und die Produzenten nicht mehr schützen, können viele Quartale vergehen. Vor 2021 wird das nicht geschehen.

Russland und andere Produzenten leiden hingegen ab Tag 1. Russland braucht einen Ölpreis von ca. 45 Dollar, um seinen Haushalt auszugleichen. Es ist der niedrigste fiskalische Breakeven-Preis unter den Hauptproduzenten (Grafik 2). Gleich danach kommen allerdings schon die Schieferölförderer. Saudi-Arabien braucht den höchsten Preis, um das Budget auszugleichen.

Crash-im-Ölpreis-So-hat-sich-das-Russland-wohl-nicht-vorgestellt-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-2

Schieferölförderer gehen irgendwann bankrott, wenn der Ölpreis zu lange zu niedrig bleibt. Darauf zu spekulieren ist jedoch gefährlich. Ein niedriger Ölpreis schadet auch den Regierungen der Förderländer. Russland steht immer noch unter Sanktionen. Es kann sich nicht einfach unbegrenzt Geld auf dem internationalen Finanzmarkt besorgen. Es muss mit seinen Reserven durchkommen. Ob das gelingt, weiß niemand. Es ist eine gewagte Spekulation, die gehörig schiefgehen kann.

Einige Schieferölfirmen werden Insolvenz anmelden müssen. Die Produktionskapazitäten verschwinden dadurch nicht. Die Assets dürften von noch solventen Firmen übernommen werden. Sobald der Ölpreis steigt, steigt auch die Produktion wieder rasant an. Saudi-Arabien hat bereits vor fünf Jahren verstanden, dass es den Krieg gegen US-Shale nicht gewinnen kann. Es war eine teure Lernkurve. Russland scheint nun ebenfalls Lehrgeld bezahlen zu wollen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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