Corona und das indische Drama
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Neu Delhi (Godmode-Trader.de) - Es ist nun fünf Monate her, dass Indien Ende Januar seinen ersten Covid-19-Fall meldete. Mittlerweile hat die Pandemie das Land voll im Griff. Die Gesamtzahl der Infektionen überschritt zu Wochenbeginn die Grenze von 700.00, wobei die täglichen Neuinfektionen weiterhin neue Höchststände erreichten; aktuell gibt es etwa 25.000 bestätigte neue Fälle pro Tag. Das Land ist nun nach den USA und Brasilien das am schlimmsten von der Pandemie betroffene Land der Welt.
Seit Anfang Juni hat Indien begonnen, die strikten Ausgangssperren zu lockern. Seitdem steigen die Zahlen der Infektionen täglich an. Im Vergleich zu China, das eine vergleichbar große Bevölkerung hat, ist die Zahl der offiziell gemeldeten Erkrankungen acht Mal höher. Seit dem Beginn der Krise sind fast 20.000 Menschen in Indien nachweislich an den Folgen einer Coronavirus-Infektion gestorben.
Angesichts der schlechten Gesundheitsinfrastruktur des Landes und der schwachen Test-, Rückverfolgungs- und Isolationsbemühungen sind alle Zahlen jedoch nur der Versuch einer Annäherung. Die Dunkelziffer dürfte sehr hoch sein.
Indien gehörte zu den ersten Ländern in Asien, die am 25. März mit einer landesweiten Abriegelung begannen, als die offiziell registrierten Fälle bei 500 lagen. Die Umsetzung der Abriegelung verlief jedoch chaotisch; sie wurde nur wenige Stunden vor Beginn angekündigt und zog sich mit vier Verlängerungen von der anfänglichen dreiwöchigen Phase bis Ende Juni in die Länge.
Obwohl der indische Lockdown Berichten zufolge zu den strengsten der Welt gehörte, gelang es nicht, die Infektionskette zu unterbrechen. Untergraben wurde sie von der Migrationskrise - Arbeiter aus weitgehend unorganisierten Sektoren in Großstädten kehrten in ihre Heimatstaaten zurück, von denen viele Berichten zufolge während der Reise starben, während die Überlebenden die Krankheit in ihre Heimatstädte und Dörfer brachten. Große Slums in Städten wie Mumbai wurden zu regelrechten Brutstätten für das Virus. Deshalb glauben Experten, dass die tatsächliche Ausbreitung noch weitaus schlimmer ist als die offiziellen Statistiken zeigen.
Der Lockdown wirft das Land auch in wirtschaftlicher Hinsicht um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zurück. Doch ganz klar ist das Bild nicht. Die indische Statistikbehörde musste die Veröffentlichung einiger Wirtschaftsindikatoren wie Industrieproduktion und Inflationsdaten aussetzen, weil sie durch den Lockdown verzerrt waren. Eine erste Schnellschätzung der Behörde, wonach die Industrieproduktion im April im Jahresvergleich um 55 Prozent abgesackt ist, in Kombination mit einem rekordtiefen Einkaufsmanagerindex des Verarbeitenden Gewerbes für Mai von 30,8 Punkten und einbrechenden Exporten (-37 Prozent im Mai gegenüber dem Vorjahr nach -60 Prozent im April) lassen jedoch das Ausmaß des wirtschaftlichen Kollaps erahnen. Das laufende Fiskaljahr, das im März 2021 endet, droht, das schlechteste Jahr für die indische Wirtschaft seit fünf Jahrzehnten zu werden.
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