Analyse
16:36 Uhr, 19.05.2015

China-Effekt schmilzt US-Zinswende zum mickrigen Zinswendchen ein

Ein Totschlagargument für alle Diskussionen über die US-Zinswende lautete bisher: Die Fed kann die Zinsen eh nicht anheben, wie soll denn die US-Regierung ihre Schulden bezahlen, wenn die Zinsen zu hoch steigen. In Oxford hat man herausgefunden, dass es trotzdem gehen wird. Wie, erfahren Sie in diesem Artikel.

Erwähnte Instrumente

  • Ten-Year U.S. Treasury Notes Futures - WKN: 969019 - ISIN: XC0009690196 - Kurs: 126,95 $ (Commerzbank CFD)

Oxford Economics, der Think Tank der Universität von Oxford, kommt in einer Studie über die Zinswende zu dem Ergebnis, dass die Fokussierung der Märkte auf die US-Zinswende deplatziert sei. Die Entwicklung der Zinsen in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Erde, namentlich China, seit weitaus wichtiger als das, was Janet Yellen als nächstes tun werde.

China besitze die größten Devisenreserven der Welt und wenn sich die Konjunktur dort weiter abkühle, ein Szenario das von Oxford mit einer Wahrscheinlichkeit von 55% versehen wird, werde es weitere Zinssenkungen in China geben, und selbst wenn die Federal Reserve im September anfangen würde, die Leitzinsen anzuheben, werde das kaum Auswirkungen auf die Marktzinsen haben, heißt es aus Oxford.

Ende des Jahres 2016 könnten die zehnjährigen US-Staatsanleihen lediglich mit 2,9% rentieren, gegenüber aktuell 2,2%. Damit wären die Renditen da, wo sie vor einem Jahr auch schon gewesen sind.

Wer also den großen Ausverkauf bei US-Staatsanleihen erwartet, könnte schief gewickelt sein.

Bei einer harten Landung der chinesischen Volkswirtschaft, einem Szenario, dem Oxford eine Wahrscheinlichkeit von 30% beimisst, könnten die Renditen der zehnjährigen US-Staatsanleihen sogar auf 1,7% bis Ende kommenden Jahres sinken.

Es gibt eigentlich nur ein Risiko für die US-Zinswende: Nämlich jenes, dass sich Chinas Wirtschaft schnell und unbeschadet aus der derzeitigen Malaise erholt und in Richtung 8% Wirtschaftswachstum marschiert. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei aber relativ gering: Die 20 Billionen USD an neuen Schulden, die Chinas Regierung und Wirtschaft seit dem Zusammenbruch der amerikanischen Banken angehäuft hat, sollten jegliche grünen Sprossen des Wachstums jäh dahinwelken lassen. Dennoch: Sollte es zu dieser Überraschung kommen, würde der Welthandel wieder dynamisch zunehmen, das Weltwirtschaftswachstum auf Potenzial zulegen und die Renditen der zehnjährigen US-Staatsanleihen wären nach Oxford-Berechnungen dann bis 2020 wieder bei 4,8%, die deutschen würden dann von 0,6% auf 2,3% steigen.

Aber das ist ein Szenario, dem eine geringe Wahrscheinlichkeit von 15% beigemessen wird. Im Hauptszenario, einer langsamen weiteren Abkühlung des chinesischen Wirtschaftswachstums auf 6,6% in diesem Jahr und 5,3% im Jahr 2020 wird die EZB ihre Nullzinspolitik bis zum Jahr 2020 beibehalten, während die japanischen Renten wahrscheinlich bis zum Jahr 2017 bei Null verharren würden.

1 Kommentar

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • fehu001
    fehu001

    danke Jochen,

    das dürfte wohl für alle staatlichen Schuldner die Erklärung sein

    20:42 Uhr, 19.05.2015