Kommentar
07:12 Uhr, 22.08.2016

Britisches Pfund: Boden erreicht

Noch vor kurzem befand sich das britische Pfund im freien Fall. Jetzt macht die Währungen einen kräftigen Satz nach oben. Das Tief wurde wohl erreicht.

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Die Sache ist eigentlich vollkommen klar: Der Brexit schwächt die britische Wirtschaft. Die Notenbank hält mit QE und Zinssenkungen dagegen und die Regierung will ihr Defizit ausbauen. Das kann nur zu einer Schwächung der Währung führen. Darüber sind sich im Prinzip alle einig. Die meisten Investmentbanken sehen das Pfund gegenüber dem Dollar bis Jahresende 5-15 % tiefer als heute.

Das Pfund hält sich aktuell nicht an diesen Konsens und höchstwahrscheinlich wird es auch diesen Weg nicht mehr einschlagen. Gegenüber dem Dollar deutet sich vielmehr eine Bodenbildung an. Das liegt nicht nur daran, dass das Pfund gekauft wird. Der Dollar hilft dabei etwas mit. Das Protokoll der US-Notenbank lässt darauf schließen, dass sie sich mit dem nächsten Zinsschritt weiter nicht hetzen wird.

Gegenüber dem Euro tut sich das Pfund schwerer, doch auch hier scheint der freie Fall gestoppt zu sein. Das macht ganz entgegen der Erwartung und der Argumente sogar Sinn. Der Wert einer Währung bemisst sich letztlich am wirtschaftlichen Erfolg eines Landes. Nachdem dieser Erfolg in Großbritannien nach dem Brexit-Votum schwer infrage gestellt wurde, kam es zum Einbruch des Wechselkurses.

Aus wirtschaftlicher Schwäche ergeben sich für gewöhnlich fallende Zinsen und steigende Defizite. All das begünstigt eine Abwertung der Währung. Nun kann man allerdings in diesen Tagen nicht gerade von einer wirtschaftlichen Schwäche sprechen. Die Zinssenkung kam zwar bereits wie erwartet, doch aktuell scheint sich herauszukristallisieren, dass es diesen Schritt und die Wiederaufnahme von QE in diesem Ausmaß vielleicht gar nicht gebraucht hätte.

Die Bank of England hatte bereits kurz nach ihrem Maßnahmenpaket angekündigt, dass sie schon über den nächsten Zinsschritt nachdenkt. Auch eine Ausweitung des QE Programms war schon im Gespräch. All das als Reaktion auf einen möglichen Wirtschaftsabschwung brachte das Pfund weiter unter Druck.

In der letzten Woche gab es eine ganze Reihe an Wirtschaftsdaten, die bisher eine ganz andere Story erzählen. Die britische Wirtschaft scheint nicht einzubrechen. Der Arbeitsmarkt brummt weiter. Die Zahl der Arbeitslosen ist im Juli weiter gesunken. Daran wird sich vermutlich auch so schnell nichts ändern, denn die Briten geben Geld in atemberaubenden Tempo aus.

Grafik 1 zeigt die verkauften Mengen im britischen Einzelhandel. Man kann die Stagnation zwischen 2007 und 2013 erkennen. Erst seit 2014 beginnt die Wirtschaft Fahrt aufzunehmen. Auch vom Brexit-Votum hat sich bisher niemand abschrecken lassen. Gegenüber dem Vorjahr stieg der Absatz um 5.9 %. Gegenüber Juni legten die Verkäufe 1.4 % zu.

Grafik 2 zeigt die Komponenten des Konsumwachstums. Aktuell tragen alle Segmente zum Wachstum bei. Interessant ist auch die Entwicklung der Ausgaben für Treibstoff. Diese stiegen trotz eines fallenden Ölpreises. Mit anderen Worten: es wurden größere Mengen verkauft. Das geschieht nur, wenn die Wirtschaft entsprechend wächst.

Der Konsum ist vom Brexit-Votum absolut unbeeindruckt. Solange der Konsum läuft, wird die Wirtschaft kaum in eine Rezession stürzen. Der Privatkonsum macht zwei Drittel der Wirtschaftsleistung aus. Natürlich kann der Konsum eine Wachstumsdelle nicht verhindern, wenn Unternehmen weniger investieren, doch der große Abschwung bleibt wohl aus. Bleibt der Abschwung aus, dann gibt es auch keinen Grund für noch tiefere Zinsen und mehr QE. Großbritannien dürfte wirtschaftlich weiterhin einen moderaten Aufschwung sehen. Wieso das Pfund unter diesen Bedingungen weiter abstürzen sollte, kann man sich eigentlich nicht erklären. Im Gegenteil, es deutet sich an, dass das Pfund Aufwertungspotential hat, denn die Schwäche, die jeder erwartet hat, wird wohl deutlich geringer ausfallen als angenommen.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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