Analyse
13:44 Uhr, 28.05.2015

Boom bei China-Aktien: Alles, was Sie wissen müssen

Der Boom am chinesischen Aktienmarkt kann zwei Folgen haben, die ein Professor aus Peking mit interessanten Zahlen belegt, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.

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Seit Januar 2013 sind die Aktienbörsen in Shanghai, Shenzhen und die Smallcap-Börse ChiNext um 95%, 198% bzw. 383% angestiegen. Damit wuchs die Marktkapitalisierung chinesischer Börsen relativ zum BIP seit 2012 von 44% auf jetzt 94%.

Andrew Sheng, Professor an der Tsinghua Universität in Peking, kann dem neben allen Risiken auch Gutes abgewinnen.

Sollte der Umbau der chinesischen Volkswirtschaft zu einer konsumorientierten Mittelstandsgesellschaft überhaupt funktionieren, müsse mehr Wohlstand geschaffen werden, und das habe der Aktienmarkt mit Bravur geschafft: In nur 18 Monaten sei das Vermögen der Chinesen um sagenhafte 6 Billionen Dollar gewachsen, das entspricht 57% des Bruttoinlandsprodukts Chinas.

Das könnte sich sehr positiv auf den Konsum auswirken, wenn die Kursgewinne sich als nachhaltig herausstellen sollten. Außerdem wachse der private Sektor in China sehr schnell, die Zahl der Firmengründungen ist laut Sheng seit der Liberalisierung im März 2014 um 54% gestiegen. "Jüngste Innovationen und der Aufstieg der Dienstleistungsindustrie haben China geholfen, von seiner Rolle als die Werkbank der Welt wegzukommen und seine eigene Version des Internets der Dinge zu schaffen, getrieben von Plattformen wie Alibaba und Tencent", sagt Sheng.

Chinesen seien zu 50% in Immobilien investiert, US-Amerikaner nur mit 20%. Außerdem hätten sie vergleichsweise viel Geld auf Sparkonten liegen (20%), die Amerikaner hätten nur 7,4% dort geparkt. Dafür veranlagen Amerikaner 21% ihres Vermögens in Aktien, Chinesen aber nur 11%. "Die wachsende Kapitalisierung des Aktienmarktes hilft der Realwirtschaft, ihre Abhängigkeit von Bankfinanzierungen zu senken", sagt Sheng.

Dabei sei die Bedeutung von Aktien und Anleihen ungemein stärker ausgeprägt als in der chinesischen Volkswirtschaft. Relativ zum Bruttoinlandsprodukt haben in den USA Aktien und Anleihen einen Anteil von 133% bzw. 205%, in China liegen die Anteile bei nur 35% bzw. 43%. Die Bankaktiva chinesischer Banken liegen hingegen in China bei 215% des BIP, in den USA nur bei 95%.

Im letzten Jahr seien 14,3 Millionen Aktiendepots in China eröffnet worden. Es sei laut Sheng jetzt immens wichtig, was mit dem gewonnenen Geld an der Börse passiere. "Wenn sich die Rally bei Aktien als nachhaltig herausstellt werden die Implikationen für den Konsum (...) immens sein", schreibt der Professor. Clevere Haushalte und Unternehmen würden die Erlöse nutzen, um Kredite zu tilgen. Private Unternehmen und staatliche Organisationen sollten Kapital aufnehmen, um neue Investitionen zu stemmen.

Doch der rapide Anstieg der Aktienkurse trage auch Risiken. Es bestehe ide Möglichkeit, dass der Finanzsektor die neu entdeckte Liquidität missbraucht, um noch mehr spekulative Investitionen in Vermögenspreisblasen zu tätigen, während alte Industriezweige mit der Liquidität versorgt werden. "Das ist, was 2008-2009 passierte, als zusammen mit dem vier Billionen Yuan schweren Konjunkturprogramm der Regierung große Überkapazitäten in den traditionellen Wirtschaftszweigen aufrecht erhalten wurden. Die meisten Kredite wanderten in Immobilien und lokale Infrastrukturprojekte, was effektiv die problematischen Trends in der chinesischen Volkswirtschaft verstärkte", schreibt Sheng weiter.

5 Kommentare

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  • whynot
    whynot

    Mal gerade nebenbei bemerkt: Shanghai ist heute anscheinend kaum wahrgenommen mal eben um 6,5% eingebrochen. Da sollte man vielleicht eher mal die Frage aufgreifen, ob der China-Boom so langsam sein Ende findet.

    13:54 Uhr, 28.05. 2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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