Analyse
21:03 Uhr, 20.03.2014

BLACKBERRY: leben Totgesagte wirklich länger?

Vom Hardwareproduzenten zum Softwareunternehmen - der einstige Börsenstar hat eine fundamentale Wandlung hinter sich und wird nun wieder interessant.

Erwähnte Instrumente

  • BlackBerry Ltd.
    ISIN: CA09228F1036Kopiert
    Kursstand: 9,59 $ (NASDAQ) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
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  • BlackBerry Ltd. - WKN: A1W2YK - ISIN: CA09228F1036 - Kurs: 9,59 $ (NASDAQ)

Viel tiefer als Blackberry kann man als Unternehmen gar nicht fallen. Der Aktienkurs verdeutlicht das eindrucksvoll. Blackberry kann man getrost als einstigen Marktführer im Bereich Smart Communication bezeichnen. Umsatz und Gewinn stiegen rasant an. Von wenigen Millionen Umsatz Ende der 90er Jahre katapultierte sich Blackberry auf einen Umsatz von knapp 20 Mrd. und einen Gewinn von 3,5 Mrd. hinauf (Gewinn, Cash und Schulden sind in der Grafik auf der linken Achse abgebildet, Umsatz auf der rechten).

Dann kamen Apple und Samsung und die Sache nahm ihren Lauf. Vom absoluten Tief der Aktie nach dem Fall bei ca. 5 USD konnte sich der Kurs etwas erholen. Er verdoppelte sich, lag damit aber immer noch 93% unter dem Allzeithoch. Es steht außer Frage, dass das Allzeithoch möglicherweise nie wieder erreicht wird. Dennoch hat das Unternehmen Potential. Das Potential liegt aber nicht im Smartphonebereich, sondern in Software. Der neue CEO wird Blackberry umgestalten. Als Anleger sollte man sich dessen bewusst sein und daher das Unternehmen auch nicht mehr als Smartphoneproduzenten bewerten.

Der Bereich der Hardwareherstellung wurde an Foxconn abgegeben. Das hat einen positiven Effekt. Blackberries können in Zukunft billiger hergestellt werden und das Unternehmen hat nicht mehr das Risiko auf den Geräten sitzen zu bleiben. Dieses Risiko liegt nun woanders (bei Foxconn). Blackberry hat zudem Ende 2013 massive Abschreibungen vorgenommen, um reinen Tisch zu machen. Damit fällt in Zukunft ein großer Belastungsfaktor weg.

In Zukunft will sich Blackberry auf Lösungen für mobile Geräte konzentrieren. Blackberry wird zum Softwarekonzern. Das klingt alles wenig revolutionär. Dieser Eindruck täuscht. Wer aktuell in einem großen (oder auch kleinen) Unternehmen arbeitet, weiß, dass Unternehmen mehr und mehr auf mobile Geräte setzen. Das ist ein Trend, der gerade erst begonnen hat. Unternehmen kämpfen damit, alles unter einen Hut zu bringen. Kompatibilität, Praktikabilität, Verfügbarkeit von Anwendungen und Sicherheit sind Aspekte, die noch weit davon entfernt sind, in Einklang gebracht worden zu sein. Die Möglichkeiten sind hier riesig.

Blackberry wird sich auf den Markt für Unternehmen fokussieren (B2B – Business to Business). Der Retailmarkt ist de facto Vergangenheit bzw. wird kein großer Faktor für Gewinne und Verluste mehr sein, seit die Partnerschaft mit Foxconn eingegangen wurde. Stattdessen gilt es, das Augenmerk auf die neuen Bereich zu werfen: Mobile Device Management (MDM), Blackberry Messenger und QNX.

Im MDM Bereich ist Blackberry nicht alleine unterwegs. Die größten Konkurrenten sind MobileIron, Airwatch und Good Technologies. Blackberry hat allerdings den Vorteil, dass sie bereits 80.000 Firmenkunden haben. Das ist mehr als die Konkurrenz zusammen hat. Das zeigt sich auch in den Nutzerzahlen. BES 10 (Blackberry Enterprise Service) wird ca. 10x so häufig verwendet wie die Konkurrenzprodukte.

QNX ist ein Teil des Unternehmens, welches Software fürs Auto herstellt. Dabei geht es vom Sounddesign (wie klingt das Auto wenn man drin sitzt) über die Integration von Touchscreens mit Kartendiensten bis hin zum Entertainment System und der Verbalsteuerung von z.B. Temperatur und Licht. Auch dieser Markt hat viel Potential und beginnt gerade erst loszulegen.

BBM (Blackbery Messenger) ist im Vergleich zu Whatsapp (500 Mio. Nutzer) mit 80 Mio. Nutzern eher klein. Das Wachstumspotential ist auch nicht wirklich groß, solange Unternehmen wie Whatsapp Dienste de facto gratis zur Verfügung stellen. Blackberry kann diesen Messenger Dienst aber für Firmenkunden optimal vermarkten. Was Sicherheit und Privatheit angeht, ist Blackberry ungeschlagen. Da können andere Dienste nicht mithalten.

An der Börse ist Blackberry knapp 5 Mrd. USD wert. Die Hälfte davon liegt als Cash auf der Bank. Das eigentliche Geschäft des Unternehmens wird also nur mit 2,5 Mrd. bewertet. Denkt man daran, dass Whatsapp mit 16 Mrd. bewertet wurde und Mobile Device Management Unternehmen, die um ein Vielfaches kleiner sind, mit Milliardenbeträgen von Venture Capital Firmen bewertet werden, dann ist Blackberry derzeit ein echtes Schnäppchen. Von den zahlreichen Patenten ganz zu schweigen.

Solange all diese Faktoren von Anlegern nicht anerkannt werden, wird der Kurs der Aktie natürlich dennoch nicht steigen. Die 100% Rallye um den Jahreswechsel führe ich vor allem auf die Auflösung von Shortpositionen zurück. In diesem Zeitraum reduzierte sich die Anzahl von leerverkauften Aktien von 170 Mio. auf 90 Mio. Aktuell nehmen die Leerverkäufe wieder zu. Ende März könnte sich das wieder ändern. Dann präsentiert Blackberry die ersten Quartalszahlen nach den massiven Abschreibungen. Es ist davon auszugehen, dass die Zahlen, trotz des Wegfalls außergewöhnlicher Belastungen, schlecht sein werden. Der Umsatz ist in den letzten Quartalen massiv eingebrochen und es ist nicht von einer schnellen Trendwende auszugehen. Der Smartphone Bereich ist der größte Umsatzbringer. Nachdem dieser weiter schrumpft, wird sich das auch in den Zahlen widerspiegeln. Durch weniger Blackberry Nutzer werden auch die Umsätze aus den anderen Segmenten zurückgehen (Services wie Messenger). Noch sind die Services und Software stark vom eigentlichen Gerät abhängig. In Zukunft soll Blackberry Software und Services des Unternehmens unabhängig von Blackberry Geräten angeboten werden. Bis sich das durchsetzt werden allerdings noch einige Quartale verstreichen. Die Chartsituation deutet an, dass es nochmals deutlich tiefer gehen kann. Die Zahlen werden das wahrscheinlich unterstützen, denn den Erfolg der neuen Strategie werden Investoren frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2014 sehen. Bis dahin werden Investoren noch immer auf die Verkaufszahlen der Smartphones schauen und feststellen, dass es düster aussieht. Dabei versucht sich Blackberry ja gerade von der Abhängigkeit der Geräte zu trennen. Bis die Welt allerdings verstanden hat, dass Blackberry kein Smartphoneanbieter mehr ist, wird es wahrscheinlich noch dauern.

Diese Woche zeigt sich die Aktie von Blackberry noch robust und schiebt sich über die 200 Tageslinie, knackt aber noch nicht die 50 Wochenlinie. Mit der Präsentation von Zahlen Ende des Monats kann diese grundsätzlich gute Ausganslage schnell wieder kaputt gemacht werden. Ein Kauf zum aktuellen Zeitpunkt ist daher sehr spekulativ, da die Aktie immer noch in Gefahr ist nach unten wegzukippen. Dennoch ist Blackberry nun ganz oben auf meiner Watchlist. Langfristig ist das Potential hier sehr hoch.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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