Kommentar
12:52 Uhr, 24.11.2017

Bitcoin: Keine Ahnung, oder was?

Kryptogeld ist eine riesige Spekulationsblase, die von maßloser Gier und der Hoffnung genährt wird, dass unser ungedecktes Papiergeldsystem abgeschafft wird...

Nehmen wir an, Sie kaufen heute ein paar Bitcoins zum Preis von, sagen wir, 8.000 US-Dollar je Einheit. Ist das dann ein gutes Geschäft? Nun ja, wissen werden Sie das vermutlich erst in einigen Wochen oder gar Monaten.

Erfreulich ist natürlich, dass Sie sich mit ihrem Kauf schon heute in „bester Gesellschafft“ befinden: Um Sie herum tummeln sich lauter Anleger, die sich für unwiderstehliche Börsengötter halten, weil sie, wie eine Leserin neulich ganz überrascht feststellte, zwar „keine Ahnung“ von dem haben, was sie da gerade tun – das Ganze aber trotzdem irgendwie funktioniert.

„Keine Ahnung“ von der Materie, dafür aber jede Menge Kursgewinne? Das ist natürlich eine grandiose Sache und erinnert ältere Semester an den Neuen Markt, Gott hab ihn selig.

Auch damals, es muss um die Jahrtausendwende gewesen sein, konnten völlig unbedarfte Börsengreenhorns „gigantische Gewinne“ einfahren. Leider blieb davon am Ende nicht allzu viel übrig. Ein großer Rucksack an Erfahrungen, das schon, aber sonst? In Wahrheit sollen viele Glücksritter damals Haus und Hof verloren haben.

Tatsächlich kann man beim Blick auf die folgende Grafik am langfristigen Erfolg der Vorgehensweise „Keine Ahnung“ leise Zweifel anmelden. Denn immer wieder scheinen bei vielen Anlegern die Sicherungen durchzubrennen, sobald irgendwo „riesige Kursgewinne“ locken. So wie derzeit bei den Kryptowährungen.

Problematisch ist an dieser Stelle der folgende Aspekt: Genau wie bei jeder spekulativen Übertreibung der Vergangenheit sind die Anleger auch heute darauf konditioniert, dass das Objekt der Begierde, der Bitcoin, allfällige Kursrücksetzer umgehend wieder ausbügelt.

Das hat unangenehme Konsequenzen, denn letzten Endes führt diese "Erfahrung" dazu, dass die Anleger eine nachhaltige Trendwende nicht als solche erkennen und in die fallenden Kurse hinein immer weiter nachkaufen. Schließlich muss der Kursverfall ja "irgendwann" einmal aufhören. Das Ergebnis: Am Ende ist ein Großteil dieser Glücksritter pleite.

Böse Zungen behaupten nun sogar, dass die Kursgewinne, die bei den Bitcoins mittlerweile aufgelaufen sind, alle früheren Spekulationsblasen weit übertreffen. Da der Kursverlauf der marktführenden Internetwährung in der folgenden Grafik erst im Jahr 2014 beginnt (rote Linie), könnte da sogar etwas dran sein:

Bitcoin-Keine-Ahnung-oder-was-Kommentar-Andreas-Hoose-GodmodeTrader.de-1

„Halt, halt, halt“!

Diesmal ist das alles anders, hören wir diejenigen aus der Fraktion „Keine Ahnung“ an dieser Stelle protestieren. Denn diesmal, so trompetet es schließlich aus allen Internetforen, haben wir es mit einer bahnbrechenden Neuerung zu tun, die alles revolutionieren werde, insbesondere das völlig aus dem Ruder laufende ungedeckte Papiergeldsystem.

Das zumindest, leider muss man das so offen sagen, ist überhaupt nichts Neues, denn mit exakt dem gleichen Argument, einer gerade heraufziehenden „bahnbrechenden Neuerung“, wurden in den vergangenen rund 400 Jahren alle (alle!) Spekulationsblasen begründet.

Klüger erscheint es da schon, sich einmal die Frage zu stellen, worum es bei den Kryptowährungen in Wahrheit geht.

Im Kern geht es darum, der Welt ein besseres Geld zu geben, als wir es heute haben. Ein Geld, das die Zentralbanken nicht nach Gutdünken manipulieren können und das nicht unbegrenzt und ganz nach Belieben vermehrt werden kann.

Grundsätzlich ist es natürlich ein begrüßenswerter Ansatz, daran endlich etwas zu verändern und das Thema „Geld“ auf eine andere, eine solidere Basis zu stellen.

Womit wir beim wichtigsten Punkt angekommen sind, der Frage nämlich, worum es in Gelddingen zuallererst geht. Sogar Zentralbanker werden Ihnen auf diese Frage eine ehrliche Antwort geben:

Wenn es ums Geld geht, steht an vorderster Stelle das Vertrauen.

Aus genau diesem Grund wollen besagte Zentralbanker ja nicht, dass die Menschen ihr Geld vom Bankkonto abheben: Nichts fürchten sie mehr als den damit signalisierten Vertrauensverlust. Denn auch in den Elfenbeintürmen von Frankfurt, New York und Washington weiß man:

Langfristig vertrauen die Menschen nur einem Geld, das sich als wertstabil und vertrauenswürdig erwiesen hat.

Fragen wir uns also: Werden die Menschen auf lange Sicht einem Geld ihr Vertrauen schenken, das aus einigen virtuellen Zahlen besteht, aus der Null und der Eins, ohne irgendeinen inneren Wert, der damit verbunden ist? Dann könnten Sie ja auch gleich den bunten Zettelchen vertrauen, die ihnen die Banker seit Jahrzehnten mit sichtlich abnehmendem Erfolg unterjubeln.

Werden sie darüber hinaus aber tatsächlich einem Geld vertrauen, von dem „ein Stück“ heute 8.000 Einheiten in „altem Geld“, also Euro oder Dollar „wert“ ist, morgen aber schon 10.000 Dollar und übermorgen vielleicht nur noch 5.000 Dollar?

Wer daran ernsthaft glaubt, der hat eine wesentliche Eigenschaft von Geld nicht verstanden: Geld wird von den Menschen nur dann als Zahlungsmittel akzeptiert, wenn es einen stabilen Wert aufweist. Doch hiervon sind alle Kryptowährungen Lichtjahre entfernt.

Damit dürfte klar sein: Mit dem, was die übergroße Mehrheit der Menschen unter dem Begriff „Geld“ versteht, haben Bitcoins und alle anderen Kryptowährungen rein gar nichts zu tun.

Womit dann? Die Antwort auf diese wichtige Frage ist so einfach wie naheliegend:

Kryptogeld ist eine riesige Spekulationsblase, die von der Hoffnung genährt wird, dass das ungedeckte Papiergeldsystem aktueller Prägung abgeschafft wird. Das wird es auch, daran kann überhaupt kein Zweifel bestehen. Doch einstweilen sollte man die Kurskapriolen bei Bitcoin und Co in erster Linie als Symptom eines kranken Geldsystems begreifen - und nicht als Ausdruck der eigenen Genialität als Anleger.

Bitcoin-Keine-Ahnung-oder-was-Kommentar-Andreas-Hoose-GodmodeTrader.de-2

Darüber hinaus könnte es sich als günstig erweisen, Bitcoin-Gewinne eingetütet zu haben, bevor sich herumspricht, dass das ungedeckte Papiergeldsystem aktueller Prägung tatsächlich revolutioniert wird. Weil sich dabei nämlich herausstellen könnte, dass das Kryptogeld von heute mit dieser Geldsystemrevolution womöglich gar nichts zu tun hat.

Für Heerscharen von Anlegern der Fraktion „Keine Ahnung“, die heute ihre Träume und Hoffnungen in Kryptogeld investieren, dürfte dies ein schmerzhafter Prozess werden…

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG. Weitere Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de

28 Kommentare

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  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Für die Spekulanten unter uns, sehr aufschlussreich und unterhaltsam:

    Reich werden dank Digitalwährung – ein Selbstversuch https://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/standard/Reich-werden-dank-Digitalwaehrung--ein-Selbstversuch/story/21556948

    16:15 Uhr, 28.11.2017
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Was hält Egon von Greyerz vom Bitcoin??? Wer Egon kennt, kennt auch seine Antwort. Lesenswerter Beitrag, nicht nur wegen dem Bitcoin-Thema.

    https://kingworldnews.com/grey...

    21:01 Uhr, 27.11.2017
  • Kasnapoff
    11:32 Uhr, 27.11.2017
  • frischfisch
    frischfisch

    wir fassen zusammen: "der Markt hat immer recht" & "timing ist alles" ...(-: .. wobei die verwendete Grafik (years around bubble peak) von Herrn Hoose irreführend ist ... es sei denn er hat Recht mit der Behauptung wir seien jetzt schon auf dem peak .... https://bitcoinblog.de/2017/05...

    09:21 Uhr, 27.11.2017
  • thomas84
    thomas84

    der Bitcoin wird wieter explodieren und das erst recht wenn er heute gleich die 10000 nimmt

    07:14 Uhr, 27.11.2017
  • Lumpazi
    Lumpazi

    Um Sie herum tummeln sich lauter Anleger, die sich für unwiderstehliche Börsengötter halten, weil sie, wie eine Leserin neulich ganz überrascht feststellte, zwar „keine Ahnung“ von dem haben, was sie da gerade tun – das Ganze aber trotzdem irgendwie funktioniert.

    Das ist haaaaaargenau die Stimmung aus der Neuer-Markt-Zeit. Sie ist nur noch nicht so stark verbreitet.

    18:21 Uhr, 25.11.2017
  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Nochmal zurück zu den Kryptos: Bitcoin hat eine begrenzte Geldmenge, hier gibt es maximal 21 Mio. Stück. Bei DASH sind es sogar noch 10% weniger, also maximal 18,9 Mio. Stück. Monero aber möchte die Geldmenge im Prinzip stabil halten. Da immer auch Coins (z.B. durch Viren) verloren gehen, kommen da immer ein paar Coins dazu. Es gibt aber auch einige Kryptos mit Inflation, z.B. gibt es keine Begrenzung bei Ethereum...

    16:25 Uhr, 25.11.2017
  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Na, wer noch keine Ahnung von Kryptos hat, dem kann geholfen werden. Oliver Baron und ich haben das passende eBook geschrieben, dass kostenlos unter folgendem Link erhältlich ist: https://www.godmode-trader.de/...

    04:05 Uhr, 25.11.2017
    1 Antwort anzeigen
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Der Bitcoin könnte für die Masse der Investoren zum Shitcoin werden, insbesondere für alle, die erst jetzt auf den fahrenden Zug aufspringen. Diese Feststellung gilt jedoch leider auch für den Dollar, den Euro, Staatsanleihen und die breiten Aktienmärkte. Shit wohin das Auge blickt, Bullshit sozusagen, wobei die Permabullen in der Tat der Meinung sind, in der besten aller Welten zu leben. Ein fataler Irrtum, den die meisten erst dann bemerken werden, wenn es zu spät ist und sie bis zum Hals in einem großen Haufen Bullenscheiße stecken.

    Der nachstehende Chart zeigt die Wertpapiere der US-Notenbank FED als Anteil am BIP. Man beachte den Chart speziell ab 2008. Echt lustig, gell? :-)

    Wenn sich diese gigantischen Marktverzerrungen, für die ganz alleine die Zentralbanken die Verantwortung tragen, wieder auflösen, dann dürften vorsichtig formuliert, die Fetzen fliegen und zumindest ein ungedecktes Papiergeldsystem wie das heutige, wäre den Menschen nicht mehr zu vermitteln. Bis es jedoch soweit ist, wird sich voraussichtlich die CDU mit der SPD nochmals verlinksen, damit dann zum Ender der kommenden Legislaturperiode beide Parteien auf dem Friedhof der Politikgeschichte landen. Dann schlägt die Stunde der FDP und der AFD, denn wenn Mutti die Republik nochmals weitere 4 Jahre bespaßen darf, kommen diese Parteien gemeinsam ganz locker auf 51%, mindestens.

    23:56 Uhr, 24.11.2017
    2 Antworten anzeigen
  • new-agens
    new-agens

    Yep, genau so isses. Das Niemals gibt es schlicht nicht. Nachdenken abseits der Komfort-Zone mag zwar anstrengend sein, sollte einen aber vor Üblerem bewahren. @ Herr Hoose: sauber auf den Punkt gebracht. Sehe ich genau so. Sowohl die Nummer mit den Kryptos, als auch die Sache mit den Schulden wird mit Blut, Schweiß und Tränen enden. Wobei bei den Kryptos eine false flag operation der Notenbanken (Bitcoin als Pilot) natürlich eine glänzende Inszenierung wäre. Die ganzen Nerds erzählen was von Technik, Altruismus & Konsorten, dabei ist das so was von irrelevant. Das Ganze vielleicht irgendwann brutal einkrachen lassen und eigene Kryptos auf den Markt werfen: "Schaut mal Kinder, hier ham wir echtes Geld, das auch funktioniert." Und dann wäre die Katze im Sack, der sich nach Belieben (endlich: auf Knopfdruck) melken lässt.

    18:30 Uhr, 24.11.2017