Beunruhigende Signale von der Zinsfront
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Ein Gespenst geht um an den Aktienmärkten: Das Gespenst steigender Zinsen. Tatsächlich gab es an der Zinsfront jüngst einige bemerkenswerte – Aktienanleger würden sagen besorgniserregende – Entwicklungen zu beobachten. Zum einen stieg die Rendite von 10-jährigen US-Staatsanleihen jüngst über die 3-Prozent-Marke. So hoch lag sie zuletzt für kurze Zeit zum Jahreswechsel 2013/2014 und davor im Sommer 2011. Zum anderen sank die Renditedifferenz zwischen US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn und zwei Jahren auf 43 Basispunkte. So flach war die US-Zinsstrukturkurve zuletzt im September 2007. Viele Volkswirte sehen darin kein gutes Omen für die US-Wirtschaft. Denn jenseits des Atlantiks wurde nahezu jede Rezession seit den 1970er-Jahren durch eine stark abflachende Zinskurve angekündigt. Auch in Deutschland sind die Zinsen seit Jahresanfang per Saldo gestiegen. Allerdings mit weitaus weniger Dynamik als in den USA. Aktuell liegt die Rendite für 10-jährige Bundesanleihen bei 0,6 Prozent. Damit legte der Renditeabstand zwischen 10-jährigen US-Staatsanleihen und deutschen Bundesanleihen auf fast 2,4 Prozentpunkte zu. Ein solch hohes Niveau gab es zuletzt im Jahr 1989.
Höhere Zinsen machen Anleihen attraktiver
Doch warum sind steigende Zinsen eigentlich ein Belastungsfaktor für Aktien? Dafür gibt es mehrere Erklärungen: Zum einen gelten steigende Zinsen als Indikator, dass sich ein Wirtschaftsaufschwung seinem Ende nähert; zum anderen signalisieren sie, dass die Märkte eine anziehende Inflation erwarten, was die Notenbanken dazu veranlassen könnte, die Zinsen noch weiter anzuheben. Ein dritter Punkt: Höhere Zinsen bedeuten, dass Kredite für Unternehmen und Verbraucher teurer werden. Investitionen und Anschaffungen werden daher tendenziell zurückgestellt, was wiederum zu Lasten des Wirtschaftswachstums geht. Last but not least stehen die Anlageklassen Anleihen und Aktien in Konkurrenz zueinander. In dem Maß wie die Anleiherendite zulegt, steigt auch die Attraktivität von festverzinslichen Papieren als Anlagealternative zu Aktien. Daraus können größere Umschichtungsbewegungen resultieren mit der Folge, dass Aktien unter Verkaufsdruck geraten.
Auf der Suche nach dem Grenzwert
Soweit die Theorie, doch wie sieht nun die Praxis aus? Studien haben gezeigt, dass es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen einer Veränderung der Zinsen und dem Kursverhalten von Aktien gibt. Wie stark dieser ausfällt, hängt nicht nur davon ab, dass die Zinsen steigen, sondern auch, von welchem Niveau aus sie das tun. Eine Untersuchung des US-Marktes, die bis in die 1960er-Jahre zurückreicht, hat ergeben, dass es einen gewissen Zinsgrenzwert gibt: Liegt die Rendite von 10-jährigen US-Staatsanleihen oberhalb der Fünf-Prozent-Marke und steigt der Zins weiter an, dann drückt das nachhaltig auf die Kurse von US-Aktien. An ein solches Szenario ist aktuell allerdings noch nicht zu denken. Aufatmen können Aktienanleger dennoch nicht; denn was früher einmal war, muss in Zeiten, in denen niedrige Zinsen quasi schon zum Standard geworden sind, nicht mehr gelten. Vermutlich hat sich der Zinsgrenzwert deutlich nach unten verschoben. Eine Rendite von drei Prozent, mit denen 10-jährige US-Bonds derzeit gehandelt werden, könnten womöglich die neue Gefahrenmarke darstellen. Was heißt das für Anleger? Sollten die US-Zinsen weiter steigen, wovon die Mehrheit der Analysten ausgeht, wären neuerliche Kursturbulenzen wohl vorprogrammiert. Mit Hebelprodukten auf fallende Kurse zu setzen, könnte für Trader daher aktuell nicht die schlechteste Handlungsalternative sein.
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