Währungen: Der Dollar gibt den Ton an
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Gegenüber dem Euro zeigt sich die US-Währung so stark wie seit 20 Jahren nicht mehr. Woher rührt diese Dominanz und wird sie zur neuen Normalität? Ein Aspekt ist dabei von entscheidender Bedeutung.
An den Devisenmärkten sorgt seit geraumer Zeit die allgemeine Stärke des US-Dollars für reichlich Gesprächsstoff. Auch gegenüber dem Euro wertete die US-Valuta in den vergangenen Monaten kräftig auf. Erhielt man vor einem Jahr für einen Euro noch rund 1,19 USD, bekommt man jetzt für eine Einheit der Gemeinschaftswährung nur noch etwa 1,02 USD. Das letzte Mal, dass sich der EUR/USD-Wechselkurs auf Paritätsniveau bewegte, war Anfang 2002. Wer es nicht mehr weiß: Der Euro war damals gerade ein Jahr alt – zumindest in seiner physischen Form als Bargeld. Als Buchgeld startete die Gemeinschaftswährung bekanntlich schon zwei Jahre früher – am 1. Januar 1999.
Konjunktur im Fokus
Dass der Greenback – wie der US-Dollar im Finanzjargon auch genannt wird – gegenüber dem Euro deutlich an Wert gewonnen und quasi Paritätsniveau erreicht hat, mag so manchen Anleger erstaunen. Allerdings ist das im Grunde keine Überraschung. Zum einen schauen viele Devisenmarktakteure bei ihren Analysen auf konjunkturelle Indikatoren wie etwa das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts. Und je robuster die Wirtschaftsaussichten eines Landes sind, desto fester sollte sich theoretisch der Wechselkurs zeigen. Tatsächlich steht die US-Wirtschaft trotz der massiven Zinsschritte durch die Notenbank Fed im Augenblick noch deutlich besser da als die der EU. Dabei spielt die Realwirtschaft im Devisenhandel eigentlich gar keine so große Rolle. Laut Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) beträgt das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen an den globalen Devisenmärkten etwa 6,5 Billionen US-Dollar, wobei davon rund 1,8 Billionen US-Dollar – also rund ein Viertel des weltweiten Forex-Handels – auf das Währungspaar EUR/USD entfallen. Doch nur ein Bruchteil dieser Transaktionen – geschätzt sind es zwischen fünf und zehn Prozent – haben einen realwirtschaftlichen Hintergrund. Der große Rest ist Finanzmarktgeschäften geschuldet. Dass Konjunkturdaten in der Regel dennoch eine starke Wirkung auf Wechselkurse entfalten, liegt daran, dass die Finanzmarktakteure bei ihren Wechselkursprognosen ökonomische Entwicklungen in den jeweiligen Währungsräumen sehr wohl große Beachtung schenken.
Europa am Rande einer Rezession
Ungeachtet dessen müssen von höheren Zinsen nicht automatisch positive Effekte für den Dollar ausgehen. Denn mit ihrem aggressiven Vorgehen riskiert die Fed, die US-Wirtschaft in eine Krise zu stürzen. Dass der Dollar gegenüber solchen Rezessionsängsten nicht immun ist, war im Mai und Juni zu beobachten, als die US-Währung zumindest kurzzeitig etwas zur Schwäche neigte. Dass der Greenback das Geschehen nunmehr wieder dominiert, hat damit zu tun, dass die Rezessionssorgen in der EU ebenfalls deutlich zugenommen haben. Eine Rezession in den USA mag zwar gegen den Dollar sprechen, aber nur dann, wenn es in Europa nicht zu einer noch schlimmeren Wirtschaftskrise kommt. Und genau ein solches Szenario kann derzeit aufgrund eines möglichen Gas-Stopps durch Russland niemand ausschließen.
Fazit: Wie es beim EUR/USD-Wechselkurs weitergeht, dürfte also in hohem Maß von der Energieversorgungslage in Europa abhängen. Für den Euro sollte man vor diesem Hintergrund nicht zu optimistisch sein. Immerhin ist davon auszugehen, dass Russland den Faktor Gas weiterhin als politisches Druckmittel einsetzen wird. Eine schnelle Trendwende beim EUR/USD erscheint daher im Augenblick eher unwahrscheinlich.
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