Anleger setzen auf ein Comeback der Zykliker
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Es ist nicht zu übersehen: An den Aktienmärkten sind viele Highflyer des vergangenen Jahres nunmehr auf der Liste der größten Verlierer zu finden. Beispielsweise mussten in Deutschland Titel wie Zalando, HelloFresh, Delivery Hero oder Shop Apotheke Europe in den vergangenen vier Wochen mit Einbußen zwischen 18 und 22 Prozent kräftig Federn lassen. In der Gruppe der Top-Performer sind dagegen zahlreiche Werte aus konjunktursensiblen Sektoren zu finden. Ganz weit oben rangiert beispielsweise Volkswagen mit einem 4-Wochen-Plus von 19 Prozent. Aber auch thyssenkrupp (plus 18 Prozent), Fraport (plus 10 Prozent) oder Lufthansa (plus sechs Prozent) waren überdurchschnittlich gefragt (Stand: jeweils 8. März 2021). Dieser Umschichtungsprozess von volatilen zu weniger riskant erscheinenden Titeln beschränkt sich nicht nur auf Deutschland. Auch international sind einstiege Kursraketen wie Tesla zuletzt unter die Räder gekommen. Überdurchschnittlich hinzugewinnen konnten dagegen Werte wie Caterpillar oder Boeing.
Konjunkturaufschwung erwartet
Dass Zykliker wieder auf den Kauflisten stehen, hat mehrere Gründe. Da sind zum einen die Fortschritte bei der Verbreitung des Covid-19-Impfstoffes, die – so die Hoffnung – zu Lockerungen und einer Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit führen. Aus deutscher Sicht mag die Impfkampagne zwar sehr enttäuschend angelaufen sein, doch auf globaler Ebene gibt es durchaus Zuversicht, dass die Impfprogramme gelingen. Vor Kurzem erhielt zum Beispiel der Impfstoff von Johnson & Johnson als viertes Vakzin die Notzulassung in den USA, im März sollte dies auch für die EU zu erwarten sein. Die steigenden Impfquoten verbessern die globalen Konjunkturaussichten. So hat der Internationale Währungsfonds (IWF) unlängst seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 0,3 Prozentpunkte auf 5,5 Prozent angehoben.
Attraktive Bewertungen
Ein weiter Punkt, der zum Comeback der Zykliker beigetragen hat, sind deren vergleichsweise niedrigen Bewertungen. Während bei zahlreichen Wachstumstiteln das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) extrem luftige Höhen erreicht hat, sind viele Substanzwerte weiterhin relativ günstig zu haben. Beispiel Volkswagen. Analysten gehen aktuell im Schnitt davon aus, dass der Wolfsburger Konzern in diesem Jahr seinen Gewinn je Aktie um mehr als 30 Prozent auf 24 Euro steigern wird. Auf Basis dieser Prognose notiert der Titel mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 8,1 – ein Niveau, das viele Investoren und Analysten als attraktiv erachten. Auch andere Werte wie beispielweise BMW, Daimler oder Bayer weisen derzeit ein einstelliges erwartetes 2021er KGV auf.
Das Risiko steigender Zinsen
Bleibt die Frage, ob zyklische Werte ihre Erholungsbewegung fortsetzen können. Die wahrscheinlich größte Gefahr besteht derzeit in steigenden Zinsen. Zum einen würde die Anlageklasse Aktien generell unter einem Zinsanstieg leiden. Zum anderen bedeuten höhere Zinsen höhere Finanzierungskosten. Und das könnte gerade die Bilanzen von Unternehmen aus kapitalintensiven Branchen wie Industrie, Chemie oder Automobil belasten. Allerdings haben Notenbanken wie die EZB oder die amerikanische Fed bereits angekündigt, dass sie die Zinsen auch im Fall steigender Inflationsraten niedrig halten wollen. Möglich ist das zum Beispiel über eine Ausweitung der Anleihekaufprogramme, insbesondere mit einem verstärkten Erwerb von längeren Laufzeiten.
Chancen mit dem DAX
Vor diesem Hintergrund könnte es sich auszahlen nach Indizes Ausschau halten, deren Zusammensetzung insgesamt mehr konjunkturzyklische Titel aufweist. Ein Beispiel dafür ist der DAX, bei dem die Sektoren Chemie, Industrie und Automobil mit insgesamt rund 40 Prozent gewichtet sind. Der deutsche Leitindex ist auf Basis der für 2021 erwarteten Gewinne mit einem KGV von 15,8 zwar kein Schnäppchen mehr, hat gegenüber anderen internationalen Auswahlindizes aber durchaus noch Bewertungsspielraum nach oben. Risikofreudige Anleger, die auf etwaiges Nachholpotenzial setzen möchten, können mit Hebelprodukten wie Optionsscheinen (Call) oder Knock-out-Papieren (Long) mit kleinen Einsätzen in den DAX investieren. Wem das Risiko von gehebelten Investments zu riskant erscheint, kann auf Anlageprodukte wie Discount- oder Bonus-Cap-Zertifikate ausweichen. Bei diesen Papieren sind die Renditechancen zwar begrenzt. Dafür schützen sie den Anleger bis zu einem gewissen Grad vor Verlusten des Index, zum Beispiel in Form einer Barriere (Bonus-Cap-Zertifikate) oder eines vergünstigten Einstiegs (Discount-Zertifikate).
Dirk Hess
Derivateexperte bei der Citigroup
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