Rezessionsängste bringen Ölpreis ins Rutschen
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Die rekordverdächtige Inflation, der Krieg in der Ukraine, die Omikron-Welle sowie weiterhin angespannte Lieferketten – all das sind keine guten Nachrichten für die Konjunktur. Es überrascht daher nicht, dass die Ängste vor einer Rezession deutlich zugenommen haben. Das hat auch der Ölpreis zuletzt deutlich zu spüren bekommen. In der ersten Juli-Woche rutschte der Preis für das Barrel der US-Sorte WTI bis unter die 100 US-Dollar-Marke ab. Ähnlich stark sind die Verluste bei Nordseeöl Brent. Damit kostet Öl aktuell wieder so viel wie vor dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. Zuvor war der Ölpreis zwischenzeitlich unter enormen Schwankungen bis auf 130 US-Dollar nach oben geschossen. Hintergrund ist: Eine nachlassende Weltwirtschaft geht mit einem abnehmenden Verbrauch nach Öl einher. Eine geringere Nachfrage bedeutet in der Regel wiederum fallende Preise.
Weltwirtschaft am Scheideweg
Doch wie wahrscheinlich ist eine Rezession? Volkswirte mögen sich bei der Beantwortung dieser Frage noch streiten. Sicher ist, dass sich zumindest das Risiko eines globalen Abschwungs deutlich erhöht hat. In den USA sind bereits einige Konjunkturindikatoren rückläufig. Zudem hat die US-Notenbank Fed bei der Bekämpfung der hohen Inflation nach Meinung vieler Analysten einen sehr aggressiven Kurs mit deutlichen Leitzinsanhebungen eingeschlagen. Die Fed scheint offensichtlich gewillt, die Inflation um Preis unter die Kontrolle bringen zu wollen – selbst, wenn sie damit Gefahr läuft, die Wirtschaft abzuwürgen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Seit Mitte der 1950er-Jahre endeten in den USA drei von vier US-Zinserhöhungszyklen in einer Rezession. Auch in Europa steht die Wirtschaft stark unter Druck. Hier ist vor allem die Abhängigkeit von russischem Gas ein Belastungsfaktor. Ein Lieferstopp würde ganze Branchen in die Krise stürzen. Und auch in China, dem größten Ölimporteur der Welt, droht die Wirtschaft aus der Spur zu geraten.
Grund dafür ist in diesem Fall Omikron. Denn auf lokale Ausbrüche des Virus reagiert die Volksrepublik weiterhin rigide. Will heißen, mit strengen Lockdowns.
Öl – ein Spielball der Mächte
Sollte der Weltwirtschaft der Dampf ausgehen, wären weiter fallende Ölpreise wohl vorprogrammiert. Zumindest theoretisch. Theoretisch deshalb, weil in der Rechnung einige Variablen fehlen. Zu den wichtigsten dieser Unbekannten gehört die OPEC+. Das Ölkartell und seine Verbündeten werden einem langfristigen signifikanten Ölpreisrückgang wohl nicht tatenlos zusehen und könnten diesem mit einer Drosselung der Förderkapazitäten gegensteuern. Eine andere Variable stellen (weitere) Öl-Embargos gegen Russland dar. Ein komplettes Aus für Öl aus Russland scheint zwar wenig wahrscheinlich, aber wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, führen die G-7-Länder Gespräche darüber, den Preis für russisches Öl zwischen 40 und 60 US-Dollar zu deckeln. Das birgt jedoch die Gefahr, dass Moskau als Reaktion darauf seine Exporte massiv einschränkt, mit dem Ziel, den Ölpreis auf ein für den Westen fatales Niveau zu treiben. So gibt es Berechnungen von Analysten, die den Ölpreis auf bis zu 190 US-Dollar nach oben steigen sehen, sollte Russland seine Öl-Ausfuhren um drei Millionen Barrel pro Tag reduzieren. Zur Info: 2021 beliefen sich die Öl-Exporte des Landes auf durchschnittlich 8 Millionen Barrel pro Tag.
Berücksichtigt man das Ganze Für und Wider – samt aller politischer und wirtschaftlicher Unwägbarkeiten – gab es sicherlich schon bessere Zeiten, um den Ölpreis seriös zu prognostizieren. Zumindest kurzfristig dürften aber die Rezessionsängste das an den Märkten beherrschende Thema bleiben. Und solange das der Fall ist, sollte Öl eher zur Schwäche als zur Stärke neigen.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.