Kommentar
07:20 Uhr, 07.02.2018

Bei dieser Geldanlage ist DIE Katastrophe passiert!

Wer glaubt, dass die crashartige Bewegung der Indizes schlimm war, der hat das hier noch nicht gesehen.

Die Kursbewegungen rund um den Globus waren schon für sich allein genommen bemerkenswert. Derart panikartige Verkäufe gab es schon länger nicht mehr. Zuletzt gab es im Sommer 2015 eine ähnliche Bewegung. Gefühlt ist es vermutlich noch länger her. Das Kurzzeitgedächtnis überwiegt halt...

Nun ging es nicht nur einfach mit den Kursen bergab, sondern mit der Volatilität kräftig nach oben – und zwar so kräftig wie noch nie. Der Volatilitätsindex auf den S&P 500 (VIX) stieg um knapp 120 % gegenüber dem Vortag an (von Freitag auf Montag den 5.2., siehe Grafik 1). Der zweithöchste jemals gemessene Wert lag mit einem Anstieg von 64 % bei gut der Hälfte. Wir waren am 5.2. quasi Zeugen eines historischen Moments.

Dieser Moment ist nicht nur historisch, weil der größte Anstieg seit Berechnung des VIX war, sondern auch, weil es einen ganz bestimmten Grund für diese Bewegung gab. Wir haben 2008 weitaus größere Kursausschläge gesehen. US-Indizes verloren teils an einem Tag im zweistelligen Prozentbereich. Der Dax brachte es einmal auf ein Minus von 13 %. Damals legte der VIX lediglich 40 % zu. Was ist heute also anders?

Lesen Sie dazu auch: Vola explodiert! Das gibt es sonst nur bei Kryptos

In den letzten Jahren haben immer mehr Anleger erkannt, dass Volatilitäts-Shorts eine Goldgrube sind. Im Jahr 2011 konnte man die Inverse VIX ETN (Grafik 2) zu 5 Dollar kaufen und hätte sie Anfang 2018 zu 145 Dollar verkaufen können. Um das noch einmal zu verdeutlichen: Wer hier damals 10.000 Dollar angelegt hat, hätte vor zwei Wochen 290.000 Dollar einstreichen können.

Das ist nun leider nur noch sehr hypothetisch, denn die ETN schloss am Montag bei 99 Dollar und viel im nachbörslichen Handel um über 80 %. Innerhalb von einer Stunde nach Börsenschluss war Sense. Nicht nur die Gewinne sind futsch, sondern gleich alles. Der Emittent hat das Recht, bei einem solchen Event (Kursverlust von 80 %) das Produkt abzuwickeln. Genau das wird geschehen. Ob es bis zur Abwicklung am 21.2. überhaupt noch Geld gibt, ist ungewiss.

Die ETN hat so viel an Wert verloren, weil der VIX so rasant stieg. Der VIX wiederum stieg so rasant, weil alle Welt Volatilität geshortet hat. Das läuft lange Zeit gut. Kommt dann aber der Vola Anstieg, müssen die ganzen Shorts eingedeckt werden. Die Nachfrage ist dann plötzlich so groß, dass der VIX massiv ansteigt, obwohl das auf Basis der zugrundeliegenden Kursbewegung des S&P 500 gar nicht angebracht ist.

Lesen Sie dazu auch: Alles über Volatilitätsindikatoren

Genau das ist vorgestern geschehen. Es gab einen Short Squeeze auf dem Vola Markt. Dieser Squeeze ist noch nicht abgehakt. Einen Tag nach diesem Katastrophenfall schwankt der VIX zwischen 50 und 23 Punkten. Das ist eine absolut ungeheuerliche Range.

Anleger können jetzt nicht mehr ganz so bequem in diese Art der Anlage gehen. Die zwei größten ETNs werden wohl geschlossen und ob nach dieser Erfahrung (der Markt für Vola Shorts wurde so groß, dass er sich praktisch selbst besiegte) gleich wieder neue Produkte auf den Markt kommen, darf man bezweifeln.

Clemens Schmale

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14 Kommentare

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  • Onkel Dagobert 1
    Onkel Dagobert 1

    Mich würde mal interessieren, wieso der Absturz nachbörslich kam: die höchste Volatilität passierte doch zwischen 20 und 22 Uhr an dem besagte Tag, also eigtl. während der regulären Börsenzeiten. Vielleicht hat jemand nachbörslich in einem dünneren Markt dann einen Absturz von 80 Prozent verursacht, damit der Emittent das ETN kündigen konnte.

    01:00 Uhr, 08.02.2018
    1 Antwort anzeigen
  • fire_fox09
    fire_fox09

    Hallo, ich hatte vor zwei Wochen einen Optionsschein Short auf den Dow Jones gekauft (WKN UW9EXG). Nach dem Crash stellte der Emittent (UBS) nur noch Verkaufskurse und man konnte den Schein nicht mehr kaufen. Kann es ein, dass die Emittenten hier geschummelt haben und den krassen Anstieg der Volatilität nicht richtig in den Kurs der Optionsscheine eingerechent haben? Denn ich hatte den Eindruck, dass der Kurs eigentlich viel höher hätte stehen müssen bei diesem historischen Anstieg der Volatilität als er tatsächlich am 06.02. war. Danke!

    14:54 Uhr, 07.02.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Im Antizyklischen Börsenbrief warnen wir seit Jahren vor solchen Produkten. Der dramatische Kursverlust ist nämlich nur das Eine. Die andere Seite sind mögliche Dominoeffekte, die ausgelöst werden können, wenn sich größere Hedgefonds mit solchen Papieren verzocken.

    Das war daher nur ein Vorgeschmack auf künftige Ereignisse...

    12:06 Uhr, 07.02.2018
  • RoadyO
    RoadyO

    Würde mich aber auch interessieren WER alles Vola-short war. Da gibt es jetzt doch sicher ein paar Banken / Hedgefonds / namenhafte Privatanleger die bei der nächsten Bilanzanpassung Insolvenz anmelden müssen.

    11:08 Uhr, 07.02.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Löwe30
    Löwe30

    Während die Notenbanken in den letzten Jahren Billionen (Falsch-)Geld aus dem Nichts geschöpft haben, hat der Markt dafür gesorgt, dass in ein paar Tagen Billionen im Nichts verschwunden sind. Waren es etwa gar Trillionen? Gibt es Schätzungen, wie viel (Falsch-)Geld durch die Marktbereinigung bei den Kryptos, Aktien und den Derivaten vernichtet wurden?

    09:19 Uhr, 07.02.2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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