Kommentar
09:51 Uhr, 18.08.2017

Bank of England dürfte Unternehmensanleihekaufprogramm umkehren

Im August letzten Jahres beschloss die Bank of England als Reaktion auf das Brexit-Referendum und aus Sorge um einen Zusammenbruch der britischen Wirtschaft ein geldpolitisches Lockerungsprogramm. Dazu zählten Zinssenkungen, Erhöhung der Liquiditätslinien für Banken und erneute Einführung der Kaufprogramme für britische Staatsanleihen und Unternehmensanleihen. Seither ist das Wachstum unverändert positiv und die Arbeitslosigkeit weiterhin niedrig. Die Maßnahmen haben offenbar geholfen.

Richard Woolnough, Fondsmanager des M&G Optimal Income Fund, erwartet daher nun eine Rückabwicklung dieser Krisenmaßnahmen. Ähnlich wie nach der großen Finanzkrise ab 2008 sei die wichtigste Umkehrung der Verkauf von Anleihen nichtstaatlicher Emittenten zurück an den Markt: „Wir befinden uns in einer Situation, in der die Bank of England möglicherweise eine geldpolitische Straffung anstrebt und in der der Bedarf an Notfallkrediten niedrig erscheint“, erläutert Woolnough. „Darüber hinaus stellte die Notenbank unlängst fest, dass die Kreditvergabebedingungen aus aufsichtsrechtlicher Perspektive allmählich zu lax werden. Eine mögliche Lösung könnte sein, Schuldtitel des Unternehmenssektors durch den privaten Sektor finanzieren zu lassen, nachdem dieser zuvor durch das umfangreiche Ankaufprogramm für Unternehmensanleihen der Bank of England aus diesem Segment heraus gedrängt wurde.“

Während der Finanzkrise kaufte die Bank of England ab März 2009 Anleihen, bis April 2013 war der Verkauf zurück an den Markt abgeschlossen. Nach dem Brexit-Votum wurden die Anleihen in einem Zeitfenster von sieben Monaten zwischen September 2016 und April 2017 gekauft. Doch anders als in der Zeit „nach Lehman“ lag der Schwerpunkt diesmal ganz klar auf dem Kauf von Unternehmensanleihen. „Verglichen mit der Finanzkrise ist die quantitative Lockerung auf Unternehmensebene vier Mal so hoch“, stellt Woolnough fest. Grund dafür waren Sorgen, dass sich Unternehmen wegen des Brexit nicht selbst finanzieren und es zu finanziellen Verwerfungen kommen könnte. Tatsächlich blieben die Märkte für Unternehmen aus Großbritannien aber offen, auch im Ausland. „Das ist auch das Ergebnis des Krisenmanagements der Bank of England“, sagt der Fondsmanager.

Nach Woolnoughs Einschätzung nimmt die Notwendigkeit für eine aggressive Geldpolitik und Krisenmaßnahmen in Großbritannien deshalb ab. Insbesondere der Arbeitsmarkt habe sich im letzten Jahr stabil gezeigt. Auch die Spreads auf britische Unternehmensanleihen, die sich durch den Brexit-Schock ausgeweitet hatten, liegen wieder auf deutlich engerem Niveau. So hätten sich auch Mitglieder des britischen Notenbankausschusses kürzlich dafür ausgesprochen, dass die „Krisenzinssenkung“ aus dem Jahr 2016 umgekehrt wird. „Diese Situation bildet einen starken Gegensatz zur gleichen Zeit im letzten Jahr, als die Bank of England in Richtung Lockerung tendierte. Eine Umkehrung der Vorgehensweise scheint an der Tagesordnung zu sein“, erläutert der Anleiheexperte.

Mit Blick auf die Zinsen sei die Aufhebung der Zinssenkung von 0,25 %-Punkten nicht allzu dramatisch, da die Marktreaktion darauf letztes Jahr verhalten ausgefallen sei. Der Verkauf von Unternehmensanleihen zurück an den Markt hingegen könne möglicherweise die Wertentwicklung von Unternehmensanleihen in Pfund Sterling belasten, die von der Bank gehalten werden.

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