Japan: Der Schmetterlingseffekt
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„Der japanische Aktienmarkt hat die größten dreitägigen Kursverluste in der Geschichte des Marktes erlebt. Was ist passiert und was will uns der Markt sagen?
Marktrückgänge dieses Ausmaßes werden in der Regel mit großen und unerwarteten wirtschaftlichen Ereignissen in Verbindung gebracht: die Lehman-Krise, das große Erdbeben im Osten, die COVID-19-Krise usw. In diesem Fall scheint es sich aber eher um einen Schmetterlingseffekt komplizierter, globaler, anlageübergreifender Korrelationen zu handeln als um einen unerwarteten wirtschaftlichen ‚Eisberg‘; eher 1987 als 2007.
Letzte Woche hat die japanische Zentralbank den Leitzins um 0,1 % auf 0,25 % erhöht. Obwohl die BoJ eine mögliche Anhebung der Zinssätze ab Dezember 2022 ankündigt hatte, war diese Entscheidung doch etwas restriktiver als vom Konsens erwartet. Während die Fed selbst nichts sagte, haben die Wirtschaftsdaten in den USA zu einer dovishen Verschiebung der Leitzinserwartungen geführt. Das Zusammentreffen dieser beiden Faktoren wirkte sich auf die Devisenmärkte aus, und der Yen begann schließlich zu steigen. In Folge dessen kam es zu einer kurzfristigen und aggressiven Volatilitätsansteckung. Japanische Aktien waren die Speerspitze dieser Entwicklung, aber auch regionale Aktien in ganz Asien wurden in Mitleidenschaft gezogen. Insbesondere die Long-Short-Anleger scheinen ihre Engagements rasch abgebaut zu haben.
Was lässt sich aus diesen Bewegungen ableiten? Auf der fundamentalen Ebene wohl nicht viel. Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass die globalen Märkte sich mehr Sorgen um das US-Wachstum machen. Als größte Volkswirtschaft der Welt muss dies ernsthaft in Betracht gezogen werden. In Japan ist der Markt endlich aufgewacht und hat erkannt, dass die Zinssätze nicht ewig bei Null liegen werden, auch wenn das eigentlich nichts Neues sein sollte. Darüber hinaus scheinen die Bewegungen eher auf die Positionierung der Finanzmärkte als auf eine plötzliche und bedeutsame Veränderung der grundlegenden wirtschaftlichen Realität hinzuweisen.
Trotz der ungewöhnlichen Volatilität war die Stimmung vor Ort in Japan relativ ruhig. Die japanische Wirtschaft befindet sich weiterhin auf dem Weg der strukturellen Verbesserung, insbesondere bei börsennotierten Unternehmen. Dank echter Selbsthilfe und laufender struktureller Reformen der Geschäftsmodelle und der Kapitalpolitik bleiben die Börsenerträge solide. Die Erträge sind im letzten Geschäftsjahr um etwa 12 % gestiegen, und auch für das laufende Geschäftsjahr zeichnet sich ein guter Start ab.
Was machen wir nach solchen Entwicklungen? Wie für solche "Volatilitätsanpassungen" typisch, sind die Korrelationen sowohl im Abwärts- als auch im Aufschwung tendenziell sehr hoch. Die Chance für den Anleger besteht also darin, entweder das "Kind mit dem Bade auszuschütten" oder das Portfolio um Beta zu erweitern. In unserem Fall haben wir beide Wege beschritten. Wir haben bei einigen Titeln zugelegt, bei denen übermäßige Verkäufe scheinbar unlogisch waren und lediglich mit Ansteckungseffekten zu tun hatten. Außerdem haben wir uns in geringem Maße von defensiven Titeln abgewandt und uns Unternehmen zugewandt, die wahllos verkauft wurden.
Es ist nicht unsere Aufgabe, Marktepisoden vorherzusagen, aber wir achten auf ihre ständige Möglichkeit. In der Tat haben wir in der Vergangenheit mehrfach darauf hingewiesen, dass es heroisch wäre zu erwarten, dass die Normalisierung der Zinssätze nach mehr als 20 Jahren experimenteller Politik ohne einen gelegentlichen Ausrutscher des Marktes auf einer "Bananenschale" erfolgen würde. Nun, das ist gerade passiert - und das ist auch ok. Da die schwachen Aktientitel in den letzten Tagen scheinbar an die Oberfläche gespült wurden, ist der Preis, den man für ein Engagement in Japan zahlen muss, trotz robuster Fundamentaldaten gesunken. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass japanische Aktien eine attraktive, strukturelle Anlagemöglichkeit mit einem asymmetrischen Renditeprofil darstellen.“
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