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12:39 Uhr, 07.07.2022

Der "Hurrikan" ist da: Australiens Immobilienmarkt kollabiert

Der Kreislauf des scheinbar ewigen Aufschwungs am australischen Häusermarkt ist durchbrochen. Lagen die Preise Ende 2021 noch 22 % über Vorjahr, war im Mai und Juni ein Rückgang zu beobachten. Sinkende Immobilienpreise in Zeiten steigender Zinsen können zu einem Kollaps von Millionen von Finanzierungskonzepten führen.

In Australien zeigt sich exemplarisch, wie ein flexibler Immobilienmarkt auf den schnellen Anstieg von Zinsen reagiert - er schrumpft. Lagen die Preise Ende 2021 noch 22 Prozent über dem Vorjahr, war im Mai und Juni dieses Jahres im Durchschnitt der fünf größten Städte das erste Mal seit rund zwei Jahren im Vormonatsvergleich wieder ein Rückgang zu beobachten, wie Analysten der Postbank berichten.

Erst diese Woche hat die Reserve Bank of Australia im Kampf gegen die hohe Inflation ihren Leitzins weiter angehoben. Der Zinssatz stieg auf 1,35 Prozent. Seit Mai ist der Zins damit um 1,25 Prozentpunkte nach oben gegangen. Das ist die stärkste Serie von Erhöhungen seit 1994. „Weil die australische Notenbank die Zinsen weiter anheben dürfte und sich weniger Haushalte eine Immobilie leisten können, dürften die Preise weiter sinken, 2023 könnte es den stärksten Rückgang seit 50 Jahren geben“, erwartet die Postbank.

Die Zinsstraffungen dürften weitergehen. „Der Vorstand geht davon aus, dass in den kommenden Monaten weitere Schritte zur Normalisierung der monetären Bedingungen in Australien unternommen werden", signalisierte Zentralbankchef Philip Lowe in dieser Woche weitere Anhebungen.

Flexibler Wohnungsmarkt heißt: variable Konditionen auf die Hypotheken. In den Zeiten steigender Immobilienpreise haben sich die Australier angewöhnt, ihre Liegenschaften nach wenigen Jahren mit Gewinn wieder abzustoßen, um weiter am Häusermarkt zu investieren.

Die unangenehme Folge dieser Entwicklung ist: Die Australier sitzen auf Hypothekenschulden in Höhe von 1,9 Bio. Australischen Dollar allein im offiziellen Bankensektor. Die Banken reichen den höheren Leitzins unmittelbar an ihre Kunden durch. Die aktuellen Zinserhöhungen werden die Rückzahlungen für eine durchschnittliche Hypothek von gut 600.000 Dollar laut Reuters-Berechnungen um knapp 400 Dollar im Monat erhöhen. Schuldenstress ist somit vorprogrammiert. Sinkende Immobilienpreise können in dieser Situation zu einem Zusammenbruch von Millionen Finanzierungskonzepten führen.

James Dimon, Vorstandsvorsitzender der Bank JPMorgan Chase in Australien, warnte jüngst vor einem Hurrikan. Die jetzige „Sturmwolke“, die er gerade sehe, sei in Wirklichkeit Vorbote eines „Hurrikans“. Australien sei eine Hypotheken-Wirtschaft.

Postbank-Chefanlagestratege Ulrich Stephan schaut über den australischen Tellerrand: „Obwohl die Situation in anderen Ländern ähnlich ist, sehe ich Australien trotzdem nicht als eine Blaupause für andere Wohnimmobilienmärkte“, schreibt er. „Im Euroraum beispielsweise sind die Preise gegenüber dem Vorjahr zuletzt nicht einmal halb so stark gestiegen und auch in Relation zu den verfügbaren Einkommen sind die Belastungen trotz höherer Hypothekenzinsen geringer“.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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