Anleihemärkte in deflationären Zeiten
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Wir befinden uns aktuell vielmehr in einem deflationären als in einem inflationären Umfeld – davon sind wir nach wie vor fest überzeugt. Die Aussichten auf eine wirtschaftliche Erholung scheinen sich eingetrübt zu haben. Die Inflation wird aber nur anziehen, wenn die Wirtschaftstätigkeit stark an Dynamik gewinnt. Die demographische Entwicklung und der disruptive technologische Fortschritt sind zwei sehr starke langfristige Faktoren, die auf die Staatsanleihenrenditen drücken. Zudem dürfte sich der krisenbedingt enorme Anstieg der Verschuldung über längere Zeit als Wachstumsbremse erweisen.
Keine Zinswende in Sicht
Zum Jahreswechsel waren wir in Bezug auf Unternehmensanleihen relativ vorsichtig. Ab März wurde unsere Einschätzung sowohl zu Hochzins- als auch Investment-Grade-Anleihen dann deutlich positiver. Wie bereits erwähnt, rechnen wir kurzfristig nicht mit steigenden Zinsen. Mit dem Auffangen der Kreditmärkte im März und April haben die Zentralbanken ein deutliches Signal gesendet.
Investment-Grade- und Hochzinsanleihen profitieren weiter von der großzügigen geldpolitischen Unterstützung – undifferenziert anlegen sollte man hier aber trotzdem nicht. Der wirtschaftliche Ausblick ist weiterhin sehr unsicher. Dadurch bewegen sich viele Unternehmen mit ihren Geschäftsmodellen auf dünnem Eis. Das gilt insbesondere für sehr konjunkturabhängige und hochverschuldete Unternehmen. In den USA haben sich die Ausfallraten erhöht und werden noch weiter steigen. Einige bekannte Unternehmen mussten in diesem Jahr bereits Insolvenz anmelden.
Unternehmensanleihen: Auf das richtige Geschäftsmodell kommt es an
Aus Anlegersicht ist wichtig, Unternehmen zu identifizieren, die in der Lage sind, auch in einem über längere Zeit volatilen Marktumfeld zu bestehen. Dafür sind ein solides Geschäftsmodell und eine nicht zu hohe Verschuldung entscheidend. Einige Fastfood-Unternehmen und Lieferdienste, Supermärkte, Pharmaanbieter und Streamingdienste haben zum Beispiel durch Covid-19 enormen Auftrieb erhalten.
Im High-Yield-Bereich sehen wir interessante Anlagemöglichkeiten bei Unternehmen mit BB-Rating und in defensiveren Sektoren. Durch eine gute Titelauswahl können Anleger mit den Anleihen wenig ausfallgefährdeter Emittenten eine Verzinsung erhalten, die von drei Prozent bis in den zweistelligen Bereich reicht.
Investment-Grade-Anleihen hatten im März signifikante Ausfallraten eingepreist. Auf dem Spreadniveau boten sich attraktive Anlagechancen im BBB- und A-Segment. Obwohl das Potenzial hier inzwischen zu einem großen Teil ausgeschöpft ist, können Anleger aus diesen ausgewählten Titeln immer noch mehr herausholen als aus Staatsanleihen.
Weltweit und flexibel anlegenden Anleiheinvestoren stehen zudem unterschiedliche Instrumente zur Verfügung, mit denen sich das investierte Kapital absichern lässt. Dazu zählen risikomindernde Credit Default Swaps, Staatsanleihen mit AAA-Rating und die Absicherung durch Währungspositionen. Wir bevorzugen weiterhin Staatsanleihen mit AAA-Rating, weil wir einen Deflationsschock für wahrscheinlicher halten als einen Inflationsschock. Es sieht so aus, als ob uns Covid-19 noch einige Zeit beschäftigen wird, und diese Pandemie hat tiefe Narben in der Weltwirtschaft hinterlassen.
Staatsanleihen: Weltweit positive Renditeaussichten
Unser Ausblick für Staatsanleihen ist trotz des sehr niedrigen Renditeniveaus weiterhin positiv. Die US-Notenbank will künftig mehr Inflation und auch ein vorübergehendes Überschießen ihres Inflationsziels tolerieren. Dies ist jedoch nicht möglich, solange die Realzinsen steigen dürfen. In einer so hochverschuldeten Welt ist das Potenzial für steigende Renditen begrenzt.
Im Staatsanleihenbereich gibt es am längeren Ende der Zinskurve durchaus Bereiche, in denen Anleger noch positive Renditen finden können – zum Beispiel in Amerika und Australien. Länger laufende australische Staatsanleihen sind interessant, weil die australische Zentralbank ihre Geldpolitik noch weiter lockern könnte.
Zehnjährige chinesische Staatsanleihen gehören zu den wenigen Staatspapieren, die derzeit noch eine positive Realverzinsung bieten, die aktuell bei rund drei Prozent liegt. Fünfjährige russische Staatsanleihen in lokaler Währung bieten sogar eine Rendite von über fünf Prozent. Russland hat mit erheblichen Problemen zu kämpfen, zu denen auch eine schwierige demographische Entwicklung gehört. Daher glauben wir, dass die Zinsen hier mittel- bis langfristig sinken werden, und sehen Potenzial für Kapitalwachstum.
Flexibel durch Krisen-Gewässer navigieren
Unserer Ansicht nach wird es unter den aktuellen geldpolitischen Rahmenbedingungen schwierig sein, höhere Inflationsraten zu erreichen. Daher halten wir an unserem positiven Ausblick für Staats- und Unternehmensanleihen fest. Das makroökonomische Umfeld wird noch mindestens drei bis fünf Jahre problematisch bleiben. Eine hohe Flexibilität wird daher entscheidend für den Anlageerfolg sein. Flexible globale Anleihestrategien bieten die richtigen Instrumente, um erfolgreich durch dieses Marktumfeld zu manövrieren.
Das Schöne an einer flexiblen globalen Anleihenstrategie ist, dass sie unabhängig von einem Index und frei von Beschränkungen auf bestimmte Regionen oder Segmente der Anleihemärkte anlegen kann. Also überall dort, wo die besten Anlagemöglichkeiten zu finden sind – ob im Hochzins- oder Investment-Grade-Segment, in Industrieländern oder Schwellenmärkten.
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