Kommentar
13:21 Uhr, 01.02.2018

Achtung Zentralbanken: Inflationsdruck baut sich auf!

Die Notenbanken hadern immer noch mit der moderaten Inflationsrate. In Wahrheit aber können sie die Zielerreichung schon feiern, denn es baut sich gehörig Druck auf.

  • Die Inflationsraten werden sich in 2018 und danach aller Voraussicht nach den Inflationszielen der Zentralbanken deutlich annähern
  • Die Rohstoffpreise, insbesondere der Ölpreis, unterstützen den leichten Aufwärtstrend bei den Verbraucherpreisen
  • Auch die Kerninflation (Ausklammerung der Energie-und Nahrungsmittelpreise) dürfte anziehen
  • Ein vorauslaufender Indikator (Lieferzeitindex) unterstützt diese These
  • Der starke Euro könnte die Inflationsrate über niedrigere Importpreise dagegen leicht dämpfen

Ob die Fed, die EZB oder die BoJ, sie alle jammern über die niedrige Inflationsrate. Gründe dafür gibt es eigentlich nicht mehr. Die Inflationsrate wird in den kommenden Monaten aller Voraussicht nach von ganz alleine steigen. Voraussetzung sind einigermaßen stabile Rohstoffpreise.

Bleibt der Ölpreis bis Mitte des Jahres dort, wo er aktuell ist, dürfte allein das die Inflationsrate um 0,5 Prozentpunkte anschieben. Damit ist dann das Inflationsziel in der Eurozone und in den USA bequem erreicht. Selbst wenn der Ölpreis leicht nachgibt, sollten 2 % Teuerung in diesem Jahr machbar sein.

Nun betrachten die Notenbanken ja gerne die Kerninflation. Gegen das Jammern nützt es wenig, wenn die Teuerungsrate inklusive der volatilen Komponenten Energie und Nahrungsmittel steigt. Solange die Kerninflation am Boden bleibt, werden auch die Notenbanker ihre Nervosität nicht ablegen.

Die Kerninflation wird gerne als entscheidender Maßstab herangezogen, weil sie besser zum Ausdruck bringt, wie groß der tatsächliche Preisdruck ist. Es geht um den Preisdruck, der entsteht, weil die Wirtschaft wächst, die Kapazitäten gut genutzt werden und die hohe Nachfrage höhere Preise ermöglicht.

Nur wenn die Kerninflation gesund ist, kann man auch von einer gesunden Wirtschaft ausgehen – so zumindest die Lehre. Man kann darüber streiten, was ein gesundes Niveau ist. Eine Kerninflationsrate von 2 % ist unter den heutigen Umständen schwer zu erreichen und zu halten. Zu stark ziehen der demographische Wandel und die Globalisierung die Teuerungsrate nach unten.

Für 2018 gibt es trotzdem gute Nachrichten. Wer wissen will, ob die Nachfrage so hoch ist, dass sie sich auf die Preise auswirkt, kann einen Teilindex der Einkaufsmanagerbefragung heranziehen. Es handelt sich dabei um den Lieferzeitindex. Dieser ist mit der Kerninflation stark korreliert.

Je niedriger die Werte des Lieferzeitindex sind, desto länger dauert es. Die Geschwindigkeit, mit der Güter produziert und geliefert werden können, sagt viel über die Auslastung aus. Bestehen überall Überkapazitäten, können Bestellungen sofort geliefert werden. Ist die Nachfrage sehr hoch, kommt es zu Engpässen. Das muss nicht unbedingt in der Produktion sein. Es kann auch einfach daran liegen, dass nicht genügend Transportkapazität vorhanden ist.

Die Korrelation ist in Grafik 1 dargestellt. Sie erklärt sich damit, dass vor allem die Verfügbarkeit die Preise bestimmt. Verfügbar ist etwas nicht nur, wenn es produziert wurde. Es muss auch geliefert werden. Es nützt wenig, wenn in irgendeinem Lagerhaus Güter liegen, aber nicht ausgeliefert werden können. Wer diese Güter kaufen will, muss für die verfügbaren Waren höhere Preise zahlen

Die Zeichen stehen gut. Der Lieferzeitindex ist so hoch wie vor der Krise und 2011. Damals lag die Kerninflation bei knapp 2 %. Der Index ist dabei ein Vorlaufindikator und zeigt an, dass der Preisauftrieb bis Jahresende anhalten sollte.

Die Korrelation zur Inflationsrate inkl. Energie und Nahrungsmittel (Grafik 2) ist zwar ebenfalls vorhanden, aber nicht so eindeutig wie bei der Kerninflation. So sah die Lage 2015 beim Lieferindex gar nicht so schlecht aus. Niedrige Rohstoffpreise drückten die Headline Inflationsrate allerdings deutlich.

In der Eurozone wird der starke Euro die Inflationsrate bis zu einem gewissen Grad drücken. Es kann gut sein, dass die Inflation kaum steigt, dafür aber die Kerninflation Fahrt aufnimmt. So oder so, um das Inflationsziel in diesem Jahr zu verfehlen, müsste schon eine unvorhergesehene Abkühlung der Wirtschaft stattfinden.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • StefanS
    StefanS

    Fernab der Theorie des Einflusses der Inflation auf das Nachfrageverhalten der Marktteilnehmer - was ist der tatsächliche Vorteil einer Inflation, welche so teuer erkauft wird, bspw. durch eine gefährliche Liquiditätsschwemme, Preisblasen bei Sachwerten, Nullzinsen für Sparer und der Kaufkraftschwund der Bevölkerung? Lediglich die Insolvenzverschleppung von Banken und Staaten, welche Ihren Schuldendienst nicht mehr tragen können?

    13:41 Uhr, 01.02.2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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