Warum ich als Trader ETFs so mag
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Warum ich dennoch seit über zwei Jahren aktiv für ETFs werbe?
Weil ETFs das ideale Finanzinstrument sind, um die sogenannte Kaufen-und-Halten-Strategie oder auch passive Investmentphilosophie umzusetzen.
Denn diese Art des Investierens vereint zwei wesentliche Kritieren, die ich auch an ein Tradingsystem stelle.
1. Es muss einfach sein
Einfache Entscheidungen sind in einem Umfeld von Unsicherheit oder fehlender Ordnung gegenüber komplexen oder mathematischen Entscheidungen zu bevorzugen.
Auf der Jackson Hole Konferenz 2012 hielt der britische Notenbanker Andrew Haldane eine bemerkenswerte Rede. (1)
Darin führte er eine überzeugende Beweisführung, warum die Regulierung der Finanzmärkte durch ihre Hüter (im Englischen auch „Watchdogs“ genannt) mit immer komplexeren Regeln und Verordnungen Gefahr laufe, Risiken in der Bankenwelt zu fördern, statt sie wirksam zu bekämpfen.
Wer einmal den Film „Margin Call“ mit Kevin Spacey gesehen hat, der in der Nacht des Lehman Brothers Zusammenbruch spielt, hat eine Vorstellung davon, wie komplex Risiken in der Bankenwelt sind.
Andrew Haldanes Hypothese dagegen ist einfach. Er führt das Beispiel eines Hundes an, der eine Frisbee fängt. Jeder, der das schonmal probiert hat, weiß, dass es gar nicht so einfach für uns Menschen ist, eine Frisbee zu fangen. Wir müssen – theoretisch - verschiedene Vektoren und Flugbahnen beachten und physikalische, als auch atmosphärische Bedingungen in unseren Fangversuch einbringen. Ein Physiker, der einen optimalen Prozess dieser sportlichen Tätigkeit skizzieren müsste, würde wohl eine komplexe Anordnung von Bedingungen und physikalischen Gesetzen wie Newton Gravitationsgesetz formulieren.
Doch in der Realität können sogar Kinder mit etwas Übung eine Frisbee werfen und fangen, ja sogar ein Hund schafft es, diese komplexe Aufgabe zu bewältigen. Also was ist das Geheimnis eines Hundes? Ist er ein heimliches Genie? Nein, die Antwort ist, dass wir auf manche komplexen Fragen im Leben auch mit einfachen Antworten weiter kommen oder anders gesagt eine schwere Antwort auch einfach halten können, um zum selben Ergebnis zu kommen.
Beim Investieren mit ETFs ist das ähnlich, wenn wir uns die vielen Statistiken anschauen, wonach Anleger mit ETFs vergleichbare und in vielen Fällen sogar deutlich bessere Ergebnisse erzielt haben als professionelle Fondsmanager.
Warum ich als Trader also die ETF-Philosophie so mag?
Es ist ein Teil meiner persönlichen Erfahrungen, dass manche einfache, intuitive Entscheidungen (die man auch üben muss), irgendwie bessere Ergebnisse erzielt haben, als alle Modelle und Handelssysteme, die ich probiert habe. Das bedeutet nicht, dass es keine erfolgreichen Quant- oder Algomodelle gibt. Im Gegenteil, wir wissen von sehr erfolgreichen Hedgefonds, die rein auf quanititativen Methoden basierend seit Jahrzehnten Spitzenergebnisse erzielen (z.B. die Renaissance Hedgefonds des Mathematikers James Simons).
Das ist aber nicht die Frage. Die Frage ist, was ist die beste Strategie für Sie oder für mich, die wir nicht mit hochgerüsteten Algorithmussystemen konkurrieren können. Und da ist für mich ganz klar die Erkenntnis, dass für Privatanleger immer die einfache, intuitive, wenig komplexe Strategie langfristig die bessere ist. Man muss dafür nicht auf die Vorzüge von Mustern oder sonstigen Auffälligkeiten der Märkte verzichten (so wie es die ETFs-Fan mit ihren Marktfaktoren Value, Size, Momentum, Volatility, usw. ja auch nicht nehmen lassen), aber vielleicht die Dinge nicht absichtlich kompliziert gestalten.
2. Man braucht Disziplin
Im Artikel Was verdienen eigentlich Trader? habe ich die fünf verschiedenen Verdienstgruppen von Tradern gezeigt.
1. Millionär
2. Wohlhabend
3. Teilzeit arbeiten
4. Vollzeit arbeiten
5. Pleite
Das schöne an einer ETF-Strategie ist, dass sie Anleger auf jeden Fall in die Kategorien 4, 3 und 2 bringen kann, je nachdem wie viel Zeit diese mitbringen und wie hoch ihr Startvermögen oder ihre monatliche Sparrate ist. Im Artikel Entwicklung eines DAX-Sparplans seit 1996 habe ich gezeigt, was für ein Vermögen aus verschiedenen monatlichen Sparraten entstanden wäre.
Der Weg zur Spitzenposition, zur Königsklasse der Trader-Einkommen ist jedoch nur mit Trading oder aktivem Anlegen zu schaffen, da enorme Überrenditen gegenüber dem Markt erforderlich sind. Die wenigen die es schaffen, dürfen sich aber (das hat das Pareto-Prinzip bewiesen) einen Großteil des Einkommenskuchen teilen. Der Preis dafür, den sie zahlen müssen, ist die Gefahr pleite zu gehen. Auch diese Gefahr können ETFs ausschließen, da sie zwar hohen Schwankungen unterliegen, aber aufgrund des Indexing den Diversifikationseffekt mitbringen, der vor einem Totalverlust schützt.
Doch die besten ETFs nützen nichts, wenn man nicht mental darauf eingestellt ist, diese Strategie durchzuhalten. Ich sehe viele Anleger bei dem Gedanken schmunzeln einfach nur einen ETF ein paar Jahre rumliegen zu lassen. Wir haben jedoch gelernt, dass Disziplin eine grundlegende Eigenschaft von erfolgreichen Tradern ist. Wer nicht bereit ist, konsequent einer Strategie zu folgen, konsequent Gewinne oder Verluste zu realisieren oder sich ständig mit Disziplin weiterzuentwickeln, der wird an den Märkten scheitern. Die einfachste aller Disziplin-Übungen ist daher einen passiven Vermögensaufbau mit ETFs durchzuhalten. Wer das nicht schafft – und das sind die wenigsten – wird auch beim Trading kein Glück finden.
Fazit
ETF-Investing ist die einfachste Form der Geldanlage an der Börse. Deshalb mag ich sie so. Sie ist einfach und braucht Disziplin. Zwei Anforderungen, die jedes Tradingsystem und jeder Trader mental mitbringen muss. Wer zu komplex denkt und undiszipliniert ist, wird langfristig in der Pleite-Kategorie der Einkommensverteilung enden. ETF-Investing ist also ein gutes Training für alle angehenden Trader sich selbst zu prüfen.
Viele Grüße
Jakob Penndorf
(1) Speech by Mr Andrew G Haldane, Executive Director, Financial Stability, Bank of England, and Mr Vasileios Madouros, Economist, Bank of England, at the Federal Reserve Bank of Kansas City’s 366th economic policy symposium, “The changing policy landscape”, Jackson Hole, Wyoming, 31 August 2012.
Sehr gut, das ist exakt meine Vorgehensweise - und die funktioniert sehr stabil. Da es grundsätzlich gut ausgewählte ETFs sind, kann man ggf. auch mal für einige Zeit Kursverluste aussitzen und nimmt dann einige Ausschüttungen mit. Trading-Gewinne fließen dann oft mittels individuell erstelltem Sparplan in langfristige ETFs. Sektoren ETFs gehen auch gut, man muss halt nur schauen, welche Sektoren laufen - und evtl. auch mal auf einen Pullback warten. Geht sehr gut mit Goldminen-ETFs wie GDXJ etc. Ganz wichtig, es gibt keinen Zeitwertverlust und keine Totalschäden! In der heutigen Zeit verlieren Aktien schnell mal 10-20 Prozent am Tag, wenn die Zahlen nicht stimmen - oder wie Wirecard aktuell. Das Problem umgeht man damit auch. Die Renditen, die ich damit erziele - muss eine digitale Vermögensverwaltung - die nicht schlecht sind, erst einmal erzielen. Es sind die einfachen Dinge, die laufen! Nicht den ganzen Tag Charts anschauen und theoretisieren!
Es gibt noch eine dritte Idee für dieses Jahr:
- ich gehe davon aus, dass es dieses Jahr wieder zu einer Korrektur der Märkte kommt. Ob es minus 5%, 10% oder 30% und mehr werden, ich weiss es nicht. Ich Weiss nur, dass ich dann bei Aktien nachkaufe oder bei Aktien neu einsteige. Also habe ich mir überlegt, dass Aktiendepot mit einem ETF Shorts tlw. abzusichern, der ca. 2 bis 4 Monate gehalten wird. Als Kaufzeitpunkt habe ich den Mai oder August zur Prüfung anvisiert. Wobei dann auch ein oder zwei Aktien abgestoßen werden. Aktuell will ich nicht investieren, ausser es 'kracht' so wie letztens bei Gilead Sciences. Vlt. haben sie mit ihren Erfahrungen ein paar interessante ETF Shorts auf Indices zur Auswahl für die Watchlist.
ssonic
Hallo Herr Penndorf, danke für Aufforderung.
Seit ca. 2 bis 3 Jahren habe ich zwei monatlich Sparpläne auf den Welt- und Europaindex (physisch & thesauriend). Dabei hat es sich bewährt, auch mal die Einzahlungen zu stoppen und dann wieder vermehrt einzuzahlen.
Aktuell verfolge ich zwei Ideen:
- ich gehe davon aus, dass die nächsten 2 bis 4 Jahre die Inflation höher ist, als dass man von einer Deflation ausgeht. Also suche ich zyklische Werte. Nur gestaltet sich die Recherche nach dem ETF anspruchsvoller als gedacht.
- Pharmaunternehmen sind tlw. 20 bis 40 % von ihren Hochs zurück. Ich gehe davon aus, dass die medizinische Versorgung weltweit weiter zunimmt und die Branche wächst (Indien, China, Afrika, weitergehende Überalterung der westlichen Welt). Auch hier bin ich ziemlich 'blind' in der ETF Recherche.
Wichtig sind mir, dass in den ETF's Unternehmen mit einer internationalen bzw. weltweiten Markpräsenz enthalten sind und die Unternehmen eine gewissen Wettbewerbsvorteil ("Burggraben") besitzen.
Das sind anspruchsvolle Kriterien und die Auswahl & Recherche sind zeitaufwendig und nicht einfach für mich.
"Kann ich irgendwo helfen?" Klar ... gerne ... einfach die Auswahl eingrenzen oder einschränken. Den/die ETF's wähle ich mit meiner Kaufentscheidung selbst.
Ich denke hier langfristig und habe keine Eile.
Super Sonic
Hallo Herr Penndorf, jetzt habe ich zum x-ten Mal einen ihrer Artikel anklickt. Stellen Sie doch einfach mal ein paar konkrete ETF vor, bpws. nach Indices, Sektoren, synthetisch, physisch, thesaurierend, ausschütten, Anbieter: deutsch oder ausländisch, Kosten pro Jahr. Das würde ihre Beiträge signifikant aufwerten!! ssonic