Wissensartikel
17:08 Uhr, 12.10.2017

Die Suche nach der besten Börsenstrategie

Die meisten Anleger erkennen sehr schnell, dass es ohne eine klare Handelsstrategie mit dem Geld verdienen an der Börse nichts wird.

Das Kaufen und Verkaufen von Wertpapieren wird ohne Konzept sonst zur Lotterie und schmerzhafte Emotionen, z.B. Verlustängste, dominieren die eigene Geldanlage.

Auf meinen Stationen durch die Finanzwelt habe ich so ziemlich alle Strategien gesehen, mit denen professionelle Anleger Geld an den Finanzmärkten investieren. Ich habe mit Insti-Tradern Unternehmensnachrichten gehandelt, mit Programmierern Handelssysteme entwickelt, als Analyst Aktien fundamental bewertet und als Fondsmanager Portfoliostrategien entwickelt. Immer mit einem Ziel im Hinterkopf: die Suche nach der besten Börsenstrategie.

Doch in der Realität hat kaum eine der von mir beobachteten Handelsstrategien zufriedenstellend funktioniert. Die meisten Anleger verloren über kurz oder lang Geld oder wurden von solchen zwischenzeitlichen Enttäuschungen überrascht, dass sie das Vertrauen in ihre Anlagen verloren und zum nächsten günstigen Zeitpunkt verkauften.

Viele Portfoliomodelle und Strategien haben in den Börsencrashs der letzten Jahrzehnte komplett versagt.

Hier einige der größten Katastrophen für Anleger:

1987: Portfolio-Insurance
1998: Long Term Capital (unter den Gründern waren Nobelpreisträger...)
2000: Neuer Markt
2008: Absolute-Return- und Hedgefonds-Versagen (Spitze des Eisbergs: Betrugsfall Madoff)

Die meisten Anlagekonzepte beruhen auf Beobachtungen und statistischen Untersuchungen. Finanzprofis meinen ein wiederkehrendes Muster an den Märkten zu erkennen und fangen an darauf zu wetten, dass sich dieses Verhalten der Börsenkurse auch in Zukunft wiederholt. Das ist im Prinzip auch der einzige Weg Handelsmodelle zu entwickeln und letztlich das „Handwerk“ eines guten Portfolio-Ingenieurs.

Die Gefahr besteht dabei, dass die Finanzkonstrukteure aus ihren Beobachtungen die falschen Schlussfolgerungen ziehen. Das ist eine Fehlprogrammierung unseres Gehirns, das permanent versucht Muster zu erkennen - manchmal auch dort, wo es keine gibt (wie ich in diesem Experiment gezeigt habe: Trading - Über Zusammenhänge, die es nicht gibt.)

Die meisten Strategien sitzen dadurch der sogenannten „Truthahn-Illusion“ auf. Ein Truthahn, der jeden Abend von seinem Metzger gefüttert wird, nimmt aufgrund seiner regelmäßigen positiven Erfahrungen an, dass es der Metzger nur gut mit ihm meint. Im fehlt die Information, dass die Fütterung nur einem Zweck dient: am Tag vor Thanksgiving, bei dem die Truthähne traditionell geschlachtet werden, erlebt er daher eine böse Überraschung: statt mit dem Futter, erscheint der Metzger mit einem Messer.

Eine der innersten Erkenntnisse meiner Börsenlaufbahn ist: eine Strategie darf niemals Geld verlieren.

„Rule No.1: Never lose money. Rule No.2: Never forget rule No.1.“

- Warren Buffett

Eine solche Strategie müsste robust sein, unabhängig von äußeren Faktoren und jeden auch nur erdenklichen Sturm an der Börse überstehen können.

Doch wie kann man eine Strategie „perfekt machen“? Leider gar nicht. Es ist schlichtweg die falsche Frage, auf die man immer wieder die gleichen unbefriedigenden Antworten erhält.

Denn die perfekte Strategie gibt es nicht. Einer vergangenheitsbezogenen Analyse muss logischerweise eine zukünftige Information fehlen (wie dem Truthahn die wahre Absicht des Metzgers) und es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis sie früher oder später versagt. Die simple, aber verblüffende Lösung für dieses Dilemma heißt Diversifikation.

Diversifikation ist der Schlüssel zu allem an der Börse:

1.) Wenn es keine perfekte Börsenstrategie gibt, dann könnte es Sinn machen mehrere Strategien im Portfolio anzuwenden, die sich gegenseitig ergänzen.

2.) Wenn es unmöglich ist, Gewinneraktien im Vorfeld zu erkennen, dann könnte es Sinn machen so viele Aktien wie möglich im Portfolio zu halten.

Deshalb investiere ich im Index-Manager in eine Vielzahl verschiedener Aktienmodelle und setze das ausschließlich mit Indexfonds (ETFs) um.

Dieser "doppelte Boden" garantiert mir, dass ich niemals zum Truthahn werde. Mein Depot darf schwanken, steigen und fallen, aber niemals unter gehen.

Fluctuat nec mergitur!

Viele Grüße
Jakob Penndorf

5 Kommentare

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  • New Wonder
    New Wonder

    ich glaube der Buffet handelt auch Optionen wie in den USA üblich! sonst kann ich mir solch eine Performance überhaupt nicht vorstellen!

    19:44 Uhr, 15.10. 2017
  • agnostika
    agnostika

    Veto!
    Ich halte wenig davon, Warren Buffet zu zitieren, aber dann den Blick auf dessen Portfolio zu verweigern: Buffet ist hoch konzentriert und wenig diversifiziert unterwegs. Als ich das letzte Mal geguckt habe, war die größte Position so um die 16% des Portfolios. Was ist dann sein "Geheimnis"? Ich denke, er will einfach Geld machen. Und er sch*ßt auf Benchmarks. Er schlägt zwar den S&P besonders in Abwärtsphasen, selten in Aufwärtsphasen, aber er macht es sich nicht zur erklärten Aufgabe, den S&P oder sonstwas zu schlagen. Dem privaten Anleger ist es relativ egal, mit was Gewinn gemacht wird. Sollte ein relativ sicherer Ertrag von 10% p.a. aufwärts durch einen Finanzberater zu erreichen sein, darf das in Schweinebäuchen oder Hosenknöpfen oder Aktien sein - egal.

    23:29 Uhr, 12.10. 2017
    1 Antwort anzeigen
  • Jimi
    Jimi

    Sehr wahr, auch meine Erfahrung....aber leider auch wenig konkret und damit nicht direkt nutzbar.

    19:30 Uhr, 12.10. 2017
    1 Antwort anzeigen

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Jakob Penndorf
Jakob Penndorf

Jakob Penndorf teilt seit 2015 seine Expertise als Finanz- und Tradingexperte auf GodmodeTrader und Guidants, den Finanzportalen der BörseGo AG. Er startete seine Karriere als Börsenhändler und Analyst bei einer Wertpapierhandelsbank, war Berater und Fondsmanager für Asset Manager in Frankfurt am Main und Gründer eines Finanztechnologie-Unternehmens in Berlin. Jakob Penndorf hat zahlreiche Lehrgänge absolviert, u.a. ist er akkreditierter Berater der namhaften Investmentgesellschaft Dimensional Funds Advisors (DFA) aus den USA, deren Vorstand und Verwaltungsrat führende Finanzforscher wie Kenneth French, Roger Ibbotson oder Eugene Fama angehören. Jakob Penndorf veröffentlichte zahlreiche Fachartikel über Börsenstrategien, Anlegerverhalten und technische Handelssysteme. Er trainiert Unternehmer, Börsenhändler und Investoren im Umgang mit Risiken an den Finanzmärkten.

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