Kommentar
08:47 Uhr, 14.07.2015

Zu wenig Staatsschulden: Das ist das Problem der US-Notenbank Fed

US Schulden sind überall in der Welt beliebt. Das kann für die US Notenbank zum Problem in der Zinswende werden.

Die US Notenbank verfolgte mit ihren Anleihenkaufprogrammen etwas andere Ziele als etwa die japanische Notenbank. In Japan dient der Ankauf von Staatsanleihen einer gezielten Schwächung der Währung und der Staatsfinanzierung. In den USA lag der Fokus auf den Langfristzinsen. Diese sollten durch den Ankauf von Anleihen mit längeren Laufzeiten nach unten gedrückt werden. Die EZB verfolgt ein ähnliches Ziel. Das Ziel, die langfristigen Zinsen zu drücken, ist allerdings auch in Kombination mit der Stabilität der Eurozone und der Schwächung der Währung zu sehen.

Die im März begonnen Ankäufe der EZB haben für viele Länder die Zinsen gesenkt und den Euro geschwächt. Letzteres hilft den Exporteuren. Geholfen hat die Entscheidung der EZB auch, die aktuelle Griechenlandfrage zu entschärfen. Wenn ein Programm bereits läuft, dann ist es einfach, es kurzzeitig zu erweitern. Läuft kein Programm und muss es erst beschlossen werden, dann kann viel wertvolle Zeit vergehen, in denen der Markt Zeit hat hochnervös dem Abgrund entgegen zu gehen. Die EZB konnte mit dem bestehenden QE Programm jederzeit bereit stehen. Letztlich war das gar nicht notwendig, doch die Nerven dürfte es beruhigt haben.

In der Eurozone und in Japan ist QE fast schon eine Notwendigkeit, um die hohen Schuldenberge leistbar zu machen. In den USA haben die niedrigeren Zinsen dem Staat große Ersparnisse gebracht, doch höchstwahrscheinlich hätte die US Regierung auch ohne die Hilfe der Notenbank die Krise überstanden. Im Gegensatz zu vielen anderen Märkten wurde die Tragfähigkeit der US Schulden nur kurzzeitig in Frage gestellt, jedoch nicht wegen des Niveaus, sondern wegen der Politik, die sich regelmäßig die Blöße gab die Schuldenobergrenze nicht rechtzeitig anzuheben.

Die US Notenbank plant seit 2 Jahren die Zinswende. Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis schwierig. Die kurzfristigen Zinsen anzuheben ist schon eine gewisse Herausforderung, doch wirklich Probleme dürften die Langfristzinsen bereiten.

Die Rendite für 10-jährige US Anleihen steht mit 2,4% unter dem langfristigen Leitzinsziel von 3%. Als Bernanke 2013 die Zinswende andeutete, kletterte die Rendite kurzzeitig auf 3%. Nach einem erneuten Rückgang auf 1,6% etabliert sich seit 6 Monaten ein Aufwärtstrend, der die Rendite wieder bis 3% führen kann. 3% für das lange Ende der Zinskurve sind wenig, vermutlich zu wenig.
Hebt die Notenbank die Zinsen im kurzfristigen Bereich an und bleiben die Langfristzinsen relativ stabil, dann flacht die Zinskurve dramatisch ab.
Das ist unter anderem für Banken ein Problem. Sie vergeben vornehmlich Kredite mit mittleren bis langen Laufzeiten. Für einen 30 Jahre lang laufenden Immobilienkredit können Banken gut 4% veranschlagen. Das Geld verleihen sie für 3 Jahrzehnte. Refinanzieren müssen sie den Betrag jedoch kurzfristig und im kurzfristigen Bereich zählt die Vorgabe der Notenbank. Derzeit ist die Refinanzierung so günstig, dass man fast schon sagen kann, dass sie gratis ist. Steigen nun die kurzfristigen Zinsen und damit die Kosten für Banken, bleiben aber die Langfristzinsen gleichzeitig unberührt, dann sinkt die Marge der Banken erheblich. Ein Rückgang der Nettozinsmarge um 25 bis 40% kann im Ernstfall einkalkuliert werden.
Es sind nicht nur die Margen der Banken, die unter Beschuss stehen. Viel wichtiger ist, dass Kapital bei permanent niedrigen Zinsen in Risikoassets fließt und deren Preise aufbläht. Das ist in den vergangenen Jahren bereits geschehen und so langsam kommen viele Assetklassen an einen Punkt, an dem man die Bewertungen nicht mehr für gesund halten kann. Weiterhin niedrige Langfristzinsen machen es unattraktiv, Risiko abzubauen und Geld in weniger risikoreiche Assets umzuschichten.

Wieso aber sind die US Zinsen so niedrig? Dafür gibt es mehrere Antworten. Die erste und offensichtlichste liegt in den Notenbankbilanz. Grafik 1 zeigt die US Gesamtschulden, die von der Notenbank gehaltenen Schulden und deren Anteil an der Gesamtverschuldung. Derzeit liegen knapp 25% der US Schulden in der Notenbankbilanz. Dieser Prozentsatz sinkt in den kommenden Monaten ganz langsam, weil keine neue Anleihen mehr gekauft werden, die Schulden aber weiterhin steigen.

Die US Notenbank ist mit 25% Anteil noch relativ gemäßigt. In Japan könnte der Anteil bis 2017 bei ungebremstem Fortlaufen des dortigen QE Programms auf über 40% ansteigen (Grafik 2). In der Eurozone (Grafik 3) geht es jetzt erst so langsam los. Hält die EZB ihr angekündigtes Tempo durch, dann weitet sie die Bilanz nicht nur sehr schnell aus, sondern lädt sich auch so schnell wie keine andere Notenbank hohe Anteile an der Gesamtstaatsverschuldung in die Bücher.

Was in Japan und Europa geschieht, ist für die US Notenbank relevant. Zählt man die drei Währungsräume zusammen, dann ergibt sich Grafik 4. Hier sind die Schulden aller drei Regionen in USD zusammengefasst. Obwohl die US Notenbank ihr Programm beendet hat steigt der Anteil der Schulden, die Notenbanken aufkaufen, nach wie vor stark an. Das frei werdende Geld muss irgendwo hin. Durch die enge Verflechtung der Währungsräume wird ein Teil in US Anleihen fließen und die Renditen niedrig halten.

Auf Jahressicht haben ausländische Investoren ihren Bestand an US Anleihen um 135 Mrd. erhöht. Das entspricht in etwa einem Viertel der Neuschuldenausgabe der Regierung. Bleibt es bei dieser Größenordnung von 135 Mrd. USD, dann entspricht das im aktuellen Jahr bereits ein Drittel der Neuausgabe, weil die US Regierung weniger neue Schulden macht.

Die EZB und Bank of Japan kaufen Anleihen in einem Volumen, welches ungefähr dem Doppelten der netto Neuverschuldung aller drei Währungsräume entspricht. Gleichzeitig ist die Nachfrage von privaten Investoren nach lokalen und internationalen Anleihen groß. Unter diesen Umständen kann es sein, dass der „Free Float“ von US Anleihen zu gering ist, um einen nachhaltigen Anstieg am langen Ende der Zinskurve zu ermöglichen.

Die Fed kann das Problem eigentlich nur beheben, indem sie den Bestand an Staatsanleihen in ihrer eigenen Bilanz reduziert. Bedenkt man, wie unglaublich nervös der Markt auf die Andeutung der ersten Zinserhöhung reagiert hat, kann man sich vorstellen wie es zugeht, wenn die Notenbank kommendes Jahr die Reduktion ihrer Bestände beginnt. Schmerzfrei wird das für den Markt nicht verlaufen. Die Notenbank muss sich dann entscheiden, was ihr wichtiger ist: Spekulationsblasen in Risikoassets eindämmen und kurzfristige Unruhe in Kauf nehmen oder Preisblasen weiter gewähren lassen und dafür mittelfristig mehr und höhere Volatilität verursachen.

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2 Kommentare

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  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    ... guter Artikel ... !!!

    13:34 Uhr, 15.07. 2015
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Wer will denn bitte nach Dubai?Den restlichen Artikel mag ich gar nicht kommentieren.....hahaha. Das ist Schoenbetung vom Feinsten. Wohl die gigantische Derivateblase vollkommen vergessen, was?

    12:52 Uhr, 14.07. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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