Kommentar
11:02 Uhr, 04.03.2015

XTB mit ehrlichen Antworten

Ist der Verlust des Kunden der Gewinn des Brokers? Kann eine Nachschusspflicht ausgeschlossen werden? Diese und andere direkte Fragen beantwortet uns Christian Kremer von X-Trade Brokers ehrlich und transparent.

Beständig groß ist die Nachfrage nach mehr Informationen zum CFD- und Forex-Handel allgemein, aber auch spezifisch die einzelnen Broker betreffend. BrokerDeal wird mit einer Interviewserie über die brennendsten und zentralsten Fragen zur Qualität des Angebots und der Philosophie der Broker für Transparenz und Aufklärung sorgen. Heute im Gespräch: Christian Kremer, Head of Sales bei X-Trade Brokers.

Herr Kremer, vielen Dank für die Möglichkeit dieses aufschlussreichen Gesprächs, um unseren Lesern ein tieferes Verständnis für die Abläufe bei X-Trade Brokers geben zu können. Damit zeigen Sie auch, dass Ihnen Transparenz wichtig ist.

Vielleicht möchten Sie unseren Lesern zu Beginn kurz schildern, für welche Zielgruppe sich Ihr Angebot besonders eignet?

Eigentlich eignet sich unser Angebot für jeden, der den Banken einen Schritt voraus sein möchte, jeden dem die aktuellen Zinsen zu niedrig sind, für Menschen die eine günstige Gelegenheit suchen, um Ihre Positionen im Aktienmarkt abzusichern und jeden ambitionierten Vollzeittrader, der mit professionellem Werkzeug arbeiten möchte.

Wenn man den Worst Case annimmt, wie und in welcher Höhe sind Kundengelder geschützt im Insolvenzfall sowohl des Brokers, als auch der depotführenden Bank?

Bei investiertem Kapital in offene Positionen (sprich der "Equity") sowie der Margin (Sicherheitsleitung, die bei XTB für offene Positionen hinterlegt wird), greift der polnische Einlagensicherungsfonds. XTB ist Mitglied des Einlagensicherungsfonds der staatlichen Wertpapierverwahrstelle in Polen (Krajowy Depozyt Papierów Wartosciowych SA). Dieser sichert derzeit Kundeneinlagen bis zu einem Gegenwert von EUR 3.000,00 in PLN zu 100%, und darüber hinausgehende Beträge bis zu einem Wert von EUR 22.000,00 in PLN zu 90%.

Kundengelder liegen auf einem gesonderten Konto bei unserer Referenzbank. Dies hat bereits zum Vorteil, dass die Kundengelder auf dem Bankkonto nicht in eine Insolvenzmasse einfließen und Gläubiger, im Falle einer Insolvenz, von XTB auf diese Kundengelder nicht zurückgreifen können. Die freie Margin, sprich das inaktive Kapital, ist somit bei einem Insolvenzfall geschützt.

Bei einer Insolvenz seitens unserer Referenzbank greift der freiwillige Einlagensicherungsfond der Bank. Die Sicherungsgrenze liegt derzeit im 10-stelligen Bereich in EUR pro Gläubiger (XTB). Diese Summe ist bei Weitem noch nicht ausgereizt. Zusätzlich unterliegt unsere Bank einer gesetzlichen Entschädigungseinrichtung, dessen Sicherungsgrenze derzeit in einem 6-stelligen Bereich pro Gläubiger liegt. Somit ist hier XTB noch eine weitere Einlagensicherung von der Bank geboten.

Welche internen Systeme schützen den Kunden vor einem negativen Kontostand, ab wann führen Margin Calls zu automatischen Positionsschließungen?

Wir arbeiten mit einer sogenannten Liquidationsschwelle von 30% (Margin Call). D.h. nehmen wir den ungünstigsten Fall an, dass ein Kunde sein komplettes Kapital von 10.000 Euro in nur eine Position stecken würde, dann würden wir im Falle, dass es gegen ihn läuft, Ihn bei einem verbleibenden Kapital von 3.000 Euro aus dem Markt nehmen.

Der Grund ist leicht nachvollziehbar. Wenn die Margin noch immer bei knapp 10.000 Euro liegt, bedeutet das, dass ein 100er Hebel gerade eine Summe von 1.000.000 Euro am Markt bewegt. Wenn das verbleibende restliche Kapital aufgrund der hohen Verluste dabei nur noch 3.000 Euro ergibt (30% der ursprünglich eingesetzten Margin), dann macht es Sinn dem Treiben schnellstmöglich ein Ende zu setzen, bevor der Kunde in die Nachschusspflicht gerät.

Falls Kunden aufgrund unvorhergesehener Ereignisse oder schlechtem Risikomanagement trotzdem ins Minus rutschen, wie wird damit umgegangen?

Rechtlich betrachtet könnten wir das Ganze einfordern. Und das tun wir auch, sofern wir das Gefühl haben, dass der Kunde mit Absicht agiert hat, um wie in einem Kasino, schnellstmöglich einen hohen Gewinn zu erhalten. Wenn dabei dann ein Teil des Risikos auf den Broker abgewälzt werden soll, agieren wir natürlich unseren AGBs entsprechend. Aber im Falle der SNB und der plötzlichen Intervention, haben wir darauf komplett verzichtet Nachforderungen zu stellen. Ich denke, wir agieren damit mehr als fair und jedem Kunden, der sich bisher nicht mit dem Thema Risiko und Money-Management auseinandergesetzt hat, raten wir die offiziell angebotenen Schulungen und Webinare von XTB zu nutzen.

Werden die Forex-Orders final über ein Dealing Desk gecleart, oder gehen sie zu 100% und ohne Zwischenschritte an den Interbankenmarkt?

Das entscheidet jeder Kunde selbst. Wer im STP/ECN (Straight Through Processing) Bereich agieren möchte, kann dies über zwei unserer Kontotypen wählen. Wir als Broker stellen schon seit Jahren dafür die Anbindung zu Verfügung. Unter den Umständen werden auch keinerlei Interventionen seitens XTB vorgenommen.

Trotzdem finde ich es schade, dass der Bereich „Market Maker“ so in Verruf geraten ist. Denn unsere Market Maker Konten stehen dem STP-Bereich mit Sicherheit in nichts nach. Wenn es um individuelle Angebote etc. geht, können wir aufgrund der besseren Gewinnmargen für uns, sogar viel mehr für den Einzelnen anbieten, als es im STP-Bereich der Falle wäre. Dabei sind die Kurse und Ausführungen nicht schlechter.

Wie wird ein Interessenkonflikt zwischen den Tradern und dem Broker vermieden, werden Überhangpositionen nach dem internen matchen gehedgt oder als Gegenposition geführt? Woraus besteht der Verdienst des Brokers (ungehedgtes Marktrisiko, Mark Up, internem Matching, Kommission, Finanzierungskosten)?

Ich nehme ein einfaches Beispiel: Sollten an einem Tag 70% der Anleger im DAX richtig liegen und 30% der Anleger falsch, dann wandert das Geld der 30% Fraktion, an die 70% Fraktion. 40% verbleiben also noch. Woher kommt das Geld? Jeder Broker bedient sich dabei einem Trading Desk, welches diese Überhänge im Markt absichert. Damit ein Broker nicht in Liquiditätsengpässe kommt, ist es auch im Interesse der Anleger, die Liquidität jederzeit sicherzustellen.

Wenn das Szenario allerdings umgekehrt laufen sollte, kann der Broker natürlich die Not-Kasse füllen. Man kann an der SNB-Krise z.B. sehen, wie knapp bemessen das bei manchen Brokerhäusern gewesen ist.

Der Hauptverdienst liegt nach wie vor natürlich an einem guten, gesunden und engen Kundenverhältnis. Glücksritter und Eintagsfliegen sind leider keine nachhaltigen Kunden. Der Umsatz der Kunden verschafft dem Broker letztendlich die Gewinne. Auch das Märchen, dass angeblich 9/10 Kunden verlieren, hat im Jahr 2015 so definitiv keinen Bestand mehr. Dafür ist die finanzielle Aufklärungsarbeit aller Broker in den letzten Jahren um ein Vielfaches besser geworden.

Können Sie dem interessierten Leser mitteilen an welche Tier1-Liquiditätsprovider die FX-Orders durchgeroutet werden, und woraus Ihr Verdienst besteht (Mark Up, Kommission oder beides, Finanzierungskosten)?

Bei uns sind es die Tier 1 und Tier 2 Banken. Welche genau das sind, kann ich tatsächlich selbst gar nicht direkt beantworten. In diesem Fall bekommen wir unseren Verdienst anhand der Finanzierungskosten und der Kommissionen. Bei Indizes übrigens, erheben wir keine Finanzierungskosten.

Beim CFD-Handel ist ein Dealing Desk in der Regel ja unumgänglich, wie wird hier mit Überhangpositionen der Kunden verfahren nach dem internen matchen?

Spätestens seit der SNB Krise, wissen auch die Anleger, dass Broker ein großes Risiko zu tragen haben, welches durch die Kunden selbst auch nochmals massiv gesteigert wird, wie man am Beispiel von Alpari sehen konnte. Deswegen werden Überhänge bei uns erstmal in eine „Not-Kasse“ eingezahlt, um Rückschläge im Markt auch als Broker leichter wegstecken zu können. Wenn diese Kasse einen gewissen Level erreicht hat, werden Gelder auch umgebucht.

Wer sich aber daran anstößt und deswegen fürchtet, dass der Broker gegen einen handelt, kann natürlich auf das STP-Konto zugreifen.

Wie sieht aber die Realität aus? Wir agieren dabei trotzdem nicht gegen den Kunden. Unsere Gewinnmargen sind so oder so deutlich höher ohne STP-Konten, da wir in dem Fall an den Spreads partizipieren. Das ist der Grund, warum wir in der Lage sind, Cashbacks zu geben, Zinsen auf das Kapital zu zahlen und individuelle Konditionen auszuhandeln. Denn Kunden, die viel Umsatz generieren, können sich sicher sein, einen Teil davon auch zurückzubekommen.

In welcher Reihenfolge werden die Orders ausgeführt, nach dem first-come-first-serve-Prinzip, d.h. der älteste Stopp wird zuerst ausgeführt?

Grundsätzlich gilt das „First-come-first-serve Prinzip“. Bei Basic Konten wird der Intraday Stop sogar ohne weitere Gebühren garantiert. Selbst bei einer SNB-Entscheidung.

Im Falle des Standard Accounts verhält es sich wie folgt:

Bei der Ausführung von mehreren S/L, die auf einem ähnlichen und/oder gleichen Marktpreis eingestellt sind, gilt grundsätzlich das Prinzip, dass der erste verfügbare Marktpreis nach Erreichen des S/L ausgeführt wird. Es kann passieren, dass hier geringste Unterschiede in der Ausführungszeit vorkommen aufgrund von starken Marktbewegungen. Diese bewegen sich aber im Rahmen von Millisekunden.

Im STP-Bereich obliegt die Entscheidung nicht mehr uns, wie welche Ausführung vonstattengeht.

Sieht die ausführende Stelle wo die Orders der Kunden liegen, und können Re-Quotes notwendig werden? Bitte unterscheiden in FX- und CFD-Aufträge.

Eine der Dinge die ich wirklich bedauere, ist die Tatsache, dass „Requotes“ aufgrund der schlechten Reputation aus vorangegangen Jahren, leider bei den meisten Brokern wegfallen. So auch bei uns. Stattdessen gibt es jetzt keine „Reqoutes“ mehr, sondern sogenannte „Requests“. Das heißt die Order wird einfach abgewiesen, ohne dass die Chance besteht zu einem marktnahen Preis in der gleichen Sekunde noch reinzukommen. Damit haben die Broker, auch wir, die Gelegenheit zu sagen es gäbe keine Requotes mehr bei uns. Ein tolles Beispiel für Marketing und die Sinnlosigkeit dahinter. Denn damit kann man zwar werben, aber übersetzt heißt es nichts anderes als: Wir haben euch die Möglichkeit genommen nochmals zu entscheiden ggf. doch in den Markt reinzugehen. Dabei werden keine Unterschiede gemacht, ob es sich um FX- oder CFD-Aufträge handelt.

Wenn meine Stimme alleine zählen würde, wäre ich für die Rückkehr der Requotes. Denn hier habe ich wenigstens eine Option.

Bei extrem volatilen Events wie dem SNB-Debakel vom 15. Januar kam es bei vielen Brokern zu nachträglichen Änderungen bereits bestätigter Orderausführungen. Wie konnte es dazu kommen, und sind Kunden von X-Trade Brokers davon ebenfalls betroffen?

Es gab bei uns nur ein paar Kunden die davon betroffen waren. Bei einem wurde aber in beide Richtungen korrigiert. D.h. auch ein paar seiner Trades besser gestellt.

Jeder Broker arbeitet mit sogenannten Liquiditätsprovidern (LP). Diese stellen dem Broker die Kurse in verschiedenen Bereichen. Diese Provider-Banken stellen damit die Kurse und Liquidität, die wir unseren Kunden zur Verfügung stellen können. Wenn so etwas wie das SNB-Debakel stattfindet, können auch die LP im Nachhinein Korrekturen an den Broker stellen. Genau diese Korrekturen werden dann ggf. an den Kunden weitergegeben.

Wo sehen Sie Ihre besonderen Stärken im Vergleich mit der unmittelbaren Konkurrenz, was macht XTB-Deutschland einzigartig?

Das wirklich hervorragende Team macht XTB Deutschland so einzigartig. Broker haben oft sehr ähnliche Angebote, manchmal passt bei einem die Plattform ein Stück mehr, manchmal ist vielleicht der Preis etwas ausschlaggebender, aber was bringt das, wenn man sich nicht gut aufgehoben fühlt? Bei XTB Deutschland bekommt jeder Kunde genau diesen positiven Teamspirit zu spüren. Natürlich hat bei uns auch jeder Kunde seinen festen Ansprechpartner und das weit über die Kontoeröffnung hinaus. Klar geht es auch bei uns um den Vertrieb, denn davon lebt nun mal ein Broker. Aber wer sich mit dem Thema Trading auseinandersetzt, möchte auch Spaß dabei haben und einen Partner an der Seite wissen, der genau diesen Spaß am Trading auch nachvollziehen kann und mit einem zusammen arbeitet. Man kann uns besuchen, einen Kaffee mit uns trinken und über das Trading an sich reden und fachsimpeln. Die Zeit die wir dafür investieren, ist definitiv höher als der Durchschnitt.

Unsere Marketing Budgets sind nun mal begrenzt, deswegen setzen wir auf Mund-zu-Mund Propaganda und persönliche Weiterempfehlung und das geht nur über ein hervorragendes Team. Wer sich davon überzeugen möchte, sollte uns mal auf einer Messe oder im Büro besuchen.

Was haben Sie an Ideen und Innovationen in der Pipeline für 2015?

Ein Projekt, welches mir sehr am Herzen liegt, wird endlich Wirklichkeit. Wir sind gerade dabei eine neue herausragende Handelsplattform, den „AgenaTrader“ in unser festes Angebot mit aufzunehmen. Dieses Projekt hat knapp 2,5 Jahre in Anspruch genommen, aber es lohnt sich. Es ist vielleicht subjektives Empfinden, zugegeben, aber meiner Ansicht nach, eindeutig das derzeit professionellste Werkzeug für Trading am Markt.

An dieser Stelle möchte ich allen Beta-Testern vom AgenaTrader für die Feedbacks, die Geduld, den Mut und die Neugierde danken, die dieses Projekt nun schlussendlich verwirklicht haben.

Wir danken für dieses äußerst spannende und transparente Interview Herr Kremer, viel Erfolg weiterhin!

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Michael Hinterleitner
Michael Hinterleitner

Michael Hinterleitner ist seit 2006 Redakteur und Trader bei GodmodeTrader.

Bereits 1998 der Faszination Börse erlegen, wurde Trading neben dem Studium der Wirtschaftswissenschaften zu seiner Hauptbeschäftigung. Sein Fokus: Aktien. Neben der täglichen spannenden Jagd an den Börsen kam 2011 die Idee zu einem neuen Brokervergleich, der nicht nur einen detaillierten Blick hinter die Kulissen erlaubt, sondern auch handfeste Vorteile für Mitglieder bringt.

Als Mitbegründer der Vergleichsplattform BrokerDeal.de hat sich Michael Hinterleitner zum Ziel gesetzt, Licht in den Brokerdschungel zu bringen. Er erklärt, worauf es bei der Brokerwahl ankommt, welche Anbieter für welche Bedürfnisse Sinn macht und auf welche Unterschiede man bei den Produkten und der Ausführungsqualität achten sollte.

Mehr Experten