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09:53 Uhr, 20.12.2016

Wird der starke US-Dollar zur Belastung für die Börsen?

Es heißt: die Flut hebt alle Boote. Das galt selten so sehr wie in diesen Wochen. Alles steigt: Dollar, Zinsen, Aktien, Rohstoffe. Wie lange geht das gut?

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Der Dollar wird von nicht wenigen als Achillesverse der aktuellen Börsen-Rally gesehen. Steigt der Dollar weiter so stark an wie zuletzt, dann haben US-Unternehmen ein Problem. Gerade die großen US-Unternehmen sind international stark vernetzt und erzielen einen Gutteil ihres Umsatzes und Gewinns im Ausland. Eine Dollaraufwertung hilft da nicht, sie schadet.

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Die Logik dahinter ist ganz einfach: Erzielt ein Unternehmen z.B. 50 % seines Umsatzes und Gewinns im Ausland, wird dieser Umsatz und Gewinn in Dollar gemessen weniger, wenn der Dollar aufwertet. Schreibt ein Unternehmen z.B. 1 Mrd. Euro Gewinn (derzeit 1,04 Mrd. Dollar), wertet der Euro gegenüber dem Dollar dann aber 10 % ab, dann sind es plötzlich nur noch 936 Mio. Dollar.

Wachstum ist für international tätige Unternehmen schwer, wenn der Dollar aufwertet. In den jeweiligen Währungen mögen sie weiter wachsen, doch wenn der Gewinn in Dollar umgerechnet wird, sieht es wie ein Rückgang aus. Da auch die Dividenden in Dollar gezahlt oder Aktienrückkäufe in Dollar getätigt werden, wirkt sich dieser Rückgang auch auf diese Elemente der Aktionärsbelohnung aus.

Es ist vollkommen klar, weshalb US-Aktien unter einem starken Dollar schlecht performen sollten. Sie tun es allerdings nicht. Grafik 1 zeigt den Dollar Index und den S&P 500 im Vergleich. Die Dollaraufwertung der 80er Jahre beeinträchtigte die Performance kaum. Auch zwischen 1995 und 1999 stiegen Dollar und Aktien parallel – und zwar nicht zu knapp.

Der Dollar allein ist keine offensichtliche Belastung, obwohl der Zusammenhang (starker Dollar, schwache Aktien) sehr viel Sinn macht. Man kann letztlich auch nicht sagen, dass ein starker Dollar gut für Aktien ist. Es kommt sehr viel mehr darauf an, wie schnell und wie weit der Dollar aufwertet.

In der letzten Phase der Aufwertung in den 80er Jahren kamen Aktien nicht mehr vom Fleck. So war es auch zur Jahrtausendwende. Wertet der Dollar also noch einmal 5 % bis 10 % auf, wird es für Aktien nicht leichter. Doch wird der Dollar so stark aufwerten?

Letztlich steht das noch in den Sternen. Was man allerdings sagen kann: je höher und schneller die Zinsen steigen, desto stärker wird der Dollar. Der Zusammenhang aus zu hohen Zinsen und Aktien lässt sich aus Grafik 2 herauslesen.

Abgebildet sind Aktien im Vergleich zu den Renditen von Unternehmensanleihen. Steigen die Renditen rasch an, performen Aktien für gewöhnlich schlecht.
Auch bei den Zinsen gilt (wie beim Dollar), dass ein Anstieg alleine noch kein Problem sein muss. Es kommt auf das relative Niveau an und derzeit sind die Zinsen trotz eines merklichen Anstiegs noch immer niedrig.

Wer als Anleger nun etwas verwirrt ist und nicht weiß, was genau er mit dieser Information tun soll, findet einen einfachen Ausweg aus dem Dilemma. Anstatt darüber zu rätseln, welches Dollar- und Zinsniveau nun noch positiv für Aktien ist und welches dann beginnt zur Belastung zu werden, kann man einfach auf Zinsspreads blicken.

Grafik 3 zeigt die Zinsdifferenz von Unternehmens- zu Staatsanleihen. Sie zeigen noch besser als das absolute Zinsniveau aus Grafik 2 an, wann es kritisch wird. Ein ansteigender Spread zeigt aufkommenden Stress an. Steigen die Spreads, haben es Unternehmen schwerer an Kredit zu gelangen. Das gilt auch für Konsumenten. Stoppt der Kreditfluss, dann stimmt etwas nicht. Was genau nicht stimmt, ist eigentlich zweitrangig.

Wer wissen will, ob Aktien eine Chance haben weiter zu steigen, muss nur einen Blick auf den Spread werfen. Grafik 4 zeigt, dass der Spread gegenüber anderen Indikatoren „Vorrang“ hat. Gezeigt werden der Dollar Index, die Renditen für Unternehmens- und Staatsanleihen sowie der Spread. Im Zweifelsfall gilt das, was der Spread sagt. Fällt er, dann sind die Bedingungen auf dem Finanzmarkt gut bzw. verbessern sich. Steigt er, dann wird die Finanzierungslage schwieriger.

Ein steigender Dollar wird nur zum Problem, wenn auch gleichzeitig die Spreads steigen. Das gilt auch für Zinsen. Steigen diese, ist das nicht wesentlich, solange die Spreads nicht parallel dazu steigen. So gesehen ist derzeit noch alles in bester Ordnung. Die Flut kann weiterhin alle Boote heben. Trotzdem: bisher folgte jeder Flut auch irgendwann die nächste Ebbe. Das kann schon früh im kommenden Jahr so sein.

Clemens Schmale

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  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    https://www.btc-echo.de/trumps-finanzchef-mulvaney...

    lesen oder weiter dumm (im Sinne von unwissend) bleiben

    17:09 Uhr, 21.12.2016
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    It is perhaps well enough that the people of the Nation do not know or understand our banking and monetary system, for if they did I believe there would be a revolution before tomorrow morning. Variant: If the American people knew the corruption in our money system there would be revolution before morning.

    .

    Er hätte noch hinzufügen können, "Und es ist gut, das die Menschen zu faul sind es zu verstehen. Sie glauben/vertrauen lieber UNS (der Elite) und den unseren Medien, als sich selbst zu informieren."

    10:27 Uhr, 21.12.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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