Kommentar
11:52 Uhr, 12.06.2015

Wir fressen uns zu Tode...

"Der kräftigste Penis und die kräftigsten Zähne werden durch den Tod entmachtet." So lautet ein afrikanisches Sprichwort. Wer sein Gebiss und alles drumherum noch etwas länger behalten möchte, der könnte einmal hier reinschauen...

In den Sommermonaten Juni, Juli und August tut sich an der Börse meist nicht allzu viel. Wirklich interessant wird es erst wieder im September. Doch bis dahin ist noch viel Zeit. Anstatt den Sommer vor dem Bildschirm zu verbringen, und sich über die zahlreichen Fehlsignale zu ärgern, könnte man die Zeit also auch einmal für andere Dinge nutzen.

In dieser Woche war dazu eine gute Gelegenheit: Im Bayerischen Fernsehen wurde der oscarnominierte Dokumentarfilm "Food Inc." ausgestrahlt. Der Film zeigt, was im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte aus unserer so genannten "Ernährung" geworden ist.

Überspitzt formuliert könnte man es so sagen: Einigermaßen schonungslos führen uns die Autoren vor Augen, welchen Müll wir essen und wie wir diesen Müll herstellen. Branchenvertreter werden uns das so freilich niemals sagen: Ein ganzer Industriezweig lebt davon, dass diese Tatsachen im Dunkeln bleiben. Oder wie es in der deutschen Übersetzung des Beitrags heißt:

„Wir sollen die Wahrheit über das, was wir essen, nicht kennen. Vielleicht würden wir es sonst nicht mehr essen wollen.“ Das ist Erkenntnis des investigativen US-Journalisten Eric Schlosser, der an dem Beitrag maßgeblich mitgewirkt hat.

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Meiner persönlichen Einschätzung nach ist die Dokumentation außerordentlich wertvoll, weil sie deutlich macht, dass eine Reform unseres Wirtschaftssystems überfällig ist - und weil offensichtlich wird, dass diese Reform nur dann Erfolg haben kann, wenn sie weit über den Finanzsektor hinausgeht.

Außerordentlich erhellend ist der Beitrag übrigens mit Blick auf das Freihandelsabkommen TTIP.

Hier finden Sie die vollständige englischsprachige Version.

Bei Youtube ist die deutsche Übersetzung der Dokumentation in sieben Teilen verfügbar.

Mein persönliches Fazit:

Viele von uns werden sich diebisch freuen, wenn es im Restaurant oder beim Lebensmitteleinkauf im Supermarkt wieder mal so richtig schön „billig“ war. Leider gibt es im Leben selten etwas umsonst. So ist das auch hier.

Die wahren Kosten unserer minderwertigen Nahrung werden uns erst später präsentiert: Weil uns unser Essen krank macht, sind wir gezwungen, das bei den Lebensmitteln eingesparte Geld später der Pharmaindustrie in den Rachen zu werfen.

Wem das völlig verrückt vorkommt, der könnte Recht haben...

Mit der Börse hat der Film übrigens weitaus mehr zu tun als es auf den ersten Blick erscheint: Wer den Beitrag gesehen hat, der wird sich künftig zweimal überlegen, ob er sich Aktien von Konzernen wie Monsanto, McDonalds oder Nestlé künftig noch einmal ins Depot legen wird...

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG. Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de

33 Kommentare

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  • Chamäleon
    Chamäleon

    Hatten Sie das mit Ihrem ersten Satz gemeint? :-)

    22:29 Uhr, 14.06.2015
  • Sonnenschein
    Sonnenschein

    Nach Beschluss des TTIP dürften einer Regierung innerhalb der EU diesbezüglich die Hände gebunden sein, wenn sie sich nicht schadensersatzpflichtig machen will:

    Frankreich: Regierung geht gegen das Pestizid Roundup von Monsanto vor und fordert die Gartencenter des Landes auf das Produkt nicht weiter zu verkaufen. "Frankreich muss den Kampf gegen Pestizide vorantreiben", so Umweltministerin Segolene Royal.

    heute 17:20 via Jandaya.de

    19:05 Uhr, 14.06.2015
  • Vito Corleone
    Vito Corleone

    @Lumpazi
    a) bessere medizinische Versorgung/Arzneimittel/Impfprogramme/etc.
    b) Kindersterblichkeit extrem gesunken
    c) Mechanisierung/Automatisierung = geringere körperliche Belastungen
    d) allg. Überangebot an Nahrungsmitteln (keine Unterernährung (in D))
    durch Mechanisierung i.d. Landwirtschaft + Düngemittel/Pestizide etc.

    zum Artikel:
    Nicht zu Unrecht heißt es: Nahrungsmittel-Industrie.
    Solange wir alle lieber das billigere Produkt kaufen (oder kaufen müssen)
    oder Kartoffeln-Schälen zuviel "Arbeit" macht (lieber Fertig-Püree nehmen)
    wird sich an dieser Entwicklung auch nix ändern ...

    16:23 Uhr, 14.06.2015
  • Lumpazi
    Lumpazi

    Lebensmittel unterschiedlicher Qualität gab es schon immer. Frische Lebensmittel schmecken immer besser und sind immer auch gesünder als konservierte. Alles banal. Schon immer.

    Alle Ernährungsbedenkenträger müssen sich mit einem harten Faktum auseinandersetzen und sind eine Antwort auf folgende Frage schuldig: Wie kann es sein, dass zwischen 1950 und 2008 (vgl. oben die Mastzeit von Hühnern) die Lebenserwartung (in D) von 64,6 Jahren (Männer)/68,5 Jahren (Frauen) auf 77,2 Jahren (Männer 2010)/82,7 Jahren (Frauen 2010) gestiegen ist, obwohl man sich in dieser Zeit mit "Müll ... zu Tode gefressen" haben müsste?

    14:48 Uhr, 14.06.2015
    1 Antwort anzeigen
  • 2 Antworten anzeigen
  • motörhead
    motörhead

    Im Supermarkt, im Discounter kaufe ich gerne ein. Nestle wird auch weiterhin ein gutes Investment sein. Wenn man im Supermarkt durch die Reihen schlendert und aufmerksam beobachtet was die Leute sich so ins Wägelchen legen, so wird man irgendwann zur Überzeugung gelangen, dass diese Nahrungsmittel sehr nachgefragt sind. Ich mache mir ab und zu auch den Spaß und komme ins Gespräch, warum und wieso usw.. Grundtenor: "Ist günstig, muss meine Familie ernähren, hab nicht so viel Geld. Bio? Ist doch auch Beschiss."

    Vor einigen Jahren habe ich mir einen dt. Hersteller von TK-Kost ins Depot gepackt, nachdem ich bei meinen Einkäufen im Discounter festgestellt habe, dass sowohl die ihre Adipositas pflegende Bevölkerung, als auch der gehetzte Angestellte sich diese Kost tonnenweise in den Einkaufswagen packen. Also mit der Wertentwicklung bin ich mehr als einverstanden.

    Nebenbei bemerkt, Anbauflächen für Essbares werden in Dtld. u. Europa immer weniger. Zum einen die Verdichtung in den Kommunen, zum anderen werden Ackerflächen mit Windmühlen zugeschissen. Wir Deutschen müssen ja die Welt und das Klima retten. Das bisschen Getreide was angebaut wird landet im Tank und nicht auf dem Teller. Weltenrettung hat Vorrang. Dafür importieren wir halt das Getreide, Gemüse aus dem Ausland. Jaja, natürlich wird dann auch demonstriert, sich an Gleise gekettet, man steigt auf Bäume, wenn eben dieses Gemüse mit Pestiziden verseucht wurde. Genau wie bei den Ökopäpsten die gegen AKW und für Windmühlen sind, sich aber dann anketten wenn die Stromtrasse von den Windmühlen 100 Meter neben ihren Lieblingserdbeeren verlaufen soll.

    11:00 Uhr, 13.06.2015
    1 Antwort anzeigen
  • barkovsky
    barkovsky

    Funny Reactions here _ Andreas is one of the best Authors here on Godmode, very wise and critical articles , when some folks here wonder why he writes these things, they should first cheque their own Health on different Levels, especially the Intellectual and Sane Level, mfg , BK

    10:19 Uhr, 13.06.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Lumpazi
    Lumpazi

    Oh, je!

    Wird's jetzt wie immer: erst ethisch, dann moralisch und schließlich dogmatisch?

    10:03 Uhr, 13.06.2015