Kommentar
23:37 Uhr, 16.10.2014

Wie ist die Situation in den USA einzuschätzen?

Die Einordnung der gegenwärtigen Marktsituation in den USA ist extrem schwierig, da drei große und unterschiedliche Kräfte am Werk sind, deren Wechselwirkungen nur schwer zu durchschauen sind:

a) Reduzierte Wachstumsaussichten vor allem, (aber nicht nur) außerhalb der USA
b) Fallende Inflationserwartungen auf beiden Seiten des Atlantiks
c) Implodierende Rohstoffpreise, insbesondere bei Rohöl

Es stellt sich dabei die Frage, ob b) & c) Folgen von a) sind - dann wäre die Situation möglicherweise dramatisch, oder ob im Falle von b) & c) unabhängige Faktoren einfließen - dann würde der Markt wahrscheinlich überreagieren.

Goldman Sachs hat sich dieser Problematik heute in einer umfangreichen Studie, deren Ergebnisse ich hier in maximaler Kompression vorstellen will, angenommen:

  1. Ja, das globale Wachstum schwächt sich ab, und auch in den USA ist mit einem leichten Rückgang zu rechnen.
  2. Die Schwäche der Weltwirtschaft stellt kein großes Risiko für die US-Wirtschaft dar. Ebola ist dabei aber die große Unbekannte. Die Märkte scheinen bezüglich der Seuche möglicherweise schwerwiegendere Folgen als bisher angenommen einzupreisen.
  3. Die Inflationserwartungen werden nicht nur von den gesenkten Wachstumsaussichten, sondern auch vom Ölpreis negativ beeinflusst. Dieser Rückgang sollte mittelfristig unterstützend für die Wirtschaft wirken. Es ist ratsam, dem Bewegungen der Breakeven Rate nicht allzu viel Bedeutung beizumessen, da diese auch zum Beispiel durch mangelnde Marktliquidität verstärkt worden sein könnten.
  4. Der Rückgang der Inflationserwartungen in Europa hängt auch mit einem Vertrauensverlust in die EZB zusammen. Die Daten aus Deutschland sollten noch nicht überinterpretiert werden.
  5. Der Verfall der Ölpreise ist Resultat eines höher als erwarteten Überangebotes aufgrund der Förderung in Libyen, der Politik von Saudi Arabien und der steigenden US-Produktion. Die Produktionskosten in den USA dürften bald für einen Boden sorgen.

Vor allem den letzten Punkt hält die Bank für ausschlaggebend:


If lower oil prices are more supply-driven than demand-driven (and less US demand-driven than global demand-driven), the implications are significant. From a US perspective in particular, it would mean that energy price declines will ultimately serve as a source of consumer relief, help to ease otherwise tightening financial conditions.“

Wenn also der Ölpreis lediglich von der Angebotsseite gedrückt wird, dürfte er die Wirtschaft, vor allem in den USA, nachhaltig beflügeln.

Es gilt noch der Vollständigkeit halber aber noch darauf hinzuweisen, dass Goldman die Möglichkeit nicht ausschließt, dass die Preisbewegungen von einem noch nicht sichtbaren Schwarzen Schwan ausgelöst worden sind:

The obvious risk to this story is that some new shock emerges, not yet fully reflected in recent indicators, validates the risks that the market is worrying about.“

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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