Kommentar
14:14 Uhr, 18.08.2017

Wie billig sind eigentlich deutsche Aktien?

Alle reden gerne über die USA – ich auch. Heute geht es einmal um deutsche Aktien. Diese stehen im internationalen Vergleich gar nicht so schlecht da.

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Einen Markt kann man nicht isoliert betrachten. Wie billig oder teuer ein Markt ist, kommt auch auf den Vergleichsmaßstab an. Deutschland ist da keine Ausnahme. Ein beliebter Maßstab ist das langjährige KGV (10-Jahres-KGV, Shiller KGV). Deutschland liegt hier mit 19 derzeit nicht gerade am unteren Rand der Skala (Grafik 1), aber auch hier kommt es darauf an, mit welchen Ländern man deutsche Aktien vergleicht.

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Gegenüber Aktien aus Emerging Markets ist Deutschland teuer. Russland, Brasilien und die Türkei sind besondere Schnäppchen. Nun kann man aber kaum die politische Situation und die Wirtschaft in Deutschland mit der in der Türkei vergleichen. Ein besserer Maßstab ist die Vergleichsgruppe, die aus anderen entwickelten Märkten besteht. Im Durchschnitt sind diese mit einem KGV von 22 bewertet. Deutschland ist da im Vergleich recht günstig.

Günstig erscheinen auch Länder wie Italien und Portugal. Das liegt vor allem daran, dass das langjährige KGV noch ein paar gute Jahre beinhaltet. Betrachtet man die aktuelle Situation (einjähriges KGV), sieht die Sache anders aus (Grafik 2). Portugal und Italien sind – gemessen an der aktuellen Lage – ziemlich teuer, Italien sogar am teuersten. Da steckt viel Fantasie drin.

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Das KGV ist natürlich nicht alles. Ein Blick in die Bilanzen offenbart sehr viel mehr als nur den Gewinn. Value Investoren kaufen gerne profitable Unternehmen, die aber im Vergleich zu ihrem Vermögen niedrig bewertet sind. Kann man ein Unternehmen unterhalb des Buchwertes kaufen, hat man praktisch einen risikolosen Gewinn, sofern Gewinn geschrieben wird.

Auch bei diesem Maßstab liegt Deutschland im Mittelfeld (Grafik 3). Im Verhältnis zur Vergleichsgruppe handeln deutsche Aktien zu einem Abschlag von etwas mehr als 10 %. Im Vergleich zu den USA liegt der Abschlag sogar bei 40 %.

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Auch das Vermögen von Unternehmen ist nicht alles. Technologieunternehmen haben oftmals nur geringe Buchwerte. Alphabet hat ein Nettovermögen von 130 Mrd USD. Die Marktkapitalisierung liegt bei fast 650 Mrd. USD. Will man hier warten bis die Kapitalisierung unter das Vermögen fällt, wartet man vermutlich bis in alle Ewigkeit.

In solchen Fällen macht es Sinn einen Blick auf den Umsatz zu werfen. Dabei geht es um die Frage wie viele Euro man zahlen muss, um einen Euro Umsatz zu erwerben. Das zeigt Grafik 4. Im Durchschnitt muss man in Deutschland lediglich 0,9 Euro zahlen, um 1 Euro Umsatz zu kaufen. In den USA sind es 2 und in Indonesien gleich 2,9.

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Die niedrige Bewertung in Deutschland lässt sich größtenteils auf die Autobauer zurückführen. VW, BMW und Daimler setzen etwas weniger als 500 Mrd. Euro um. An der Börse sind die drei keine 200 Mrd. wert. Das drückt den Gesamtmarkt nach unten.

Umsatz und Gewinn sind wenig wert, wenn Anleger nichts davon haben. Über Dividenden schütten Unternehmen Teile ihres Erfolgs an Anleger aus. Selbst wenn der Markt ein Unternehmen günstig bewertet und der Kurs nicht vom Fleck kommt, kann man so Rendite generieren – nur nicht besonders viel, zumindest nicht in Deutschland (Grafik 5).

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Die Dividendenrendite liegt in Deutschland im Schnitt der entwickelten Länder. Wer Dividenden sucht, findet sie eher in Entwicklungsländern. Diese schneiden insgesamt trotz Rally in diesem Jahr nach wie vor günstig ab. Sie sind eine echte Alternative.

Relativ zur Vergleichsgruppe sind deutsche Aktien fast schon ein Schnäppchen, doch Vorsicht: im Vergleich zu sich selbst sind deutsche Aktien teuer. Das KGV liegt am oberen Rand der Range der letzten 12 Jahre. Es hilft der Performance nicht, wenn man eine Aktie zwar billig kauft, diese sich dann aber trotzdem nicht vom Fleck bewegt. Genau das ist bei deutschen Aktien derzeit zu befürchten.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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