Fundamentale Nachricht
12:56 Uhr, 26.06.2017

Wie aus Optimismus Vertrauen wird

Für Goldman-Sachs-Finanzexperte Suneil Mahindru stellt sich das derzeitige Niveau des Wachstums durchaus robust dar, selbst wenn sich die Dynamik durch eine weniger expansive Geldpolitik abschwächen könnte.

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  • Dow Jones
    ISIN: US2605661048Kopiert
    Kursstand: 21.394,76 Pkt (NYSE) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

New York (GodmodeTrader.de) - Zum ersten Mal seit 2010 weist der Trend in den globalen Wachstums- und Gewinnprognosen für alle wichtigen Regionen nach oben. Wir gehen deswegen weiterhin davon aus, dass eine wachstumsfreundliche US-Politik die wirtschaftliche Erholung und die globale Aktienperformance stützen wird. Das weltweite Wachstum zieht an und zahlreiche Regionen leisten ihren Beitrag hierzu. Für uns stellt sich das derzeitige Niveau des Wachstums durchaus robust dar, selbst wenn sich die Dynamik durch eine weniger expansive Geldpolitik oder abnehmende Effekte des chinesischen Konjunkturprogramms abschwächen könnte, wie Suneil Mahindru, Chief Investment Officer für internationale Aktien bei Goldman Sachs Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Mahindru zufolge zeichnen sich zwei Entwicklungen ab: Die Korrelation zwischen Aktien werde sich tendenziell abschwächen und die Erträge würden breiter gestreut sein. So oder so, beides spreche für aktives Management. Die Korrelation im S&P 500 sei bereits unter den historischen Durchschnitt gesunken. Je mehr die neue US-Handels- und Wirtschaftspolitik Form annehme, desto deutlicher werde, wie sich dies auf die einzelnen Sektoren auswirke. Es würden sowohl Gewinner als auch Verlierer aus dieser Entwicklung hervorgehen, heißt es weiter.

„Gleichzeitig beobachten wir, dass sich in Europa die Erträge seit der Finanzkrise auf einem niedrigen Niveau bewegen, die europäischen Unternehmen aber einen hohen operativen Leverage aufweisen. Insofern gilt, dass bei sich erholenden Unternehmensgewinnen reichlich Potential für europäische Aktien entsteht. Und tatsächlich wurden in diesem Jahr die Gewinnprognosen endlich nach oben korrigiert statt nach unten, wie es in den Vorjahren noch der Fall war“, so Mahindru.

Die Aufwärtskorrektur der Erträge stütze sich hauptsächlich auf die Entwicklung an drei Endmärkten: Erstens verbessere sich die Binnenwirtschaft, die etwa 50 Prozent der europäischen Unternehmensumsätze ausmache, zweitens sei die US-Wirtschaft mit rund 20 Prozent der Umsätze solide aufgestellt und drittens stabilisierten oder erholten sich viele Schwellenmärkte (rund 20 Prozent der Umsätze). Bei Letzterem seien die Bewertungen gestiegen, lägen jedoch noch unter denen des US-Markts, heißt es weiter.

„Auch Schwellenländeraktien entwickelten sich zuletzt durchaus positiv. Dies lag nicht zuletzt daran, dass sich die Rohstoffpreise erholten und es sich bei Donald Trumps protektionistischen Handelsplänen wohl eher um politische Rhetorik statt tatsächlichen Reformvorhaben handelt. Obwohl die Bewertungen zugelegt haben, sind die Aktien gegenüber ihren Pendants aus den Industrieländern immer noch attraktiv. Wenngleich sich das Bild für Unternehmensgewinne in den Emerging Markets fundamental gebessert hat, sollte nicht vergessen werden, dass die Schwellenländer weiterhin erheblichen externen Risiken wie steigenden Zinssätzen und zunehmenden geopolitischen Spannungen ausgesetzt sind“, so Mahindru.

Ein besonders interessanter Sektor seien derzeit Anlagen aus der industriellen Automatisierung. Sie seien für ihn ein globaler Schwerpunkt, da in diesem Teil des verarbeitenden Gewerbes viel Potential für Produktivitätsanstiege, wettbewerbsfähigere Umsatzkosten und eine höhere Produktqualität schlummere. Die Marktdurchdringung sei auf globaler Ebene noch sehr gering, weshalb sich weitere Investments in die Automatisierung in vielerlei Hinsicht als vorteilhaft erweisen könnten, heißt es weiter.

„Die USA könnten durch eine Senkung der im internationalen Vergleich sehr hohen Arbeitskosten das verarbeitende Gewerbe wettbewerbsfähiger aufstellen. China und andere Schwellenmärkte könnten gleichzeitig die steigenden Lohnkosten eindämmen. Dies könnte zu mehr Arbeitslosigkeit führen und eine Weiterbildung jener Arbeitnehmer erfordern, was aber letztlich auch der Konjunktur zugutekommen dürfte“, so Mahindru.

Die globalen Aktienkurse lägen jetzt höher als vor den US-Wahlen im letzten November. Hierin spiegele sich der allgemeine Optimismus in Bezug auf das Wirtschafts- und Gewinnwachstum wider. Um die Animal Spirits anzuregen, die Geschäftstätigkeit zu fördern und den Enthusiasmus der Investoren aufrechtzuerhalten, müsse sich dieser allgegenwärtige Optimismus allerdings bei den Unternehmen in Vertrauen niederschlagen. Damit dies gelinge, müssten sowohl das Geschäftsklima und die konjunkturelle Entwicklung positiv bleiben – trotz bereits hoher Aktienbewertungen in zahlreichen Industrieländern. Hierfür müsse dereguliert und Steuerreformen angestoßen werden, heißt es weiter.

„Im Vergleich zu einer Steuerreform besteht bei der Deregulierung ein geringeres Risiko, sich in Gesetzgebungsverfahren zu verheddern. Deregulierungen können von der Exekutive einfacher realisiert werden. In Bezug auf die USA deuten einige Aussagen der US-Regierung darauf hin, dass sich die Administration auf bestimmte Bereiche konzentrieren wird“, so Mahindru.

Wenn Regulierungsbehörden künftig weniger Einfluss nähmen, würden vor allem Banken hiervon profitieren - wenngleich die Unsicherheit durch die Politik weiterhin hoch bleibe. Zudem habe Präsident Trump Randal Quarles zum Chef-Bankenaufseher der Federal Reserve ernannt. Quarles stehe allgemein für eine ausgewogenere, weniger straffe Geldpolitik als andere Kandidaten. Das deute wohl darauf hin, dass das regulatorische Pendel nun in die andere Richtung ausschlage, heißt es weiter.

„Letztlich muss eine bestimmte Stimmung zu konkreten Handlungen führen, um Vertrauen aufzubauen. In den USA hat sich diese Herausforderung als größer erwiesen, als viele Politiker, Anleger und Wähler es ursprünglich erwartet hatten. Die Kontrolle des Weißen Hauses und des Kongresses durch die Republikaner ist durch mitgliederstarke und mächtige Gruppen innerhalb der Partei gefährdet. Das Scheitern der Trump-Regierung in dem Bemühen, den Affordable Care Act zu widerrufen und zu ersetzen, war überraschend und die Auswirkungen reichen weit über das Gesundheitssystem hinaus. Wenn Vertrauen und Reformdynamik schwinden, steht die Durchsetzungsfähigkeit der Regierung bei anderen großen Vorhaben wie der Steuer- oder Handelspolitikreform ebenso in Zweifel“, so Mahindru.

Die Demokraten gingen nun stärker in der Oppositionsrolle auf als in vorangegangenen Amtszeiten, was die innerparteiliche Spaltung der Republikaner noch weiter verschärfe. Dies zeige sich insbesondere darin, dass immer mehr Gegenstimmen gegen Kandidaten, die vom Kongress bestätigt werden müssten, zu beobachten seien. Selbst Dekrete des Präsidenten oder regulatorischer Vorhaben, die erwartet worden seien, seien ausgesetzt worden, weil die Trump-Regierung bei der Besetzung von Positionen verglichen zu vorhergehenden Regierungen um Monate hinterherhinke, heißt es weiter.

„Damit Optimismus – vor allem bei den Investoren – zu Vertrauen wird, müssen die Unternehmensinvestitionen und das Gewinnwachstum weiter zulegen. Die ersten Ertragsdaten aus den USA und Europa stimmen uns insofern zuversichtlich. Hinzu kommt, dass im Durchschnitt die kurzfristige Investitionsaktivität der Unternehmen deutlich angestiegen ist. Wir beobachten deswegen die globale Berichtssaison genau und halten nach weiteren Anzeichen Ausschau, die für diese Tendenz sprechen“, so Mahindru.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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