Kommentar
07:41 Uhr, 20.06.2020

Fed oder EZB: Wer agiert in der Geldpolitik besser?

Auf den ersten Blick machen beide Notenbanken genau das gleiche: sie drucken Geld. Die Unterschiede sind aber erheblich. Wer macht es besser?

Jede Notenbank hat eine etwas andere Herangehensweise. Die US-Notenbank reagierte schneller als andere Zentralbanken. Zunächst wurden die Zinsen in großen Schritten auf 0 % gesenkt. Auch QE wurde wieder offiziell eingeführt. Zu Beginn war die Summe auf 750 Mrd. begrenzt. Diese Begrenzung hielt nicht lange. Sie wurde kurze Zeit später aufgegeben.

Die Fed wollte zuerst nicht unbegrenzt Anleihen kaufen. Ein unbegrenztes QE-Programm lässt sich schlecht wieder beenden. Das letzte Mal musste die Notenbank den Markt zwei Jahre lange entwöhnen, bevor es endgültig klappte. Mit einem begrenzten Programm lässt sich die Phase der Entwöhnung nicht ganz vermeiden. Zumindest aber ist niemand überrascht, wenn es soweit ist.

750 Mrd. waren aber nicht genug. Der Markt kollabierte immer weiter. Der Aktienmarkt war dabei sogar nur Nebenschauplatz. Es ging der Fed vor allem um Staats- und Unternehmensanleihen. Der Markt fror ein. Das gab es selbst während der Finanzkrise nicht. Also biss die Fed in den sauren Apfel und hob die Begrenzung auf.

Wie notwendig das war, zeigt Grafik 1. Zeitweise wurden mehr als 400 Mrd. an Wertpapieren in einer Woche gekauft. Inzwischen ist davon keine Rede mehr. Die wöchentlichen Käufe sind wieder auf Vorkrisenniveau angekommen. Das unterscheidet die Fed von der EZB.


Die EZB verzichtete auf ein unbegrenztes Programm. Das Pandemie-Kaufprogramm hat ein klares Volumen. Die Käufe werden bis Juni 2021 gestreckt. Marktteilnehmer wissen, was sie erwartet. Die Käufe sind vorhersehbar und relativ konstant.

Die Fed kaufte in diesem Jahr bereits Wertpapiere im Volumen von 2,2 Billionen Dollar. Bei der EZB sind es 550 Mrd. Euro. Dafür geht der EZB der Atem nicht aus. Die Fed scheint aktuell nicht so recht zu wissen, was sie eigentlich mit dem unbegrenzten Programm tun soll. Sie nutzt es jedenfalls nicht, um im großen Stil Wertpapiere zu kaufen.

Das hat Anleger in der letzten Woche auch etwas verdutzt. Zwar bekamen Anleger einen Zinsausblick (bis 2023 ist kein Zinsschritt zu erwarten), doch was mit QE geschieht, steht in den Sternen. Hier erweist sich die Vorgehensweise der EZB als vorteilhaft. Es gibt eine klare Forward-Guidance. Die Fed verzichtet größtenteils darauf.

Das ist durchaus ein Problem. Der Finanzmarkt funktioniert wieder. Eigentlich braucht es die Käufe nicht mehr. Das zeigt sich anhand der geringen wöchentlichen Bilanzausweitung. Genau das ist aber etwas, was Anleger irritiert. Sie wissen nicht, ob QE de facto wieder beendet ist oder nicht.

Offiziell ist es nicht beendet und es werden auch wieder mehr Wertpapiere gekauft, wenn es notwendig ist. Niemand weiß, was das in der Praxis bedeutet. Zu Beginn der Krise hat die Fed entschlossener reagiert. Mittelfristig erweist sich die EZB Politik als weiser.

Clemens Schmale


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6 Kommentare

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  • KT173
    KT173

    Spontane Antwort alle gleich schlecht. Erheiternd finde ich Ihre Einschätzung, dass der Finanzmarkt wieder funktioniert. Meiner Einschätzung nach funktioniert ein Finanzmarkt, wenn jeder Marktteilnehmer seine Verluste tragen muss. Dank der hemmungslosen und zum Teil illegalen Interventionen der Notenbanken kann davon keine Rede sein. Wir sind in der Geldpolitik im Sozialismus für die Reichen und es wird nicht mehr lange dauern bis dieser Sozialismus auch vom kleinen Bürger lautstark eingefordert werden wird. Und wer sehen will sieht auch noch viel bedrohlichere Entwicklungen in unserer Gesellschaft. Man schaue nur nach Stuttgart.

    08:16 Uhr, 22.06.2020
  • mkronen
    mkronen

    Der Virus IST unser Geldsystem. Die Geldkontrolle darf nicht mehr nur Wenigen nutzen.

    14:35 Uhr, 21.06.2020
  • Tüskendör
    Tüskendör

    Auf der Suche nach Kausalitäten eine mögliche Sichtweise:

    die FED weiß, dass sie hinter einem irren, grenzdebilen Präsidenten hinterherlaufend aufräumen muss. Dieser hat (möglicherweise im Gegensatz zu EU-Europa) quasi keine Chance mehr das Virus noch im Sommer in den Griff zu bekommen (was Böses für den Herbst erahnen lässt). Der Mann, der sich weigert Verantwortung zu übernehmen, befeuert verantwortungsloses Handeln und wird noch weitere Nebenkriegsschauplätze aufreißen oder eskalieren lassen (China und ggf. Deutschland ökonomisch, Rassismusdebatte/Demos/Wahlkampf innenpolitisch, schlimmstenfalls anderswo mit starken militärischen, vor Pathos strotzenden Bildern außenpolitisch).

    Die FED hat schlicht eine wesentlich schlechtere Planungsgrundlage.

    01:51 Uhr, 21.06.2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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