Kommentar
09:19 Uhr, 19.01.2016

Wer ist schuld an der heftigen Korrektur?

JPMorgan sagt: Verantwortlich für die heftigen Kursabschläge ist vor allem die Spezies „Retail Investor“. Über die letzten zwei Wochen hat diese Verkäufergruppe Aktien-ETFs im Wert von $16 Mrd liquidiert, und damit sogar die Werte vom letztem August übertroffen (-$11 Mrd).

Im Gegensatz dazu haben große Anleger (ex CTAs) ihre Positionen im Vergleich zum letzten Sommer nur moderat angepasst, da sie schon im Vorfeld Risiko abgebaut haben (siehe Grafik )


Kurzfristig spricht dieses Marktumfeld theoretisch für eine überfällige Bärenmarktrally und die üblichen „Mean Reversion“-Strategien, wäre da nicht das große Aber in Form von notleidenden Staatsfonds (SWFs).

SWFs sind der Kanal, über welchen niedrige Erdölpreis toxisch auf Aktien aller Sektoren einwirken können, und das bei weiter niedrigen Preisen schlussendlich auch werden. Eine einfache Rechnung:

2015 haben Öl-Exporteure (OEs) $740 Mrd kassiert. OEs recyceln ihre Dollars normalerweise wieder mit dem Import von Waren/Services und über die Akkumulation von Finanzassets. 2015 haben diese Länder aber sogar $70 Mrd mehr an den Rest der Welt ausgezahlt, als sie eingenommen haben, und dies über den Abbau von Überschussreserven ($50 Mrd) und Assetverkäufe mittels SWFs ($20 Mrd) finanziert.

Veranschlagt man nun, dass der Ölpreis zum Vorjahr durchschnittlich um $22 auf $31 sinkt (und dort bleibt), dann kann man basierend auf den Beobachtungen des letzten Jahres davon ausgehen, dass die OEs im laufenden Jahr $260 Mrd zu wenig einnehmen werden und dies hauptsächlich über den weiteren Abbau von Währungsreserven im Volumen von $100 Mrd und SWF-Verkäufen von $140 Mrd kontern werden. Die Platzierung von Anleihen wird wohl die eher nur geringe Summe in von $20 Mrd in die Kasse spülen.

JPM geht davon aus, dass SWFs 2016 insgesamt $75 Mrd an Aktien verkaufen könnten, was zwar absolut gesehen keine Katastrophe wäre, aber die prognostizierten Käufe von Retail-Investoren neutralisieren würde.

Kurz: Retail-Investoren haben verkauft, Institutionelle Anleger und SWFs aber noch nicht. Deshalb lautet die entscheidende Frage nun, ob diese Gruppierungen jetzt auf BTFD machen, oder neue Abwärtslawinen auslösen werden. Erholungen sollten im Zweifel und bei Abwesenheit von Notenbankmaßnahmen daher wohl lieber verkauft werden.

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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