Kommentar
08:30 Uhr, 11.07.2020

Wenn es selbst Notenbanken nicht mehr richten können

Anleger sind sich sicher: wenn wieder Probleme auftreten, eilen die Notenbanken zur Hilfe. Das mag sein, doch das ist kein Garant dafür, dass die Intervention auch wirkt.

Anleger haben großes Zutrauen zu Notenbanken. Sie sind fest davon überzeugt, dass der Markt gar nicht fallen kann. Notenbanken fangen den Markt schon auf. Dieser Glaube ist quicklebendig. Das war er auch Anfang März. Einen Crash gab es trotzdem. Das ist natürlich nur halb so schlimm, wenn man sich darauf verlassen kann, dass es danach wieder schnell bergauf geht. So war es diesmal und so wird es in Zukunft sein. Davon sind viele überzeugt. Dabei gibt es zwei Dinge zu beachten. Der erste Punkt hat wenig mit der Notenbankpolitik zu tun. Selbst wenn man auf Notenbanken vertraut, man kann an der Börse trotzdem viel Geld verlieren. Daran sind nicht die Notenbanken schuld, sondern jeder selbst. Notenbanken haben zwar den Markt gerettet, doch viele Anleger haben aus Schock mitten im Crash alle Aktien verkauft. Sie haben Verluste realisiert und sind, wenn überhaupt, erst wieder bei höheren Kursen eingestiegen. Die Rettung des Aktienmarktes durch die Notenbank schützt Anleger vor sich selber nicht.

Der zweite Punkt hat direkt mit der Notenbankpolitik zu tun. Betrachtet man die Ausweitung der Bilanzsummen (in Prozent der Wirtschaftsleistung, Grafik 1) bis Ende Juni, zeigt sich ein klares Bild. Die Rettung war diesmal viel größer als 2008 bzw. in den Folgejahren. Es war sehr viel mehr notwendig als zur Zeit der Finanzkrise.

Es sind auch weitere Notenbanken in den QE Wettlauf eingestiegen, namentlich die RBA (Royal Bank of Australia) und die BoC (Bank of Canada). Vor allem die kanadische Notenbank scheint den Vorsprung der Fed und EZB aufholen zu wollen. Alle abgehängt haben Japan und die Schweiz (Grafik 2). Es geht also noch mehr. Die Frage ist nur, bringt das auch etwas?

In Japan läuft seit geraumer Zeit ein unbegrenztes QE Programm. Das hat zu Beginn für eine Kursexplosion gesorgt. Seit fast 5 Jahren kommen japanische Aktien nicht mehr vom Fleck, obwohl die Bilanzsumme der BoJ immer weiter wächst.

In der Schweiz ist das gleiche Phänomen zu beobachten. Es handelt sich zwar nicht um ein traditionelles QE Programm, doch am Ende tut die SNB das, was auch andere tun: sie druckt Geld.

In der Eurozone hat die EZB QE nur für wenige Monate ausgesetzt. Inzwischen läuft ebenfalls ein unbegrenztes QE Programm. Wo aber stehen die Aktienkurse? In den meisten Ländern laufen sie seit Jahren seitwärts. In praktisch allen europäischen Ländern haben die Kursindizes seit dem Jahr 2000 keine neuen Hochs mehr erreicht.

Notenbanken mögen für Anleger ein Sicherheitsnetz darstellen. Die Kurse müssen deswegen trotzdem nicht in den Himmel wachsen. QE ersetzt mangelndes Wirtschafts- und Gewinnwachstum nicht. Da können auch Notenbanken nichts tun.

Clemens Schmale


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  • italianX
    italianX

    @ Herr Schmale, ich muss Ihnen ein kompliment machen.Also Ihre Beiträge sind abartig gut, und öfters sogar 2 Beiträge pro Tag! Echt Hammer

    12:48 Uhr, 11.07.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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