"Was zum Teufel hat Volkswagen im Polizeistaat China zu suchen!"
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Berlin/ Peking (Godmode-Trader.de) - Im Zusammenhang mit Berichten über eine systematische Verfolgung der uigurischen Minderheit in China wird die politische Führung in Peking heftig kritisiert, aber auch europäische Unternehmen stehen am Pranger.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat am Mittwoch im Bundestag von der Bundesregierung einen härteren Kurs gegenüber Peking gefordert. „China entwickelt sich immer mehr zu einer autoritären Diktatur", sagte er. Die zweitgrößte Wirtschaftsmacht verletze die Menschenrechte im Inneren massiv und halte mehr als eine Million Uiguren in Internierungslagern fest. Diese Realität müsstenDeutschland und Europa mit aller Deutlichkeit beim Namen nennen.
Die New York Times hat ein über 400 Seiten starkes Konvolut hoch geheimer Parteidokumente ausgewertet, die ihr von einem „Mitglied des chinesischen politischen Establishments" zugespielt worden waren. Darunter eine Rede von Staats- und Parteichef Xi Jinping, in der dieser davon spricht, im Kampf gegen religiöse Extremisten „keine Gnade walten zu lassen“. Am Sonntag hat DANN das Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) gemeinsam mit 17 Medienpartnern - in Deutschland NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung - Dokumente veröffentlicht, die detailliert zeigen, wie Chinas Parteiführung die Internierung von rund einer Million Menschen in Haft- und Umerziehungslagern organisiert. Die Bundesregierung hat von China Zugang internationaler Experten zu der Region gefordert, die von den Uiguren bevölkert wird.
Der China-Experte und ehemalige Direktor des Zentrums für Chinastudien an der Stellenbosch University in Südafrika Ross Anthony kritisierte im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ direkt den Volkswagen-Konzern. China sei der größte Markt für das Unternehmen, deshalb schaue der Konzern nicht so genau hin. „Was zum Teufel hat Volkswagen in diesem Polizeistaat verloren?“, sagte Antony. „Nehmen wir einmal an, ein Lagersystem dieses Ausmaßes würde in einem anderen Staat existieren, der Aufschrei der internationalen Gemeinschaft wäre gewaltig“, ergänzte Anthony. Weil es aber um China gehe, würden Unternehmen wie VW schweigen.
Volkswagen reagierte mittlerweile auf die Kritik. Man sei sich der Lage bewusst und bemühe sich, einen Beitrag zur Entwicklung der Region und dem Zusammenleben der Volksgruppen zu leisten. Die Entscheidung für Xinjiang habe man aus rein wirtschaftlichen Gründen getroffen. Anthony zufolge ist dies ein Scheinargument. Dort ( Anm.: in der betroffenen Region Xinjiang) werden angeblich etwa 50.000 Fahrzeuge pro Jahr hergestellt, das klingt nicht sonderlich profitabel“, sagte er der SZ.
Seit Jahren sind deutsche Unternehmen in Xinjiang aktiv. Wie aber dort in den vergangenen Jahren die Uiguren-Minderheit behandelt wird, das war offenbar nicht allen bekannt. VW-Chef Herbert Diess gab sich bei der Automesse in Shanghai im April recht unwissend. Auf die Frage eines BBC-Reporters nach den Menschenrechtsverletzungen dort sagte er seinerzeit lediglich, er sei stolz darauf, dass Volkswagen Arbeitsplätze in Xinjiang schaffe. Zu dem Thema Internierungslager könne er nichts sagen, sagte Diess damals. „Davon habe ich keine Kenntnis.“ Volkswagen bleibt auch jetzt: man wolle die Aktivitäten in der Region ausbauen, teilte der Konzern aktuell mit.
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