Kommentar
09:17 Uhr, 20.01.2015

Was QE nicht bringen wird

Die Erwartungen an ein europäisches Quantitative Easing sind hoch. Vieles davon kann aber kaum erreicht werden

Die Argumente, die die EZB bemüht, um QE zu rechtfertigen sind denen der Fed sehr ähnlich. Vor allem ein Argument wird als Totschlagargument verwendet: Inflation – oder besser gesagt Deflation. Die EZB wiederholt mantraartig seit Jahren immer wieder das gleiche: zu niedrige Inflation ist gefährlich. Inzwischen wird es von den meisten als Tatsache anerkannt. Wenn man etwas oft genug wiederholt, dann wird es zwar nicht richtiger, es wirkt aber so. Genau das ist vor allem 2014 passiert. In den Mainstream Medien wird jede Aktion und jede Diskussion der EZB damit begründet, dass die Notenbank die gefährlich niedrige Inflation bekämpfen muss. Inhaltlich will ich gar nicht darauf eingehen. Es reicht eigentlich zu bemerken, dass momentan wohl kaum ein Autofahrer die Preisbewegung an der Zapfsäule als gefährlich wahrnimmt.

Für die meisten Medien ist klar, dass die EZB weitere geldpolitische Geschütze auffahren muss, um die Inflation in Gang zu bringen. Wer nun aber wirklich an eine Zunahme der Inflation aufgrund von QE glaubt, der hat die letzten Jahre in den USA und Japan nicht aufgepasst. Grafik 1 zeigt die Jahresinflationsrate in den USA und die QE Programme. Die Zeitreihe beinhaltet auch das erste Programm der Notenbank 1961, um die Zinskurve zu beeinflussen. Das war die erste Operation Twist, bei der Anleihen mit kurzer Laufzeit verkauft und Anleihen mit langer Laufzeit gekauft wurden. Über den Erfolg dieser Maßnahme wird heute noch diskutiert.

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Die lange Zeitreihe macht einen interessanten Punkt deutlich. Von den späten 50er Jahren einmal abgesehen war die Inflation in den USA selten so niedrig wie in Zeiten von QE. Ich will damit nicht sagen, dass QE zu niedrigerer Inflation führt. Man kann allerdings auch nicht behaupten, dass QE die Inflation stimuliert hätte. QE wird aus vielerlei Gründen die Inflation nicht erhöhen. Hauptgrund dafür ist die mangelnde Nachfrage. Güter werden teurer, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt. QE soll die Nachfrage zwar beleben, hat es aber weder in den USA noch in Japan geschafft. Wieso es nun gerade bei der EZB funktionieren sollte, sei dahingestellt.

Ein anderes Ziel von QE ist die Unterstützung von Wirtschaftswachstum. QE soll Sicherheit schaffen, den Markt mit Geld überfluten und „sichere“ Staatsanleihen unattraktiver machen. Die Notenbank kauft Anleihen zu jedem Preis, selbst wenn die Rendite niedrig ist. Je niedriger die Rendite, desto unattraktiver werden Anleihen für Investoren. Die Hoffnung ist durch ein Gefühl der Sicherheit und durch das Aufsaugen von hohen Volumen an Anleihen Investoren in riskantere Assets zu drängen. Für Banken wäre das der Kreditmarkt. Banken sollen Geld über Kredite in den Markt bringen. Das kann Wachstum bringen. Aber auch hier gilt, dass ohne Nachfrage nichts passieren wird.

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Nicht alle Länder sind mit niedrigen Zinsen so „gesegnet“ wie Deutschland. Hierzulande bekommt man Kredite ja schon hinterhergeschmissen. In anderen Ländern sind Kredite noch deutlich teurer. QE kann das allerdings nicht ändern. Betrachtet man wieder die USA als Beispiel, dann vergeben dort Banken auch heute noch Kredite nach strengeren Kriterien als vor der Krise. Nach einem Schock, wie wir ihn in den USA und Europa erlebt haben, hat sich das Verhalten von Banken verändert. QE wird das Risikomanagement nicht von heute auf morgen umgestalten können. Ganz nebenbei ist das auch gut so. Ein Problem war ja, dass Banken zu wenig auf die Bonität von Kreditnehmern geachtet haben.

Ein Wachstumswunder ist wegen QE nicht zu erwarten. Auch die Historie in den USA hat das gut gezeigt. Japan ist bereits wieder in der Rezession und Deflation. Rechnet man die Mehrwertsteuererhöhung im Frühjahr 2014 aus den Daten heraus, dann sinken die Preise in Japan gerade mit einer Jahresrate von einem Prozent.
QE ist trotzdem nicht ganz umsonst. Aktien dürften überproportional profitieren. Ob das gerechtfertigt ist kann man sich denken. Weiterhin wird auch der Immobilienmarkt profitieren. Keiner weiß mehr wohin mit dem Geld, fühlt sich noch immer verunsichert und weiß nichts anderes zu tun als eine Immobilie zu erwerben, weil diese als sicher gilt. Wie sicher Immobilien sind wird sich zeigen, wenn die Zinsen vielleicht doch einmal wieder steigen und Zinsbindungen auslaufen. Dann gibt es die nächste Krise.

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Am besten denkt man gar nicht über die Argumente der Notenbank nach – zumindest nicht die offiziellen. Letztlich sind ABS Kaufprogramme und QE dazu da die Währung zu schwächen unter dem Vorwand Inflation erzeugen zu wollen. Dem Export sollte es mittelfristig helfen und kann für einen leichten Aufschwung sorgen. Langfristig schwächt eine künstlich niedrige Währung allerdings die Wettbewerbsfähigkeit. Ein Allheilmittel ist es also nicht.

Die Eurozone erwirtschaftet inzwischen mit dem Rest der Welt einen Leistungsbilanzüberschuss. Das bedeutet nichts anderes, als dass Handelspartner mehr Euro kaufen müssen, um Waren aus der Eurozone zu kaufen, als die Eurozone Euro verkauft, um Waren zu importieren. Das sorgt eigentlich für Aufwertungsdruck. Hört die EZB mit ihren Programmen irgendwann wieder auf, dann steht die Eurozone auf einmal einem enormen Aufwertungsdruck des Euro gegenüber. Je tiefer der Euro jetzt fällt, desto größer wird später der Schock. Man fragt sich, wieso die Vorfreude auf QE eigentlich so groß ist.

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5 Kommentare

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  • Wolfi81
    Wolfi81

    ​Nachtrag: die im Artikel erwähnte Nachfrage kann sehr schnell ansteigen, wenn das Vertrauen in die Währung verloren geht. Aus Russland war in den Wochen vor Weihnachten ähnliches bereits berichtet worden.

    10:45 Uhr, 20.01. 2015
  • Wolfi81
    Wolfi81

    ​Unterstellt man, dass die Notenbanken nicht wie immer behauptet unabhängig sind, dann könnten die Programme auch der verdeckten Staatsfinanzierung dienen. Schließlich senken sie die Zinsen und könnten diese im Prinzip auch negativ werden lassen. Und aufgrund des gigantischen Schuldenbergs der genannten Länder hilft ihnen sowieso nur noch eine jahrelange, hohe Inflation, die man bei beliebiger Geldvermehrung irgendwann erreichen wird.

    10:41 Uhr, 20.01. 2015
  • Maddin
    Maddin

    ​Guten Tag Herr Schmale, wie immer gute Artikel von Ihnen. Lese diese sehr gerne

    09:58 Uhr, 20.01. 2015
  • Publius
    Publius

    ​Wie immer er sehr interessanter und fundierter Artikel. Daumen hoch :)

    09:35 Uhr, 20.01. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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