Kommentar
03:00 Uhr, 29.08.2009

Warum wir mit der Masse gehen…

Der Physiker Isaac Newton hat eines der zentralen Problem an der Börse einmal mit folgendem Satz auf den Punkt gebracht: „Zwar kann ich die Laufbahn der Himmelskörper berechnen, nicht aber, wohin die Menge einen Aktienkurs treibt“.

Newton gilt als eines der größten wissenschaftlichen Genies aller Zeiten und Begründer der klassischen theoretischen Physik. Das Zitat macht deutlich, wie schwierig es ist, im Börsendschungel zu überleben. Und eines wird auch klar: Intelligenz allein kann nicht der Schlüssel zum Erfolg sein.

Anleger, die sich eine Weile mit dem Phänomen Börse beschäftigt haben, bemerken mit der Zeit, dass häufig nicht das verstandesgemäße Erfassen von Daten und Fakten das eigentliche Problem ist. Die Hauptschwierigkeit liegt vielmehr in den Emotionen der beteiligten Akteure. Vereinfacht gesagt: Gier und Angst bewegen die Aktienkurse oft sehr viel stärker als das Kurs-Gewinn-Verhältnis.

Am deutlichsten wird dies in Zeiten spekulativer Übertreibungen. Dann brennen bei vielen Anlegern die Sicherungen durch, und an den Börsen werden Mondpreise für völlig überteuerte Aktien bezahlt.

Wer sich an die vielen „geplatzte Blasen“ der jüngsten Vergangenheit erinnert, und daran, was in der Folge geschah, dem wird einleuchten, dass es kein Fehler sein kann, an der Börse das genaue Gegenteil dessen zu tun, was die große Masse macht.

Eine wichtige Erkenntnis antizyklisch agierender Anleger wird in der täglichen Börsenpraxis so gut wie kaum beachtet: Nicht hektisches Hin und Her führt auf Dauer zum Erfolg, auch der weit verbreitete Irrglaube, ständig investiert sein zu müssen, ist oft eher hinderlich – fast immer übersehen wird die Tatsache, dass es manchmal die mit Abstand beste Wahl ist, einfach nur an der Seitenlinie zu stehen und abzuwarten. Wir werden das Thema in unserer Serie noch öfter ansprechen.

Wenn es also offensichtlich sinnvoll ist, sich bei Börsenengagements abseits der großen Herde zu bewegen, dann stellt sich die Frage, warum das nicht viel mehr Anleger tun. In der Regel wird man das genaue Gegenteil beobachten können: In Phasen der Flaute tendiert das Interesse an Aktien gegen Null – und erst wenn die Kurse eine ganze Zeitlang gestiegen sind, steigt die Mehrzahl der Investoren wieder ein. Dann ist es natürlich längst zu spät.

Früh übt sich...?
Doch es ist leicht zu erklären, warum kaum jemand auf die Idee kommt, den Erfolg an der Börse konsequent abseits ausgetretener Pfade zu suchen: Es ist alles andere als einfach, sich bei der Auswahl seiner Investments von der allgemeinen Stimmung abzukoppeln und eigene Wege zu gehen.

Diese Vorgehensweise entspricht nicht dem, was wir von Kindesbeinen an lernen. Ein Kind wird nicht belohnt, wenn es „bockig“ ist und sich gegen die Eltern oder seine Altergenossen stellt. Im Gegenteil: In der Regel werden Gehorsam, Konformität und soziale Fähigkeiten gefördert. Bestraft wird dagegen, wer „aufmuckt“ und sich anders verhält als die anderen.

Man erkennt das schon daran, dass das Wort „Eigensinn“ im deutschen Sprachgebrauch einen deutlich negativen Klang hat. Wer eigensinnig ist, wird von der Gruppe ausgeschlossen. Von klein auf werden wir dazu angehalten, mit der Masse zu schwimmen, das zu tun, was regelkonform und opportun ist, kurz: So zu denken und zu handeln, wie alle anderen denken und handeln.

Kein Wunder, dass wir später als gestandene Börsianer so anfällig dafür sind, uns von Phasen der Euphorie oder Panik anstecken zu lassen. Wer sich dessen bewusst ist, hat eine wichtige Lektion für das Überleben im Börsendschungel gelernt – wenn nicht sogar die wichtigste.
Probleme der Profis...
Den Profis unter den Geldanlegern geht es im Übrigen nicht anders. Auch sie handeln meist nach den klassischen Mustern, fühlen sich am wohlsten in der Herde und unternehmen nur selten den Versuch, eigene Wege zu beschreiten.

Sachzwänge spielen dabei eine wichtige Rolle: Wenn etwa ein Fondsmanager Papiere kauft, die jeder kennt – nehmen wir Siemens, Coca-Cola, oder IBM - dann kann er sich relativ "sicher" fühlen. Geht bei dem Investment etwas schief, dann ist es ein Leichtes, die Entscheidung gegenüber Vorgesetzten und Investoren zu vertreten. Schließlich befindet man sich in guter Gesellschaft. Praktisch alle weltweit anlegenden Fonds haben die genannten Papiere in ihren Depots. Ein Fehlschlag trifft also alle gleichzeitig und kein Fondsmanager muss um seinen Job fürchten, sollte eines der genannten Unternehmen in Schwierigkeiten kommen.

Bei einem antizyklischen Investment liegen die Dinge völlig anders. Was bekäme ein Vermögensverwalter wohl zu hören, sollte er es wagen, einen Titel in sein Depot aufzunehmen, der gerade eine rasante Talfahrt hinter sich hat und bei den Anlegern völlig "out" ist? Geht dabei etwas schief, was natürlich auch bei sorgfältiger Prüfung nie gänzlich ausgeschlossen werden kann, ist der Mann mit einiger Sicherheit seinen Job los.

Der Herdentrieb der Anleger führt zu einem Phänomen, das an der Börse in schöner Regelmäßigkeit und in unterschiedlichen Ausprägungen auftritt: Während es für die meisten Menschen völlig normal ist, nach Sonderangeboten zu fahnden, wenn es darum geht, ein Auto, einen Wintermantel oder die Wurst fürs Frühstücksbrot zu ergattern, läuft es an den Aktienmärkten genau anders herum:

Je höher die Notierungen klettern, desto viel versprechender erscheint vielen Anlegern ein Investment. Die Aussicht auf traumhafte Renditen lockt immer mehr Interessenten an, die Preise der begehrten Papiere werden zunehmend unwichtiger. Am Ende sind sich alle einig, dass man diese oder jene Aktie unbedingt haben muss – koste es, was es wolle.

Das gleichförmige Verhalten Tausender Anleger hat ganz offensichtlich mehr mit Psychologie und gruppendynamischen Prozessen als mit rationalem Verhalten zu tun. Erst wenn die Kurse in Atem beraubende Höhen geklettert sind, halten viele Investoren ein Engagement für vertretbar. Schließlich haben zahllose andere Anleger schon genauso entschieden und erst in der Masse fühlen sich die Menschen sicher.

Das Zeichen...
Umgekehrt wird allerdings auch ein Schuh daraus, und hier eröffnet sich dem überzeugten Kontra-Strategen ein weites Betätigungsfeld: Befinden sich die Notierungen einer Aktie, oder auch einer ganzen Branche, über einen längeren Zeitraum im Sinkflug, dann wirft die Masse der Anleger irgendwann entnervt das Handtuch und steigt aus. Nach einigen Monaten, manchmal aber auch erst nach Jahren, findet der zertrümmerte Wert dann doch einen Boden. In dieser Phase beginnen Antizykliker, das Papier zu beobachten. Schließlich zeichnet sich, von der Masse der Investoren völlig unbemerkt, eine Trendwende ab: Die Aktie beginnt wieder zu steigen.

Auf dieses Zeichen haben die Kontra-Strategen gewartet. Während die meisten Anleger den Kursanstieg entweder gar nicht bemerken oder aber viel zu ängstlich sind, um einzusteigen, können sie sich in aller Ruhe mit den Papieren eindecken. Eile ist dabei in der Regel nicht geboten: Oft dauert es eine ganze Weile, bis eine ungeliebte Aktie wieder entdeckt wird. Nach all dem „Schmerz“, den das Papier den Investoren in der Vergangenheit zugefügt hat, ist die Reaktion so verständlich wie unsinnig.

Die Gilde der hochbezahlten Analysten äußert sich in diesem frühen Stadium des Kursanstiegs übrigens in schöner Regelmäßigkeit sehr skeptisch zu den Aussichten des Unternehmens. Ein schneller Anstieg ist auch aus diesem Grund nicht sehr wahrscheinlich. Beste Voraussetzungen also für ein frühzeitiges antizyklisches Engagement mit prächtigen Gewinnaussichten.

Wo wir aktuell die größten Chancen für Gewinne abseits der Masse sehen, das erfahren unsere Leser immer als Erste.

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