Warum Wert in Value liegt
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Growth-Aktien konnten in den letzten Jahren eine Outperformance erzielen, während defensive Aktien bzw. Aktien mit geringer Volatilität zurückblieben. Dennoch boten Value-Titel keinen Schutz vor dem Corona-bedingten Ausverkauf. Warum nicht?
Claus Vorm: Seit den US-Wahlen im Jahr 2016 lag der Fokus allgemein auf Wachstums-Titeln, wenn auch mit einer gewissen Branchenrotation. Stabile Aktien mit geringem Risiko boten 2018 Schutz, als Unsicherheiten und negative Gewinnrevisionen den Markt dominierten, aber 2019 wandte sich die Aufmerksamkeit wieder den Growth-Aktien zu. Der diesjährige Corona-getriebene Ausverkauf unterschied sich deutlich von den meisten Marktrückgängen der Vergangenheit. Schwächephasen an den Märkten sind in der Regel auf Nachfrageschocks und Liquiditätsprobleme zurückzuführen. Der Ausverkauf zu Beginn des Jahres resultierte jedoch aus einem Angebotsschock: Viele Unternehmen konnten ihre Produkte während des Lockdowns nicht verkaufen. Wir sahen sehr unterschiedliche Entwicklungen bei Unternehmen, deren Geschäft durch die Corona-Pandemie gestört wurde, wie in der Kreuzschifffahrt, und Unternehmen, die von Stay-at-Home profitiert haben, wie Amazon und Netflix. Gleichzeitig haben insbesondere Growth-Aktien – die weit davon entfernt waren, eine Liquiditätskrise zu erleben – von der Unterstützung durch Zentralbanken und Regierungen profitiert.
Die Maßnahmen der Zentralbanken verzerren eindeutig das Risikoverhalten, und die Bewertung scheint keine Rolle mehr zu spielen. Ist Value Investing tot?
Claus Vorm: Die starke Ausrichtung des Marktes auf Growth-Aktien treibt derzeit die Wertentwicklung der Indizes an. Stilrichtungen wie Growth oder Value können sich einige Jahre lang unterdurchschnittlich entwickeln, aber dies ist dann zumeist auch die Zeit, in der Aktien aus dem jeweiligen Segment viel Wert ansammeln. Das letzte Mal, als wir eine vergleichbare Bewertungslücke zwischen Growth- und Value-Aktien sahen, war in der IT-Blase. Wenn die Geschichte ein Leitfaden für die Zukunft sein kann, sollte uns diese extreme Bewertungslücke daran erinnern, dass niedrige Bewertungen bei einer soliden Entwicklung der zugrunde liegenden Fundamentaldaten traditionell eine starke Quelle für zukünftige Renditen sind. Wenn ein Marktsegment übersehen und unterbewertet wird, ist dies normalerweise eine gute Anlagegelegenheit.
Wie bewerten Sie die unterschiedliche Wertentwicklung von Growth- und Value-Aktien bzw. Aktien mit geringer Volatilität?
Claus Vorm: Die Aktien, die sich stark entwickelt haben, waren im Index bereits massiv vertreten, so dass ihre Outperformance einen großen Einfluss auf die Marktrenditen hatte. Die „Big Five“ (Amazon, Facebook, Netflix, Microsoft und Google) übertrafen in den ersten acht Monaten des Jahres 2020 traditionellere Aktien – insbesondere Value-Aktien – bei weitem. Diese Outperformance führte zu einem noch höheren Gewicht dieser Titel im Index, und die Anleger trieben die Kurse weiter nach oben. Diese Aktien haben nun äußerst hohe Wachstumsniveaus eingepreist (30-35 % längerfristiges Wachstum für Amazon und Netflix, die beim rund 60-Fachen ihres Gewinns handeln): Leichte Enttäuschungen könnten hier zu einem starken Kursrisiko führen. Aus diesem Grund besitzen wir im Nordea 1 – Global Stable Equity Fund keine derartigen Aktien.
Was könnte die extreme Bewertungslücke zwischen Wachstumsaktien und defensiveren, stabileren Aktien ins Wanken bringen?
Claus Vorm: Der offensichtlichste Destabilisator der derzeit hohen Bewertungen von Wachstumsaktien wäre, wenn sie die Gewinnerwartungen nicht erfüllen würden. Bei einem derart hohen Vielfachen gibt es hier wenig Spielraum bei Enttäuschungen. Andere Faktoren, die den aktuellen Wachstums/Momentum-Trend beeinflussen könnten, wären verschiedene Arten von Nachrichtenflüssen, die den Markt allgemeiner beeinflussen, wie die US-Wahlen, ein Covid-19-Impfstoff oder ein sich verschlechterndes Makrobild.
Lassen sich die derzeit günstigen Bewertungen von Value-Titeln nutzen?
Claus Vorm: Die Hauptmerkmale, auf die wir uns immer konzentriert haben, sind die Stabilität der zugrunde liegenden Fundamentaldaten der Unternehmen und eine attraktive Bewertung. Wir kaufen keine reinen Value-Aktien, die zu einer „Value-Falle“ werden könnten: Starke Fundamentaldaten unterstützen unser Portfolio. Das historische und das prognostizierte Gewinnwachstum unserer Unternehmen ist viel stabiler als das des breiteren Marktes. Die Fehlausrichtung zwischen der fundamentalen Entwicklung unserer stabilen Aktien und der Wertentwicklung hat zu einer großen Bewertungslücke zwischen dem Markt und dem Portfolio geführt, und wir finden die aktuelle Bewertung sehr attraktiv. Die Kombination aus deutlich erwarteter Gewinnentwicklung für die Aktien im Portfolio und attraktiver Bewertung verleiht uns eine sehr starke Überzeugung. Wir glauben, dass stabile Aktien ein äußerst interessantes Investment-Objekt darstellen.
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