Kommentar
20:42 Uhr, 02.04.2009

Warum steigt der Preis des konjunktursensiblen Kupfers, wenn es der Wirtschaft schlecht geht?

Erwähnte Instrumente

  • Kupfer
    ISIN: XC0007203216Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (ARIVA Indikation)

Krisenstimmung in der Weltwirtschaft: Exporte brechen ein, Banken gehen pleite, weltweit gehen Millionen Arbeitsplätze verloren. Und der Kupferpreis steigt Jahresbeginn um fast 50 Prozent. Nicht wenige Anleger mögen sich in diesen Tagen fragen, wie das zusammenpasst. Vor allem vor dem Hintergrund, dass technische Analysten sogar noch weiteres Steigerungspotenzial sehen. Vom Tief im Dezember bei 2850 US-Dollar/Tonne könnte der Kupferpreis in den kommenden Monaten bis auf 5000 US-Dollar/Tonne klettern, glaubt Harald Weygand, Head of Trading bei dem Finanzportal Godmode-Trader.de. Damit hätte sich der Preis des konjunktursensiblen Metalls fast verdoppelt.

Die Preisaufschläge beim Kupfer sind unserer Meinung ein Signal dafür, dass die Märkte der Möglichkeit einer lang anhaltenden Deflation in der Weltwirtschaft eine geringere Wahrscheinlichkeit beimessen. Eine Abwendung von Deflationsgefahren entspricht einer Hinwendung zu Inflationsgefahren - dies eskomptieren die Märkte als Ergebnis des „quantitative easing“ der Zentralbanken und der Neuverschuldung der Regierungen. Außerdem meldeten Großbanken aus den USA, dass sie im Kerngeschäft wieder hohe Gewinne schreiben. Dies deutet auf eine Stabilisierung des Finanzsystems hin. Dies steigert auch die Hoffnungen auf eine Umkehr der die Krise charakteristierenden Kausalkette: Ursprünglich führte eine Eiszeit am Geldmarkt zu einer dramatischen realwirtschaftlichen Eintrübung. Nun steigt die Hoffnung, dass eine Normalisierung am Geldmarkt wieder die Konjunktur stützt.

Neben diesen Hoffnungen gibt es auch ganz handfeste Maßnahmen, die zu einer steigenden Kupfernachfrage führen. Ein großer Teil der weltweit verabschiedeten Konjunkturprogramme sieht Infrastrukturinvestitionen vor, für die in den nächsten Jahren Kupfer in großen Mengen benötigt wird. Ganz unmittelbar hat sich der Aufbau strategischer Vorräte in China ausgewirkt. 300,000 Tonnen des Halbedelmetalls erwarb die chinesische Regierung seit Jahresbeginn, was die Kupferimporte des Landes um über 50 Prozent über das Vorjahr hob. Die Lagerbestände an der Londoner Metallbörse LME sind seither spürbar zurückgegangen – von 550,000 Tonnen Mitte Februar bis auf knapp unter 500,000 Tonnen.

Ein drittes Puzzleteil zur Erklärung der Preissteigerungen beim Kupfer liegt in der Entwicklung des US-Dollars. Dieser wurde durch die Ankündigung der Fed, Staatsanleihen der eigenen Regierung aufkaufen zu wollen, um diese weiterhin mit Kapital zu versorgen, spürbar geschwächt. Da Kupfer weltweit in US-Dollar gehandelt wird, führte diese Abwertung dazu, dass Kupfer für ausländische Käufer günstiger wurde. Dies wiederum beflügelte die Nachfrage erneut.

Ob die jetzige Bewegung lediglich eine Zwischenerholung ist, auf die neue Tiefstpreise beim Kupfer folgen, bleibt allerdings abzuwarten.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

Mehr über Jochen Stanzl
Mehr Experten