Kommentar
09:12 Uhr, 23.02.2016

Von wegen Deflation: Die Inflation ist zurück!

Anleger, Notenbanker und Politiker sorgen sich derzeit um Vieles. Darunter ist eine Sorge nicht zu finden: Inflation. Das ist ein Fehler.

Mario Draghi muss sich möglicherweise bald ein neues Lieblingsthema (Deflation und die Bekämpfung davon) suchen. Die Inflation ist nämlich zurück – so gut wie zumindest. Inzwischen haben die meisten Länder weltweit die Inflationsdaten für Januar gemeldet. Das dabei entstandene Bild ist überraschend.

Grafik 1 zeigt die Inflation zu Beginn des aktuellen Jahres und die Teuerungsrate vor einem Jahr. Vor einem Jahr sanken die Preise in den USA, in Deutschland und auch dem Rest der Eurozone, in Großbritannien, in Schweden und Dänemark. Solide Teuerungsraten zeigten Kanada, Australien und China. Doch den Notenbanken waren die Werte tendenziell zu niedrig. Die meisten Notenbanken haben ein Inflationsziel von 2 %. Davon waren bis auf Norwegen alle weit entfernt.

Jetzt, ein Jahr später, ist das Bild ein vollkommen anderes. In den USA schiebt sich die Inflation zu Jahresbeginn stark nach oben und erreicht 1,4 %. China erreicht fast wieder die Marke von 2 %, ebenso wie Kanada und Australien. Norwegen überschießt die Marke von 2 % deutlich.

Noch ist die Inflationsrate in den meisten Ländern deutlich unter 2 %. Der Trend stimmt fast überall. Nur in Japan geht die Inflation derzeit wieder zurück. Alle anderen Länder zeigen eine positive Entwicklung. Nicht alle Länder haben den Schritt aus der Deflation geschafft. Spanien gehört zu dieser Ländergruppe, doch immerhin ist die Teuerungsrate deutlich weniger negativ als noch vor einem Jahr.

Der weltweite Inflationssprung kam zu einer Zeit, in der Rohstoffpreise neue Tiefs erreichten. Es braucht einige Wochen, bis sich diese Entwicklung zu 100 % in den Daten widerspiegelt, doch auch vor Januar war es ja nicht so, dass Rohstoffpreise stiegen...

Der Inflationsanstieg scheint trotz der fallenden Rohstoffpreise geglückt zu sein. Setzt sich die Entwicklung wie im Januar fort, dann liegt die Inflation Ende 2016 in den meisten Ländern bei mehr als 2 %. In den USA könnte die Teuerungsrate 3 % erreichen. Kanada und Australien sind ebenfalls heiße Kandidaten für eine Inflationsrate von über 3 %.

Wenn sich die Rohstoffpreise bis Mitte des Jahres weiter stabilisieren und danach wieder zu steigen beginnen, dann übt das zusätzlichen Druck auf die Preise aus. Der Preisauftrieb wird überraschend hoch werden. Das 2 % Ziel der meisten Notenbanken wird deutlich überschritten. 3 % Inflation dürfte in vielen Ländern alltäglich sein.

In einem solchen Szenario, welches ich persönlich für gar nicht einmal so unwahrscheinlich halte, werden Notenbanken unter Druck geraten. In der Eurozone wird überlegt die Geldpolitik weiter zu lockern. Setzt sich der aktuelle Trend jedoch fort, dann kommt diese zusätzliche Lockerung nur wenige Monate bevor die Inflation von ganz alleine wieder 2 % erreicht. Die EZB wird große Probleme haben die große Geldmengen wieder schonend aus dem Markt abzuschöpfen.
Gegen Jahresende werden Zentralbanken vor einem neuen Problem stehen. Sie wollten mit aller Macht Inflation erzeugen und dann ist sie plötzlich und ziemlich unerwartet da. Was werden die Notenbanken tun? Werden sie die Zinsen rasch erhöhen und damit den Aufschwung abwürgen?

Was auch immer Notenbanken tun werden, für Aktien ist eine Inflationsüberraschung nicht gut. Steigen die Produktionskosten, unter anderem wegen steigender Löhne, dann können Unternehmen die gestiegenen Kosten meist nur langsam an Kunden weitergeben. Es kommt in den Anfängen eines Inflationsanstiegs zu einer Absenkung der Gewinnmargen. Das findet zu einer Zeit statt, da die meisten Unternehmen schon mehrere Quartale sinkende Gewinne vorzuweisen hatten.

Kein weiß wie lange die Inflation bleiben und wie hoch sie sein wird. Man kann jedoch sagen, dass in Zeiten hoher Inflation, vor allem in Zeiten eines raschen Anstiegs der Teuerungsrate, Aktien keine besonders gute Performance zeigen. Grafik 2 fasst solche Phasen für die USA, Frankreich und Großbritannien zusammen. In den USA verlieren Aktien real an Wert, wenn die Inflation überdurchschnittlich steigt. In Frankreich ist das Bild nicht so klar. Der Inflationsschutz von Aktien scheint jedoch begrenzt zu sein. In Großbritannien konnte man bisher eine systematische Underperformance von Aktien feststellen.

Das Risiko der Inflation hat kaum jemand auf der Agenda. Notenbanken haben so lange von Deflation geredet, dass nun alle daran glauben und die Zeichen eines Inflationsanstiegs übersehen. Der Markt ist gerade über einen globalen Wirtschaftsabschwung beunruhigt. Diese Beunruhigung kommt ungefähr 6 Monate zu spät. Die Inflationsdaten deuten an, dass sich die Weltwirtschaft gerade kräftig erholt.

Die Erholung der Weltwirtschaft ist grundsätzlich eine gute Nachricht. Wird diese Erholung jedoch von einer zu hohen Inflation begleitet, dann sinken die Margen der Unternehmen relativ stark und schnell. Das wiederum führt dazu, dass sich das Wirtschaftswachstum nicht in steigenden Unternehmensgewinnen widerspiegelt.

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31 Kommentare

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  • Pudelbirne
    Pudelbirne

    wieso verunsichert es die leser und trägt nicht zur aufklärung bei? es trägt gerade dazu bei verschiedene positionen zu durchleuten und gesamtheitlich aufzuklären. sonst würde man ja einer vorgefertigten meinung folgen und was passiert, wen diese nicht stimmt bzw. zum tragen kommt? im zweifel verluste auf diversen konten ;)

    14:29 Uhr, 23.02.2016
  • phenolo
    phenolo

    Sehr guter Kommentar! Bitte überzeugen Sie dann aber noch Ihren Kollegen Bernd Lammert, der gerade einen Kommentar veröffentlicht hat, in dem er sich mit dem schwachen ifo-Index und der schwachen Weltkonjunktur befasst. Es fällt mir leider immer wieder auf, dass auf Godmode laufend widersprüchliche Kommentare veröffentlicht werden. Das kann man als Meinungsvielfalt auslegen, es verunsichert allerdings die Leser und trägt somit nicht zur Aufklärung bei.

    13:56 Uhr, 23.02.2016
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Hallo?! Es geht doch gar nicht um Inflationserzeugung (oder wenn dann nur ganz am Rande). Hier geht es schlicht und ergreifend um Bankenrettungen, vorzugsweise aus der bankrotten Südschiene der EU. Das Inflationsraten jetzt steigen war schon vor 6 Monaten klar - Stichwort Basiseffekt. Auf den Sie sonderbarerweise überhaupt nicht eingehen, schade

    12:31 Uhr, 23.02.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Meiner Einschätzung nach sind die steigenden Inflationsraten kein Ausdruck einer konjunkturellen Erholung sondern die Folge der massiv gestiegenen Geldmenge.

    Zur allgemeinen Verfassung unseres Geldsystems passt das ganz hervorragend: Wir sind im Endspiel, das sollte allmählich klar werden...

    10:43 Uhr, 23.02.2016
    4 Antworten anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • Chamäleon
    Chamäleon

    Dann müsste ja auch der Bund Future deutlich zurück kommen. Oder?

    09:58 Uhr, 23.02.2016
  • 1 Antwort anzeigen
  • marigold
    marigold

    Um die Europäische Inflation mach ich mir keine sorgen, die stieg bis jetzt noch nicht nachhaltig. Jedoch liegt die Amerikanische Kerninflation Jänner / teil Februar bei 2,2% !!!

    Also schon über den 2% . Sollte es zu einer Öl Förderungs Begrenzung kommen, wär sind Ölpreis von 50$-60$ anzunehmen also rund 100% vom jetzigen Niveau. Für die US Inflation würde das ein hochschießen der Inflation auf 3% bedeuten und das innerhalb kürzester Zeit.

    Eine Zinserhöhung auf 0,5-0,75% im März wäre unausweichlich, das würde den Dollar weiter stärken und die Einnahmen der Amerikanischen Unternehmen belasten, zudem die Schwellenländer die durch Dollar finanzierten Staatshaushalte wahnsinnig in Bedrängnis bringen.

    Sehr schwieirg derzeit.

    09:46 Uhr, 23.02.2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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