Kommentar
07:50 Uhr, 18.06.2024

Verfallstags-Update zum großen Juni-Verfallstag im DAX

Die EU-Parlamentswahl hat Anlegern wie Stillhaltern gleichermaßen einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.

Damit sind auch die bisherigen Verfallstagsszenarien hinfällig. Ein Update ist nötig, aber die anhaltende bzw. zunehmende Unsicherheit macht auch neue Planspiele wenig verlässlich.

Die charttechnische Lage nach dem Abverkauf

Beginnen wir diesmal mit dem Blick auf den Chart, denn der Kursverlauf setzt nun die Akzente für den Verfallstag, weniger die Verfallstagskonstellation:

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Bei schematischer Chartinterpretation stellt sich der Verlauf in der Vorwoche so dar, dass der DAX mit einem kurzen Rücksetzer zu Wochenbeginn zunächst die Unterkante des grauen Unsicherheitskeils sowie die gestrichelte Aufwärtslinie bestätigt hat (grüner Pfeil). Danach trug eine Gegenreaktion den Kurs wieder zurück über das Hoch von Anfang April oberhalb von 18.500 Punkten (dicke rote Linie).


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Doch dieser Ausbruch entpuppte sich als Bärenfalle (roter Pfeil): Am Donnerstag fiel der Kurs dynamisch zurück, durchbrach die gestrichelte Aufwärtslinie und beendete den Handel erneut an der Unterkante des grauen Keils. Wie so häufig nach Bullenfallen ging der Abverkauf am Freitag weiter, wobei auch noch der Unterstützungsbereich oberhalb von 18.200 Punkten genau in einem Kreuzwiderstand (roter Kreis) durchschlagen und der flache blaue Trend gebrochen wurde. Erst an der runden 18.000er Marke kam der DAX vor dem Wochenende zum Stehen.

Die graue Unsicherheitsformation wurde damit ganz klassisch nach unten aufgelöst. Aus charttechnischer Sicht wäre nun eine größere Seitwärtsbewegung innerhalb des gelben Rechtecks möglich, sofern der DAX nicht nachhaltig über 18.000-Punkte bleibt. Im Rahmen dieser Seitwärtsbewegung wäre aber ein (Fehl-)Ausbruch nach unten zu erwarten – als Pendant zu dem Ausflug des DAX über die rote Linie im Mai.

Achtung, politische Börse!

So weit die charttechnische Lage. Nun dürfen wir jedoch die Hintergründe für diesen Kursverlauf nicht ausblenden – das Ergebnis der EU-Parlamentswahl und insbesondere der Beschluss zu Neuwahlen in Frankreich. Das hat in einer ersten Reaktion am Montag und Dienstag zunächst zu starken Abschlägen bei französischen Bankaktien, dann auch bei italienischen geführt. Beide Länderindizes waren im Wochenverlauf die schwächsten der großen Indizes.

Wir haben es also zurzeit mit einer politischen Börse zu tun. Diese hat zwar die sprichwörtlichen kurzen Beine, aber kurzfristig – und damit durchaus noch bis zum Verfallstag am Freitag – kann sich dieser Faktor noch negativ auswirken.

Die Abschläge vom Donnerstag und Freitag wurden dadurch ausgelöst, dass die Anleger weitere Euro-Aktien verkauften, insbesondere zyklische Werte der Automobil-, Bau-, Chemie- und Industriebranchen. Die Unsicherheit weitet sich also sogar noch aus und könnte daher bis zum Verfallstag anhalten. Zumal selbst Frankreichs Finanzminister aus unverständlichen Gründen über eine Finanzkrise spekuliert.

Überraschendes im Verfallstagsdiagramm

Aus diesen Perspektiven – charttechnisch und politisch – nun der Blick auf das aktuelle Verfallstagsdiagramm. In diesem sind die aktuellen Positionen hellblau/hellrot dargestellt, die satten Farben entsprechen den Werten der Vorwoche. Damit können wir die Änderungen im Wochenverlauf verfolgen:

Verfallstags-Update-zum-großen-Juni-Verfallstag-im-DAX-Kommentar-Torsten-Ewert-stock3.com-2

Quelle: https://www.stockstreet.de/boersen-tools/verfallstag-diagramm#/

Überraschenderweise haben seit der ersten Juni-Woche vor allem die Call-Positionen (blau) zugenommen. Neue Put-Positionen (die man angesichts des Kursgeschehens erwarten konnte), gibt es dagegen kaum.

Aus Sicht der Verfallstagskonstellation ist der Druck auf den DAX zunächst raus: Bei Stand von rund 18.000 Punkten am Freitag sind die großen Put-Positionen im Bereich von 18.440 bis 18.000 Punkten (gelbes Rechteck) aus dem Geld und damit gegebenenfalls abgesichert. Unterhalb der runden 18.000er-Marke liegen zunächst keine weiteren größeren Positionen.

Nach unten sollte der DAX nun gut abgesichert sein

Erst bei 17.800/700 Punkten gibt es die nächsten nennenswerten Positionen (grünes Rechteck). Diese dürften aber eher unterstützend auf den DAX wirken, da knapp darunter, bei gut 17.600 Punkten, die markante Unterstützung durch die Tiefs von Marz/April verläuft. Insbesondere die Stillhalter der dortigen Positionen dürften daher tendenziell versuchen, diese Positionen zu verteidigen, statt sie ins Geld laufen zu lassen.

Aber bis dahin könnte der DAX zunächst noch absacken, auch wenn er heute über 18.000 Punkte blieb. Denn die erste Gegenreaktion wurde gleich wieder abverkauft und der Ausbruch aus dem blauen Trend bestätigt (schwarzer Pfeil).

Weitere stärkere Rückfälle sind jedoch zu erwarten, wenn ein erneuter Panikschub die Aktienmärkte erfasst, also die politischen Aspekte die Oberhand über die markttechnischen behalten.

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Über den Experten

Torsten Ewert
Torsten Ewert

Torsten Ewert hat nach dem legendären Crash von 1987 die Welt der Börse für sich entdeckt – und nach und nach alle Möglichkeiten ausprobiert, die sich engagierten Privatanlegern im Lauf der Jahre anboten: Zunächst neben Aktien also vor allem Hebelprodukte, wie Optionsscheine und Zertifikate, später dann auch Futures, Optionen und CFDs. Seit inzwischen mehr als 15 Jahren arbeitet er erfolgreich als hauptberuflicher Trader, hauptsächlich mit Aktien und Aktienoptionen.

Torsten Ewert macht seinen reichen Erfahrungsschatz auch anderen Anlegern zugänglich. So betreut er seit mehr als 10 Jahren erfolgreich zwei Börsenbriefe für langfristige, strategische Geldanlagen, die sich nach wie vor hoher Wertschätzung durch seine Leserinnen und Leser erfreuen. Darüber hinaus gibt Torsten Ewert auch Seminare und hält Vorträge zu verschiedenen Börsenthemen.

Bei stock3 wird Torsten Ewert hauptsächlich über fundamentale und geopolitische Aspekte des Börsengeschehens schreiben sowie auf Spezialthemen eingehen, wie Insidergeschäfte oder Short-Aktivitäten bei Aktien.

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