Kommentar
07:22 Uhr, 20.05.2016

Value-Trap: Vor diesem Fehler sollten Sie sich hüten!

Eine "Wert-Falle" ist tückisch. Aktien von Unternehmen sehen nach einer Korrektur günstig aus, jedoch nur auf den ersten Blick. Anleger erwarten einen großen Rebound, doch er kommt nie.

Erwähnte Instrumente

  • Macy's, Inc.
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  • Steilmann SE
    Aktueller Kursstand:  
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Wenn ganze Sektoren ohne offensichtlichen Grund korrigieren, dann kann Anlegern schon einmal das Wasser im Mund zusammenlaufen. Gibt es keinen Grund für eine Korrektur, dann sehen Aktien von sonst soliden Sektoren plötzlich günstig aus. Man kann sie zu einem niedrigen Kurs-Gewinn- oder Kurs-Buchwert-Verhältnis (KGV/KBV) kaufen. Oftmals weisen diese Unternehmen auch eine hohe Dividendenrendite aus.

Sehr günstige Bewertungen können täuschen

Kann man ein Unternehmen mit einem Abschlag auf seinen inneren Wert kaufen und bekommt dafür noch eine hohe Dividendenrendite, was kann da noch schiefgehen? – Viel! Denn nur, weil ein offensichtlicher Grund für die Korrektur fehlt, heißt das nicht, dass es keine Probleme gibt.

Ein Beispiel: Zu Beginn des Ölpreiscrashs korrigierten viele Aktien außerordentlich stark. Viele Analysten und Anleger gingen von einem raschen Rebound der Ölpreise aus. Sie kauften Anfang 2015 beherzt Ölaktien, denn diese notierten teils unter ihren Vermögenswerten und wiesen in Einzelfällen zweistellige Dividendenrenditen aus.

Die Hoffnung auf einen Rebound bestätigte sich nicht. Nun sitzen Anleger auf Aktienkursen, die deutlich tiefer stehen als vor einem Jahr. Inzwischen haben die Unternehmen hohe Abschreibungen auf ihre Vermögenswerte vorgenommen. Aktien notieren nun nicht mehr zu hohen Abschlägen. Gleichzeitig wurden die Dividenden gekürzt oder gleich ganz gestrichen.

Auf den ersten Blick sahen Käufe von Ölaktien wie ein idiotensicheres Investment aus. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass der Wert, den viele gesehen haben, gar nicht mehr vorhanden war. Anleger liefen in eine Value-Trap.

Modebranche und Warenhäuser - die nächste Falle für Value-Anleger?

Das gleiche kann Anlegern nun bei Warenhausketten und Bekleidungsunternehmen passieren. Der Sektor korrigiert fast überall auf der Welt. Die Aktien großer Kaufhausketten wie etwa Macy’s notieren inzwischen an die 60 % unter ihren Allzeithochs. Macy’s ist an der Börse inzwischen nur noch knapp 10 Mrd. Dollar wert. Demgegenüber steht ein Umsatz von 27 Mrd. und ein Jahresgewinn von einer Milliarde. Das KGV liegt bei 10 und die Dividendenrendite bei knapp 5 %. Das sieht extrem verlockend aus, insbesondere nachdem die Aktie so stark verloren hat.

Macys Inc
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Es scheint, als könne beim Kauf der Aktie gar nichts schiefgehen. Auch das wirtschaftliche Umfeld ist freundlich. US Konsumenten bewiesen im April Kauflust. Die Einzelhandelsumsätze stiegen um 1,3 %. Was Händler noch mehr freuen dürfte ist die Rückkehr der Konsumenten zum Konsum auf Pump. Grafik 1 zeigt die Entwicklung der Konsumkredite in den USA.

Nach dem Einbruch der Kreditaufnahme während der Großen Rezession gab es zunächst einen Rebound bei Festkrediten, die z.B. 60 Monate lang laufen und für den Autokauf genutzt werden. Dieses Kreditvolumen bringt Einzelhändlern wenig. Für sie ist relevant mit wie viel Freude Amerikaner Kreditlinien nutzen, sei es direkt bei der Bank oder über Kreditkarten (erneuerbare Kredite). Diese beginnen nun wieder schneller zu steigen und schließen zum Wachstum der Festkredite auf.

Reihenweise Pleiten und große Probleme

Gestiegene Konsumlaune und Konsum auf Pump spielt Unternehmen wie Macy’s eigentlich in die Hände – eigentlich. Von dem Wachstum kommt bei den Kaufhäusern und Einzelhändlern wenig an. Inzwischen kann man schon fast von einer Bankrottwelle unter den Kaufhaus- und Modeketten reden.

In den letzten Wochen gingen zahlreiche Ketten unter, darunter Aeropostale, Pacific Sunwear, Sports Authority, Quicksilver, Vestis Retail Group, Hancock Fabrics, American Apparel usw. Die meisten dieser Ketten sind nicht unbedingt weltweit bekannt, doch in den USA haben sie teils hunderte eigene Geschäfte, von denen nun ein Großteil geschlossen wird.

In Deutschland sieht es nicht anders aus. Der Adler Großaktionäre Steilmann meldete wenige Monate nach Börsengang Insolvenz an. Das Bremer Modeunternehmen Zero meldete vor wenigen Wochen ebenfalls Insolvenz an. Auch bei Unternehmen wie Hugo Boss läuft es nicht rund. Man muss sich nur den Aktienkurs ansehen.

Steilmann SE
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HUGO BOSS AG
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Die Branche ist eindeutig in der Krise. Bei vielen Firmen fällt das in den Bilanzen noch nicht auf. Sie sehen daher wie Schnäppchen aus, doch die Bankrottwelle jenseits der ganz großen Ketten sollte zu denken geben. Es läuft etwas Grundlegendes schief.

Viele der Kaufhaus- und Modeketten haben wichtige Trends verschlafen

Sie haben zu wenig in den Online-Handel investiert. Amazon könnte Macy’s bereits im kommenden Jahr als größter Modehändler ablösen. Traditionelle Unternehmen versuchen gegenzusteuern. Einerseits wollen sie den Online-Handel ausbauen, andererseits schließen sie Läden und entlassen Mitarbeiter am laufenden Band. Das alles kommt möglicherweise viel zu spät.

Dass es extrem schwierig ist aus einem Abwärtstrend herauszukommen, wenn er erst einmal begonnen hat, zeigten auch schon frühere Insolvenzen. Einer der größten Elektronikhändler der USA, Radioshack, musste trotz jahrelanger Bemühungen letztlich doch Insolvenz anmelden. Nicht jede Einzelhandelskette wird in den Bankrott gehen. Der Sektor dürfte mit seiner Konsolidierung und Neuausrichtung allerdings erst am Anfang stehen und nicht am Ende.

Für Anleger bedeutet dies, dass sie die Value-Trap unbedingt vermeiden sollten. Nur weil die Aktien derzeit günstig aussehen bedeutet das nicht, dass sie es auch sind.

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12 Kommentare

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  • Fredo Escalade
    Fredo Escalade

    Huch, da sind ja einige Pleite gegangen...

    Danke für den Artikel.

    Hatte mir zuletzt BOSS, DIOR und PVH auf die Watchlist gesetzt. Diese sind eher im Luxussegment tätig und m.M.n. nicht so schell insolvenzbedroht.

    DENNOCH ist Ihr Artikel für - nochmals - grundsätzlichere Überlegungen ein guter Anstoß und sehr hilfreich.

    Besten Dank und VIELE GRÜßE

    13:56 Uhr, 20.05. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Ein guter Hinweis. Besonders fatal sind fundamentale Bewertungskennzahlen, wenn sie so "günstig" sind, dass eine Pleite vor der Tür steht. Das KBV ist hier besonders hilfreich: Werte von 0,01 oder noch weniger sind sehr oft ein Indiz für eine nahende Insolvenz.

    10:20 Uhr, 20.05. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • netzadler
    netzadler

    sehr interessantes thema

    so sehe ich das auch, aber man bezahlt natürlich Lehrgeld, wenn man das makroumfeld vernachlässigt.

    öl und kohle sind tot, eine menge davon wird nicht mehr gefördert werden. das wissen natürlich alle und werden jetzt noch versuchen loszuschlagen, was irgendwie geht.

    genauso wird es bei den banken aussehen. der markt wird extrem fragmentiert, es kommen Wettbewerber ohne ende dazu. von den Margen der Vergangenheit kann man sich verabschieden.

    das nächste große ding sind vielleicht sogar die Autos. es geht zwar erstmal in Richtung elektro und autonomes fahren. aber der große zustrom weltweit in Ballungszentren könnte das ganze limitieren. für Autopendelei wird da kein platz mehr sein, da wird es andere verkehrskonzepte geben. und ob sich jeder ein Auto in die Garage stellt, wenn er es nicht täglich nutzt, sondern bloß mal am Wochenende und im Urlaub? fürs einkaufen braucht man es künftig wohl auch nicht mehr, wenn die supermärkte liefern.

    ich würde längerfristig eher in Fahrräder als in Autos investieren.

    08:20 Uhr, 20.05. 2016
  • Weißer Ritter
    Weißer Ritter

    Und diese Warnung vor dem Modesektor erscheint mir ebenfalls sehr berechtigt.

    07:55 Uhr, 20.05. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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