USD bleibt fest - US-Rettungsplan nimmt 1. Hürde - US-Verschuldungssituation ein Drama!
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Der Euro eröffnet heute bei 1.3940 im Dunstkreis der Tiefstkurse des asiatischen Handels bei 1.3932. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY derzeit auf 105.75. "Carry-Trades" stehen unter Druck. EUR-JPY notiert bei 147.40, während EUR-CHF bei 1.5730 oszilliert.
Der US-Rettungsplan wurde gestern vom US-Senat (74 Ja-, 25 Nein-Stimmen) genehmigt. Der Rettungsplan wurde zuvor mit Steuergeschenken und einer Erhöhung der Einlagensicherung von 100.000 auf 250.000 USD angereichert und damit von 700 Mrd. USD auf ein Volumen von 810 Mrd. USD aufgebläht. Der Plan wartet nun auf die "Hürde" Repräsentantenhaus, wo die erste Fassung dieses Plan diese Woche durchgefallen war.
Dieser Plan hilft fraglos ein Segment des US-Finanzmarkts, den Sektor für hypothekenbesicherte Anlagestrukturen, partiell wiederzubeleben. Der Ankauf dieser derzeit ansonsten nicht vermarktbaren Papiere ermöglicht es Finanzinstitutionen sich von diesen Titeln zu trennen und damit Verluste festzuschreiben. Ergo haben Finanzinstitutionen dann klarere Planungsgrundlagen. Durch die Verluste, die dann festgeschrieben sind, ergibt sich zwangsläufig eine festgeschriebene verminderte Kreditvergabefähigkeit. Mithin ist mit diesen Maßnahmen keine qualitative Verbesserung der Kreditvergabefähigkeit verbunden. Lediglich Planungssicherheit wird forciert.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie dieses Programm im Volumen von 810 Mrd. USD, oder knapp 6% des US-BIP finanziert werden soll. Will der US-Staat als Konkurrent am Kapitalmarkt, der ohnehin ausgetrocknet ist, auftreten? Würde damit die Gesamtsituation am Kapitalmarkt nicht massiv belastet? Oder entscheidet man sich direkt über die Zentralbank zu monetarisieren (Gesetzesänderung hin oder her…)? Das würde dann ja auch der Fed wieder mehr Raum für Wertpapiertauschoperationen geben. Die US-Treasury und Fed übernehmen faktisch immer größere Teile der "wertlosen" oder "wertverminderten" Anlagen. Was sagt das schlussendlich über die Qualität der Fed und des Finanzministeriums aus? Diese Frage wird derzeit laut überhört!
Dabei ist diese Frage auch vor dem Hintergrund der Dynamik der Neuverschuldung in den USA zwingend geboten. Der Staat ist ultimativ nichts anderes als die Summe der Wirtschaftssubjekte in einer durch Grenzen festgelegten Region. Die privaten Haushalte sind finanziell erschöpft, die Banken sind finanziell erschöpft, die Automobilbauer sind finanziell erschöpft, die Baubranche ist finanziell erschöpft, die Konsumbranche schwächelt und die Immobilienbranche strauchelt. Diese Gesamtheit der Wirtschaftssubjekte baut jetzt individuell Leverage ab und der Staat als Gesamtheit dieser Wirtschaftssubjekte baut Leverage auf. Kennen Sie den Spruch linke Tasche - rechte Tasche!
Die verfassungskonforme Staatsverschuldung für das per 30.09.2008 abgelaufene Fiskaljahr stellte sich auf 10.024 Mrd. USD, nach 9.007 Mrd. USD per 30.09.2007. Mithin lag die Neuverschuldung der USA im abgelaufenen Fiskaljahr bei einem historischen Höchstwert von 1.017 Mrd. USD. Das entspricht einer Zunahme um gut 7% des US-BIP.
Werfen wir einen kurzen, aber prägnanten Blick auf die auslaufende Präsidentschaft von George Walker Bush. Von 1776 bis zum Jahr 2000 benötigten diverse US-Präsidenten um ein öffentliches Defizit in der Größenordnung von 5.662 Mrd. USD aufzubauen. Mithin reden wir hier von nicht zu verachtenden 224 Jahren. In weniger als 8 Jahren Präsidentschaft von George Walker Bush wurde diese Verschuldung auf 10.024 Mrd. USD katapultiert. Wir reden hier über eine Zunahme um 77%. Diese 77% sind nichts anderes als eine Zukunftsverweigerung für die nachkommenden Generationen der USA.
Die Tatsache, dass der USD vor diesem Hintergrund freundlich tendiert ist nicht auf fundamentale Stärke zurückzuführen, denn die ist nicht gegeben. Vielmehr ist es der USD-Liquiditätsmangel, der eine treibende Kraft darstellt.
Wenden wir uns damit den gestrigen US-Wirtschaftsdaten zu:
Der US-Automobilabsatz brach per September von zuvor 13,68 auf annualisiert 12,52 Mio. Kraftfahrzeuge ein. Im Jahresvergleich ergab sich damit ein Absatzrückgang um 23%. Damit stellte sich das niedrigste Ergebnis seit Januar 1992 ein.
Laut dem "Challenger Report" wurden per September Massenentlassungen mit 95.090 betroffenen Jobs angekündigt. Gegenüber dem Vormonat entspricht das einer Zunahme um 7,2%. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 32,6% ein.
Der ADP-Employment Report, der eine Messung der Beschäftigungsentwicklung in der US-Privatwirtschaft bietet, lieferte gestern eine leichte Positive Überraschung mit einem Rückgang um nur 8.000 Jobs per September (Prognose -60.000). Der Vormonatswert wurde von -33.000 auf -37.000 angepasst. Wir nehmen das Resultat zur Kenntnis.
Die US-Bauausgaben waren im Monatsvergleich unverändert. Die Prognose war bei -0,5% angesiedelt. Der Vormonatswert wurde von -0,60% auf -1,4% revidiert, so dass das aggregierte Zweimonatsergebnis im Hinblick auf die Erwartungshaltung als enttäuschend klassifiziert werden muss.
Der ISM-Index kollabierte unerwartet von zuvor 49,9 auf 43,5 Punkte (Prognose 49,5). Damit wurde das niedrigste Niveau seit 2001 markiert. Die Subindices spiegelten diesen Einbruch umfänglich. So sank der Produktionsindex von 52,1 auf 40,8 Zähler. Der Beschäftigungsindex verlor von 49,7 auf 41,8 Punkte. Der Auftragsindex verlor von 48,3 auf 38,8 Punkte. Das Bild ist schlicht weg und einfach nur ernüchternd!
Die Daten der Eurozone konnten gleichfalls nicht überzeugen:
Die Arbeitslosigkeit nahm in der Eurozone per August von zuvor 7,4% (revidiert von 7,3%) auf 7,5% zu. Die prognose war bei 7,3% angesiedelt.
Der Einkaufsmanagerindex für das produzierende und verarbeitende Gewerbe sank per September von zuvor 47,6 auf 45,0 Punkte (Prognose 45,3). Mithin bietet sich ein Bild solider Kontraktion in diesem Sektor der Eurozone.
Heute steht die EZB-Ratssitzung im Fokus. Wir erwarten heute keine Veränderung des Leitzinses. Sehr wohl bietet sich jedoch sachlich, ob Geldmengenentwicklung, Preisentwicklung, Rohstoffbaisse, Krisendramaturgie oder Konjunkturentwicklung, Raum für die Verantwortlichen der EZB, das Thema Disinflationsgefahren in Betracht zu ziehen.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD favorisiert. Erst ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.4220 - 50 neutralisiert den negativen Bias des Euros.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
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