Kommentar
21:09 Uhr, 04.05.2010

USA: Kreditbedingungen erreichen Normalzustand

• Der von der Fed bei Banken und Versicherungen vierteljährlich erhobene Senior Loan Officer Opinion Survey deutet an, dass sich die Kreditvergabesituation im zweiten Quartal 2010 für die Unternehmen weitgehend normalisiert hat.

• Alle Salden der drei Teilbereiche (Kreditnachfrage, Kreditvergabe-Konditionen, Zinsdifferenz) haben sich im Vergleich zum Vorquartal verbessert. Am stärksten ist der Saldo bezüglich der Kreditnachfrage der Unternehmen angestiegen.

• Der Konjunkturaufschwung tritt nun in eine neue Phase: Bislang kam die extrem expansive Geldpolitik für die konjunkturelle Erholung kaum zum Tragen, weil ihr die Kreditkrise mit ihren negativen Folgen für die Kreditvergabe der Banken belastend gegenüber stand. Dieses Gegengewicht verliert nun an Bedeutung.

1. Die US-Wirtschaft hat in den vergangenen Quartalen Schritt für Schritt einen Expansionskurs aufgenommen. Hierbei halfen Geld- und Fiskalpolitik sowie die hohe Anpassungsfähigkeit der US-Wirtschaft. Allerdings verpuffte bislang ein großer Teil der expansiven Geldpolitik aufgrund der noch bestehenden Kreditkrise. Die gestern Abend von der Fed veröffentlichte Bankenumfrage Senior Loan Officer Opinion Survey (SLOOS) für das zweite Quartal 2010 deutet an, dass nun die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass die Schubkraft der expansiven Geldpolitik auch realwirtschaftlich spürbarere Wirkung erhält: Die Kreditnachfrage wie auch die Kreditvergabe-Konditionen im Bereich der Unternehmenskredite haben nahezu Normalwerte erreicht. Bekanntlich liefert der SLOOS interessante Informationen über die Kreditvergabe der Banken und beinhaltet (unter anderem) Teilbefragungen hinsichtlich der

(1) Banken, die eine veränderte Kreditnachfrage seitens der Unternehmen verbuchten,
(2) Banken, die ihre Kreditvergabe-Konditionen für Unternehmen geändert haben,
(3) Banken, die die Zinsdifferenz (aus Kreditzinsen und Refinanzierungszinsen) verändert haben.

Alle drei Teilbereiche des SLOOS weisen Verbesserungen gegenüber dem Vorquartal auf, die geringfügig oberhalb unserer eigenen Erwartungen liegen. Zum zweiten Mal in Folge signalisieren die Banken, dass sie die Kreditvergabe-Konditionen für die Unternehmen gelockert haben. Im Vergleich zum Vorquartal hat sich dieser Saldenwert deutlich weniger verbessert als bislang. Wichtig ist hier allerdings, dass es der Saldenwert schon recht früh im Konjunkturzyklus in den neutralen Bereich geschafft hat. Weiterhin gilt es zu beachten, dass immer noch wöchentlich eine Vielzahl an Bankenpleiten gemeldet wird. Es handelt sich hierbei um kleine, meist regional operierende Banken, die in die Insolvenz gehen. In der Bankenumfrage der Fed sind nur mittlere und größere Banken enthalten, sodass sich die Vergabekonditionen insgesamt vermutlich etwas geringfügiger aufgehellt haben, als es der SLOOS signalisiert. Der Saldowert bezüglich der Kreditnachfrage befindet sich zwar noch im negativen Terrain. Streng genommen signalisiert er damit, dass die Kreditnachfrage noch schrumpft. Der Vergleich mit früheren Konjunkturaufschwüngen zeigt jedoch, dass auch hier der Normalzustand nahezu erreicht worden ist.

2. Die Bankenumfrage der Zentralbank signalisiert, dass der Konjunkturaufschwung in eine neue Phase tritt. Bislang wurde die starke Investitionsdynamik der Unternehmen vor allem durch hohe Innenfinanzierungsquoten der Unternehmen finanziert. Die Unternehmen waren also bei ihren Investitionsentscheidungen relativ unabhängig von der Kreditvergabe der Banken und damit von der Verfügbarkeit von Fremdkapital. Dieser Zustand der relativen Unabhängigkeit kann aber im Zeitablauf eines Konjunkturaufschwungs nicht dauerhaft Bestand haben, da auf Dauer auch Fremdkapital zur Investitionstätigkeit notwendig ist. Somit war es für die Aufrechterhaltung des Konjunkturaufschwungs notwendig, dass sich die Kreditvergabebedingungen aufhellen. Dieser nächste notwendige Schritt wurde nun gegangen, sodass der Konjunkturaufschwung weiter an Stabilität gewonnen hat. Früher als von uns erwartet scheint die Bremswirkung der Kreditkrise nachgelassen zu haben. Daraus folgt, dass sich die Investitionsdynamik und damit der Konjunkturzyklus stärker entwickeln könnten als von uns derzeit erwartet wird. Für ein optimistischeres Konjunkturbild fehlt aber noch ein wesentlicher Baustein: der Arbeitsmarkt. Dieser entwickelt sich derzeit im Rahmen unserer Erwartungen mit einem eher mäßigen Tempo. Erst wenn sich hier größerer Revisionsbedarf auftun sollte, müssten wir die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt optimistischer einschätzen als bislang.

Die Ergebnisse im Einzelnen:

3. Im zweiten Quartal 2010 hat sich der Saldo für die Kreditnachfrage von -27,6 auf -8,2 Punkte zum vierten Mal in Folge verbessert. Ein negativer Wert signalisiert, dass mehr Banken eine gesunkene Kreditnachfrage melden als eine gestiegene. Die Verbesserung des Saldos betraf sowohl mittlere und größere als auch kleinere Unternehmen und war bei letzteren etwas stärker ausgeprägt. Insgesamt signalisieren die Ergebnisse, dass die Unternehmensinvestitionen im zweiten Quartal 2010 im Vergleich zum Vorjahresquartal erstmals wieder steigen werden.

4. Zum sechsten Mal in Folge hat sich der Saldo der Kreditvergabe-Konditionen der Banken gegenüber dem Vorquartal verbessert. Gemessen wird hier der Anteil der Banken, die ihre Konditionen verschärft haben, abzüglich des Anteils derjenigen, die ihre Konditionen gelockert haben. Dieser Saldo der Kreditvergabe- Konditionen verringerte sich im zweiten Quartal von -0,9 Punkten auf -3,6 Punkte (im Schaubild ist die Zeitreihe inventiert dargestellt). Zum dritten Mal befindet er sich damit auf einem Niveau, das eine positive Jahresveränderungsrate bei den Gewerbeinvestitionen andeutet. Aufgrund der Vorlaufeigenschaft dieses Indikators gegenüber der Investitionstätigkeit der Unternehmen von ca. zwei bis drei Quartalen wird auch hier eine positive Jahresveränderungsrate für die Gewerbeinvestitionen im zweiten Quartal angedeutet. Diese Jahresveränderungsrate dürfte im weiteren Jahresverlauf weiter zunehmen.

5. Der Saldo bezüglich der von den Banken verlangten Zinsdifferenz (Differenz aus Kreditzinsen und Refinanzierungskosten) ist von 12,0 im Vorquartal auf 1,1 Punkte zurückgegangen. Damit signalisiert er, dass im Saldo weniger Banken die verlangte Zinsmarge ausgeweitet haben als zuvor. Ein positiver Saldo bedeutet, dass die Unternehmen für Bankkredite einen höheren Zinsaufschlag zahlen müssen als bisher. Die Ergebnisse lassen aber keinen Schluss auf die eigentliche Zinshöhe zu. Somit ist es durchaus möglich, dass die Zinsbelastung insgesamt abgenommen hat, da die Banken nun tendenziell eher in der Lage sind, die niedrigen Leitzinsen an die Unternehmen weiterzugeben. Die Entwicklung der Zinsspreads wird vermutlich im späteren Verlauf des Konjunkturaufschwungs von Interesse werden.

Anmerkungen: Der Senior Loan Officer Opinion Survey (SLOOS) ist eine Umfrage, die von der Fed quartalsweise unter ungefähr 50 bis 60 großen inländischen Banken und rund 20 ausländischen Bankinstituten bzw. ausländischen Versicherungen durchgeführt wird. Die Befragung wird so terminiert, dass bei dem Treffen des Federal Open Market Committee zur Mitte eines Quartals die Ergebnisse des SLOOS der Fed vorliegen. Die Veröffentlichung erfolgt dann wenige Tage später.

Rudolf Besch - Analyst bei der Dekabank

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