Fundamentale Nachricht
16:08 Uhr, 03.04.2019

USA/China: Längst noch nicht alles in trockenen Tüchern

Die "Financial Times" hat über eine Verständigung der beiden größten Volkswirtschaften in den meisten strittigen Punkten berichtet. Unklar bleibt aber, wie schnell die von den USA verhängten Strafzölle zurückgenommen werden und wie die Abmachungen durchgesetzt werden sollen.

Erwähnte Instrumente

  • Dow Jones
    ISIN: US2605661048Kopiert
    Kursstand: 26.187,86 $ (NYSE) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

London/ Washington (Godmode-Trader.de) - Die USA und China haben in ihren Handelsgesprächen laut einem Bericht der "Financial Times" die meisten Klippen umschifft und steuern auf ein Ende des langjährigen Konflikts zu. Obwohl offenbar bereits eine Einigung in Reichweite war, bleiben die beiden Seiten in zwei Schlüsselfragen uneins: Offen seien noch die Fragen, wie schnell bereits eingeführte US-Zölle auf chinesische Waren wieder abgeschafft werden und die Bedingungen eines von Washington geforderten Durchsetzungsmechanismus, um sicherzustellen, dass China sich an das Abkommen hält, berichtete die FT.

Liu He, Chinas Vizepremier, bereitet sich demnach darauf vor, den US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer und US-Finanzminister Steven Mnuchin für eine weitere Verhandlungssitzung am Mittwoch in Washington zu treffen. Die kommenden Gespräche sollen nach vier Monaten der Verhandlungen endlich zum Zieleinlauf führen. „Wir kommen in die Endphase", zitierte die Zeitung Myron Brilliant, Executive Vice President für internationale Angelegenheiten bei der US-Handelskammer. „Neunzig Prozent des Deals sind erledigt, aber die letzten 10 Prozent sind aber der schwierigste Teil, es ist der kniffligste und es wird Kompromisse auf beiden Seiten erfordern", sagte er am Dienstag. Eine solche Häufigkeit von Besuchen würde man nicht sehen, wenn sie nicht zu etwas führen würden, sagte William Zarit, Senior Counsellor bei der Cohen-Gruppe, der Zeitung.

Wenn die Diskussionsrunde in dieser Woche erfolgreich ist, könnte sie den Weg für ein Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping ebnen, um noch in diesen Monat ein tiefgreifendes Abkommen zu unterzeichnen. Sollte es in dieser Woche keinen Durchbruch gebeen, könnten China und die USA beschließen, die Verhandlungen zu verlängern, möglicherweise bis zum G20-Gipfel in Japan Ende Juni. Im destabilisierendsten Szenario könnten die Gespräche abrupt beendet werden, was zu einer neuen Eskalation der Zölle und neuem Stress für die Märkte führen würde.

„Entscheidungen müssen getroffen werden: Wollen wir diesen Deal oder nicht?", zitierte die FT den Wissenschaftler Derek Scissors von der konservativ ausgerichteten Denkfabrik American Enterprise Institute. Bis Präsident Trump sich die endgültige Version ansehe und sich die Empfehlungen von Lighthizer anhöre und entscheide, ob er diese unterstützen wolle, gebe es immer die Möglichkeit, dass gar nichts passiert.

Die in Betracht gezogene Vereinbarung würde einen Anstieg der chinesischen Käufe von US-Gütern zur Verringerung des bilateralen Handelsdefizits und eine Reihe von Maßnahmen Pekings zur Öffnung seines Marktes für ausländische Unternehmen, auch im digitalen Handel, beinhalten. Es wird auch erwartet, dass China einige Zusagen macht, den verordneten Technologietransfer von US-Unternehmen und den mutmaßlichen Diebstahl von geistigem Eigentum einzudämmen. Allerdings bleibt unklar, wie weit die chinesischen Zugeständnisse an dieser Stelle gehen.

Die größte Unsicherheit ist der hypothetische Ablauf nach Unterzeichnung eines Abkommens. Peking will, dass die von der Trump-Regierung im vergangenen Jahr auf 250 Mrd. Dollar verhängten Zölle auf chinesische Importe sofort abgeschafft werden, während Washington einige von ihnen beibehalten will, um den Druck auf Peking aufrechtzuerhalten, die Punkte im Abkommen einzuhalten. Der Handelsbeauftragte Lighthizer besteht auch auf dem Recht Washingtons, China erneut einseitig Strafzölle aufzuerlegen, wenn ein Verstoß gegen das Abkommen vorliegt, und auf der Garantie, dass China nicht mit eigenen Zöllen Vergeltung übt oder das Vorgehen bei der Welthandelsorganisation WTO in Frage stellt.

Das sind problematische Zugeständnisse, die Peking als Untergrabung seiner Souveränität ansehen könnte. Ein möglicher Kompromiss könnte eine allmähliche Aufhebung der US-Zölle auf der Grundlage spezifischer Meilensteine und Umsetzungsdaten sein, wie die Gesprächspartner der FT sagten. William Zarit sagte der Zeitung, dass die Chinesen auch „ziemlich optimistisch" hinsichtlich der Aussichten auf einen Deal seien, trotz der Befürchtungen der Falken in Peking, dass sie Gefahr laufen, zu viel Zugeständnisse zu machen.

Selbst wenn ein Abkommen zustande kommt, sind die anderen Spannungsfelder im wirtschaftlichen und strategischen Duell zwischen Washington und Peking allerdings bei weitem nicht beseitigt. „Mein Eindruck ist, dass die Chinesen erwarten, dass andere Themen in den bilateralen Beziehungen nach Abschluss eines Handelsabkommens an Bedeutung gewinnen werden, darunter die Machtverhältnisse im Südchinesischen Meer, oder das Thema Taiwan“, zitierte die FT Bonnie Glaser, Senior Adviser für Asien und Direktorin des China Power Project am Center for Strategic and International Studies in Washington.

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

Mehr Experten