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10:13 Uhr, 17.05.2017

US-Konjunktur macht Hoffnung auf ausgedehnten Aufschwung

Kurzfristige politische oder protektionistische Schocks werden Invesco-Chefökonom John Greenwood zufolge den globalen Aufschwung nicht stoppen.

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Atlanta (GodmodeTrader.de) - Wachsende Zweifel an der Fähigkeit des US-amerikanischen Präsidenten, seine geplanten Wachstumsmaßnahmen durchzusetzen, haben die „Trump-Reflation“-Rally gestoppt, die die Aktienmärkte der Industrie- und Schwellenländer in den letzten vier Monaten beflügelt hat. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um einen temporären Dämpfer, wie Invesco-Chefökonom John Greenwood in seinem vierteljährlichen Markt- und Wirtschaftsausblick für das zweite Quartal 2017 schreibt.

Letztlich hänge die langfristige Wertentwicklung der Aktienmärkte deutlich stärker von der weiteren Konjunkturentwicklung in den USA ab – und diese mache Hoffnung auf einen ausgedehnten Aufschwung, der noch mehrere Jahre dauern könnte. Aufgrund der Größe und Dominanz der US-amerikanischen Wirtschaft sowie ihres Einflusses auf die Kredit-, Aktien-, Immobilien- und sonstigen Finanzmärkte der Industrie- und Schwellenländer sei das von enormer Bedeutung für die Weltwirtschaft insgesamt, heißt es weiter.

„In jedem Konjunkturzyklus ist die Wirtschaftsaktivität bzw. die Erwartung an die Entwicklung der Wirtschaftsaktivität der fundamentale Treiber des Werts von Aktien und Immobilien“, so Greenwood. „In dieser Hinsicht hat Präsident Trump mit seinem konjunkturellen Erbe enormes Glück.“ Die in der Krise von 2008-09 überschuldeten Banken und privaten Haushalte hätten ihre Finanzen größtenteils wieder in Ordnung gebracht, die Inflation sei niedrig und die Fed habe damit beginnen können, die kurzfristigen Zinsen wieder auf ein normaleres Niveau zurückzuführen. Damit gibt es nach Ansicht des Chefökonoms von Invesco derzeit kaum etwas, das den aktuellen konjunkturellen Aufschwung in den USA gefährden könnte.

Die entscheidende Frage sei, ob das Geld- und Kreditwachstum nachhaltig auf dem Niveau von 2015 bis 2016 – rund sechs bis acht Prozent pro Jahr – gehalten werden könne. Wenn es der Fed, den Geschäftsbanken und den Kapitalmärkten gemeinsam gelänge, ein derartiges Geld- und Kreditwachstum aufrechtzuerhalten, werde die Wirtschaft die schrittweise Zinsnormalisierung leicht verkraften können. Auch wenn die Anleihen- und Aktienmärkte kurzfristig heftig auf politische oder protektionistische Schocks reagieren könnten, stünde einem mehrjährigen Aufschwung der US-amerikanischen und auch der globalen Wirtschaft bis zum Erreichen des konjunkturellen Höhepunktes dann nichts entgegen, heißt es weiter. Greenwood rechnet in den USA 2017 und 2018 mit einer Beschleunigung des realen BIP-Wachstums auf 2,3 Prozent bzw. 2,6 Prozent.

In der Eurozone beherrsche die Politik weiter die Schlagzeilen – vor dem Hintergrund langwieriger Brexit-Verhandlungen stünden hier im Mai die Präsidentschaftswahlen in Frankreich und im September die deutsche Bundestagswahl an. Greenwood zufolge sei der kurzfristige Wachstumsausblick in der Eurozone weiter gedämpft und auch langfristig halte er eine Rückkehr auf einen robusten Wachstumspfad für alles andere als absehbar. Das reale BIP-Wachstum liege stabil bei rund 1,5 bis 1,7 Prozent. Die Gesamtinflationsrate sei zwar im Februar vorübergehend bis auf zwei Prozent gestiegen, dürfte in den nächsten Monaten aber wieder zurückgehen. Der Chefökonom von Invesco geht davon aus, dass die Eurozone 2017 um 1,6 Prozent wachse.

Greenwood zufolge wird das britische Pfund auf jedes positive Zwischenergebnis der schwierigen Brexit-Verhandlungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union (EU) genauso unmittelbar reagieren wie auf jeden Verhandlungsrückschlag. Dementsprechend volatil werde sich die Währung in den nächsten zwei Jahren zeigen. Die durch die Abwertung des Pfundes importierte Inflation werde die realen Verbraucherausgaben in Großbritannien dämpfen, während die allgemeine Verunsicherung über die Modalitäten des Austritts die ausländischen Direktinvestitionen in Großbritannien bremsen werde. Die britischen Exporteure profitierten jedoch zunehmend vom schwächeren Pfund und die britische Wirtschaft habe sich seit dem Brexit-Votum durchweg besser entwickelt als erwartet. Als wichtigsten Grund dafür verweise Greenwood auf das stabile Geld- und Kreditwachstum. „Bislang spricht viel dafür, dass die Investitionen robust bleiben, solange die Wirtschaft weiter wächst und die Währungsabwertung die Exporte beflügelt“, sagt er und stellt Großbritannien ein reales BIP-Wachstum von 1,9 Prozent für 2017 in Aussicht.

In Japan entwickelten sich der inländische Konsum und die inländischen Investitionen weiter nur schleppend. Die Abwertung des Yen habe die japanische Exportwirtschaft und die Unternehmensgewinne gestärkt. Dass die höheren Gewinne über höhere Löhne auch an die Arbeiter weitergegeben würden, sei aber Greenwood zufolge kaum zu erwarten. Die „Abenomics“-Politik, mit der das Wachstum angekurbelt werden solle, habe noch immer nicht zu einer deutlichen Belebung der Binnenwirtschaft geführt und die Inflation sei mit 0,3 Prozent immer noch sehr niedrig. Greenwood führe das auf Konstruktionsfehler im QE-Programm der Bank of Japan zurück, das dadurch zu keinem nennenswerten Geld- oder Kreditwachstum geführt habe, heißt es weiter. Der Chefökonom von Invesco rechnet 2017 in Japan mit einem realen BIP-Wachstum von 1,1 Prozent und einem durch die Yen-Abwertung bedingten Anstieg der Gesamtinflationsrate auf 1,0 Prozent.

Angesichts der abrupten Verlangsamung des inländischen Kreditwachstums im zurückliegenden Jahr und der Verschuldungsproblematik in China hält Greenwood eine stetige Erholung der chinesischen Wirtschaft über die nächsten Monate für unwahrscheinlich. Dadurch sei auch der Ausblick für die rohstoffexportierenden Schwellenländer bis Jahresende 2017 bestenfalls gedämpft bleiben. Die kleineren, industriell geprägten ostasiatischen Volkswirtschaften mit ihrer starken Einbindung in die regionalen, mit China verbundenen Lieferketten würden deutlich stärker von einer Verbesserung der Exporte durch den anhaltenden Aufschwung in den USA abhängen als von einer Aufhellung im Inland. „Auch die Eurozone, Japan und Großbritannien werden zunehmend zur Verbesserung der Endnachfrage beitragen, die von den USA angestoßen wird. Letztlich gehen die wichtigsten Impulse in diesem Prozess aber weiter von den USA aus“, so Greenwood.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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