Analyse
23:22 Uhr, 04.09.2015

US-Indizes – Raus aus dem Risiko rein ins Partywochenende

Ein hoher Hebel feiert nicht gern, und deshalb reduzierten Aktienhändler an der Wall Street heute lieber ihre Risikopositionen, bevor dann mit der Schlussglocke die große Labor Weekend-Sause eingeläutet wurde.

Erwähnte Instrumente

  • Dow Jones
    ISIN: US2605661048Kopiert
    Kursstand: 16.102,38 Punkte (NYSE) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 1.921,22 Punkte (Chicago Mercantile Exchange) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Dow Jones - WKN: 969420 - ISIN: US2605661048 - Kurs: 16.102,38 Punkte (NYSE)
  • S&P 500 - WKN: A0AET0 - ISIN: US78378X1072 - Kurs: 1.921,22 Punkte (Chicago Mercantile Exchange)
  • Nasdaq-100 - WKN: A0AE1X - ISIN: US6311011026 - Kurs: 4.184,72 Punkte (NASDAQ)
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 45,71 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation)

Handelsverlauf und Sektorenentwicklung

Es waren die Nonfarm Payrolls, welche den US-Indizes (Dow Jones -1,66%, S&P 500 -11,53%, NASDAQ 100 -1,18%) den Freitag verhagelten und ihnen zum Wochenschluss das rote Vorzeichen aufzwangen.

Vor allem der Finanzsektor (-1,99%) litt heute möglicherweise unter der Tatsache, dass der September-Hike weiterhin gut im Geld ist, während gleichzeitig die Aussichten auf eine lukrative Nettozinsmarge aufgrund der zunehmenden Safe-Haven-Flows ins längerfristige Treasury-Spektrum (die Rendite für 10-jährige Anleihen sanken heute um 3,7 bps auf 2,131%) im Schrumpfen begriffen sind.

Löbliche Ausnahme war jedoch die relativ erfreuliche Entwicklung der Regionalbanken. Wie das moderate Minus von 0,64% nahelegt scheint in diesem Subsektor eine größere Widerstandskraft gegenüber einer abflachenden Zinskurve als zum Beispiel bei Goldman Sachs (-2,55%) zu herrschen.

Mangels Schützenhilfe von ihrem Underlying kamen heute auch Energiewerte wie Chevron (-2,0%) oder du Pont (-3,9%) unter starken Druck. WTI sank trotz eines wieder nachgebenden Rig-Count im regulären Handel um 0,7%, konnte auf Wochenbasis jedoch immerhin noch ein dankbares Plus von 1,7% verbuchen.

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Der Tag an der Wall Street

Jeffrey Lacker von der Richmond-Fed hielt am Morgen eine Rede mit dem Titel „The Case Against Further Delay“ und sprach sich nicht nur für die Anhebung der Leitzinsen, sonder auch gegen jeden weiteren Aufschub aus.

Seine Argumente in Kurzform:

  1. Die Konsumausgaben beschleunigem sich seit 2014 (bis auf eine kurze Unterbrechung im Winter) aufs Jahr gerechnet um 3% .
  2. Der Arbeitsmarkt hat sich über die letzten eineinhalb Jahre signifikant verbessert. Die Unterauslastung ist Geschichte.
  3. Die Inflation (PCE) liegt seit Januar über dem vorgegebenen Zielwert. Die Inflationserwartungen sind stabil.
  4. Die gegenwärtige Volatilität an den Märkten hat kaum Auswirkung auf die Fundamentaldaten in den USA.

In weiser Voraussicht verwies Lacker in seiner Rede auf die Möglichkeit, dass die anstehenden Arbeitsmarktdaten selbst bei unerwarteten Anzeichen von Schwäche nicht an diesem positiven Bild rütteln könnten.

Gebannt richtete die Wall Street dann auch wenige Minuten später den Blick von Richmond nach Washington, von wo aus das Bureau of Labor Statistics einen auf dern ersten Blick tatsächlich schwachen Report in den Äther schickte.

Mit nur 173.000 neu geschaffenen Stellen im August verfehlte die Wirtschaft die Erwartungen von 220.000 und lag deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen 12 Monate von 247.000 pro Monat.

Der Dollar gab in der ersten Reaktion ab, korrigierte dann aber schnell seine anfänglich Fehlinterpretation, nachdem der zweite Blick auf die Zahlen keine wirklich stichhaltigen Argumente gegen eine Zinsanhebung feststellen konnte.

Erstens wurden die Jobzahlen der vergangenen zwei Monate deutlich, um insgesamt 45.000 Stellen, nach oben korrigiert, zweitens fiel die Arbeitslosenquote mehr als erwartet auf 5,1% und drittens legten die Stunden- beziehungsweise vor allem die Wochenlöhne im Jahresvergleich stärker als antizipiert zu (+2,2% respektive +2,5%). Auch die Zahlen aus der zweiten und dritten Reihe konnten überzeugen, und sendeten die typischen Signale eines sehr vitalen Arbeitsmarktes. Beispielsweise kollabierte die Arbeitslosenrate von jungen Arbeitssuchenden regelrecht, während die Flows in und aus dem Arbeitsmarkt dynamisch ansprangen.

Ein weiterer wichtiger Punkt der die leicht enttäuschenden Ausgangsdaten sehr stark relativiert sind die historischen Muster, welche die Tür zu einer deutlichen Aufwärtsrevision um bis zu 90.000 Stellen weit offen lassen. Im Sommer werden viele Angestellte wie zum Beispiel Lehrer oder Busfahrer temporär gekündigt, und verführen die August-Daten deshalb zu notorischer Unterschätzung der Situation zur Jahresmitte.

Aber auch abseits dieser berechtigten Hoffnung - mit seiner jüngsten Umfrage bestätigte die Statistikabteilung des Arbeitsministerium eine der Kernthesen der amerikanischen Zentralbank, nämlich dass sich der Arbeitsmarkt mit schneller Geschwindigkeit der Vollbeschäftigung nähert, und dass das gegenwärtige Inflationsumfeld nur flüchtiger Natur ist.

Trotzdem ist festzuhalten, dass der geschätzte Jan Hatzius von Goldman Sachs anders als seine Kollegen von JPMorgan weiterhin nicht von einer Zinswende im September ausgeht, und sich bei seiner Argumentation in erster Linie auf den unerwartet schwachen Stellenzuwachs stützt.

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Ausblick

In der nächsten Woche wird sich China wieder auf das Parkett begeben, allerdings wird die feiertechnische Abwesenheit der USA wohl eher für relative Langeweile am Montag sorgen.

Auch im weiteren Wochenverlauf dürfte der Mangel an amerikanischen Tier 1-Daten und eine Federal Reserve die sich aufgrund des anstehenden Meetings in die Blackout-Periode verabschiedet, die Nervosität am Trading-Desk in erträglichem Rahmen halten.

Genießen Sie ihre vielleicht letzten Tage am Zero Lower Bound.

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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