Kommentar
08:36 Uhr, 05.06.2014

US-Häuserpreise legen zu - dennoch Grund zur Sorge?

Die Häuserpreise in Amerika haben im März zwar etwas an Momentum verloren, laut dem Case-Shiller Index konnten sie im Jahresvergleich jedoch trotzdem um satte 12,4% zulegen.

Der Chart sieht dementsprechend weiterhin solide aus, und zeigt mittlerweile Werte ähnlich wie 2004 an. Sogar vom ehemaligen Allzeithoch ist man nur noch rund 20% entfernt.

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Wieso machen sich dennoch mehr und mehr Experten und sogar Janet Yellen Sorgen um den Immobiliensektor , wenn doch im Großen und Ganzen alles in Butter scheint?

Ich versuche im Folgenden die grundsätzliche Anatomie des amerikanischen Immobilienmarktes anhand von Preisen und Verkaufszahlen etwas genauer zu untersuchen, und stelle drei Problemfelder vor.

1 - Existing Home Sales

Die Verkäufe bestehender Einfamilienhäuser kommen nicht in Fahrt, sondern seit Juli 2013 eher unter die Räder. Zwar konnten sie im April zum ersten Mal in diesem Jahr im Vergleich zum Vormonat zulegen (+1,3%), aber im Jahresvergleich verschlechterten sich die Werte weiter um ganze 6,8%.

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Nun kann man für das erste Quartal zwar das schlechte Wetter verantwortlich machen, für den eigentlich traditionell starken April zieht dieses Argument jedoch nicht. Es sollte beobachtet werden, ob sich die sanfte Trendumkehr auf Monatsbasis weiter manifestieren kann oder nicht, denn den Verkäufen kann eine gewisse Vorlauffunktion zugeschrieben werden. Zu Beginn der Immobilienkrise signalisierte dieser Index beispielsweise schon mehrere Monate vor dem Case-Shiller die Probleme am Markt.

2 - New Home Sales & Housing Starts

Die April-Verkäufe von neuen Einfamilienobjekten konnten im Vergleich zum März um starke 6,4% ansteigen, aber auch dieser Wert relativiert sich wieder im Jahresvergleich, der einen Rückgang von 4,7% anzeigt. In diesem Segment werden also ebenfalls keine Heldentaten vollbracht, sondern es findet bestenfalls Stagnation statt.

New Home Sales korrelieren eng mit dem Bau von neuen Häusern, denn was neu verkauft wird, muss ja schließlich zeitnah zuvor gebaut worden sein. Über den Bausektor wiederum wird das Wirtschaftswachstum, sowie der Arbeitsmarkt direkt beeinflusst, aber leider ist hier der Aufwärtstrend im Gegensatz zu früheren Erholungen nur relativ schwach entwickelt.

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Wenn man etwas weiter in die Tiefe geht, ist übrigens ein, seit den letzten zwei Dekaden unbekanntes Phänomen zu beobachten: Die Neubaubeginne werden zu einem ungewöhnlich großen Teil getragen vom Bau von Apartmentkomplexen. Die Amerikaner können oder wollen sich anscheinend keine neuen Einfamilienhäuser mehr leisten und werden zu Mietern, was für die zukünftige Entwicklung des Konsums möglicherweise nichts Gutes erahnen lässt.

3 - Fragmentierung

Der Häusermarkt in Amerika war in der Vergangenheit das Vehikel schlechthin, um breiten Bevölkerungsschichten zu historisch und weltweit einmaligem Wohlstand zu verhelfen. Diese Funktion erfüllt er seit der Finanzkrise jedoch zumindest nur noch eingeschränkt und ist nicht nur regional, sondern auch von Preissegment zu Preissegment stark zersplittert.

Nimmt man die sinkenden Verkaufszahlen genauer unter die Lupe, stellt man zum Beispiel fest, dass es frappierende Unterschiede zwischen dem Luxussegment (Top 1%) und den restlichen 99% gibt.

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Häuser im oberen Preisbereich verkaufen sich nach wie vor exzellent, sind größer als je zuvor und so teuer wie nie, während weniger potente Käufer durch die steigenden Preise zunehmend aus dem Markt gekegelt werden, wie es scheint.

Diese ungleiche Entwicklung kann man alternativ auch über den mittleren Verkaufspreis von neuen Häusern abbilden - wer so flüssig ist, um ein neues Objekt zu erstehen, legt mittlerweile richtig Geld auf den Tisch um eine sogenanntes „McMansion“ zu erwerben.

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Was sind Gründe für das nachlassende Interesse an Häusern?

Grundsätzlich ist das Lohnwachstum (y/y) in den USA mit rund 2% im historischen Vergleich trotz „Aufschwung“ weiterhin unterdurchschnittlich, während die Häuserpreise mit jährlichen Zuwachsraten von über 10% aufwarten. Das mag neben der Demographie ein unterschwelliger Grund unter anderen sein, mehr unmittelbar haben aber sicherlich die Angebotssituation und vor allem die steigenden Hypothekenzinsen gewirkt, was angesichts der weiterhin historisch einmaligen Tiefständen äußerst bemerkenswert ist.

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Der Nachschub an Häusern verbessert sich wieder etwas, wie man dem Chart entnehmen kann - die Zinsen sind jedoch die große Variable und sorgen für Fragezeichen. Warum konnte deren relativ marginaler Anstieg die Verkäufe von Immobilien derart abwürgen? Und welche Auswirkungen wird dann erst das absehbare Ende der lockeren Geldpolitik haben?

Diese Fragen sind nur schwer zu beantworten, was man jedoch einigermaßen eindeutig feststellen kann ist, dass die Entwicklung am Hausmarkt sehr fragil ist, und nicht in die beabsichtigte Richtung geht.

Dessen hauptsächliche Funktion ist es schließlich nicht super-reichen Investoren einen „sicheren Hafen“ vor den Konsequenzen geldpolitischer Experimente zu gewähren, sondern es der breiten Bevölkerung zu ermöglichen am Wohlstand teilzuhaben und damit dem „American Dream“ sprich dem grenzenlosen Konsum zu frönen.

Was tun? Ist es an der Zeit den Sektor zu shorten, wie Jeffrey Gundlach (DoubleLine) empfiehlt?

Der Chart für Bauholz (Lumber) scheint das zunehmend nahezulegen, obwohl der Kampf zwischen Bulle und Bär noch nicht so eindeutig entschieden ist, wie ich mich von Harald Weygand richtigerweise belehren lassen musste.

Der Bausektor-ETF XHB sieht ebenfalls nicht besonders konstruktiv für die weiter Entwicklung Immobilienmarktes aus, hält sich aber noch ganz gut. Hier sei auch auf die zuvor eingegangene Fragmentierung verwiesen: Der Markt steht nicht in seiner Gesamtheit schlecht da. Das Luxussegment boomt – will man das Nicht-Luxus-Segment leerverkaufen sollte man sich wahrscheinlich eher auf Einzelwerte konzentrieren, anstatt mit einen ETF in welchem viele High-End-Entwickler vertreten sind alles über einen Kamm zu scheren.

Mein Fazit: Die Datenlage rechtfertigt kein sofortiges Untergangsszenario, aber die offizielle Story vom großflächigen Immobilienboom, wie er in US-Medien (zumindest bis vor kurzem) verbreitet wurde stimmt meiner Meinung nach hinten und vorne nicht. Ich frage mich persönlich auch, wie die Fed die sich zuspitzenden und komplett unterschiedlichen Lagen beim Immobilienmarkt, der m.M. nach keine Straffung der Geldpolitik vertragen kann und den High-Yield-Märkten, denen eigentlich die sofortige Zinsanhebung verordnet werden sollte, ohne größere Unfälle sauber auflösen will.

Simon Hauser

4 Kommentare

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  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Der fragile Aufschwung am Immobilienmarkt in den USA wurde doch in den letzten 24 Monaten hauptsächlich von den professionellen cash buyers getragen.

    10:30 Uhr, 05.06.2014
    1 Antwort anzeigen
  • sewiet13
    sewiet13

    Genau die Apartmentkomplexe deuten stark auf eine sich bildende Blase hin. Anders als in einem Ein-, Zwei oder Mehrfamilienhaus können hier viele Menschen untergebracht werden. Und damit wird gerechnet! Wenn jetzt die Joblage sich nicht wirklich positiv entwickelt (das muss nicht zwingen hohe Arbeitslosigkeit bedeuten - greinge Löhne sind mindestens genau so tragisch), dann können die Apartments plötzlich nicht mehr vermittelt werden. Auf jeden Fall nicht zu den Preisen. Eigentlich ist hier nur die Frage wann es so weit ist.

    09:08 Uhr, 05.06.2014
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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