US-Bankenkrise hilft Emerging Markets etwas, doch für wie lange?
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Im Februar korrigierten die meisten Aktienmärkte nach unten. Die wohl deutlich zu optimistischen Erwartungen eines baldigen Endes der Leitzinsanhebungen sowie von mehreren Zinssenkungen noch in diesem Jahr machten realistischeren Einschätzungen Platz. Inflation und Zinsen in den USA werden wohl noch für längere Zeit höher sein als erhofft. Das beflügelte den US-Dollar und ließ die kurzfristigen US-Renditen kräftig anziehen. Beides war Gift für Schwellenländer-Vermögenswerte.
Im Zuge dessen gaben Emerging-Markets-Aktien im Schnitt im Februar deutlich stärker nach als die entwickelten Aktienmärkte und verloren im Durchschnitt über 7 % (in US-Dollar gerechnet). Mit der einsetzenden Bankenkrise in den USA im März kehrte sich dieses Verhältnis um. Die US-Renditen und der US-Dollar gaben nach, während Schwellenländeraktien sich zumeist leicht erholten und besser abschnitten als die entwickelten Aktienmärkte. Per Saldo steht von Ende Jänner bis 23. März ein Minus von etwas über 3 % bei den entwickelten Aktienmärkten zu Buche, verglichen mit etwas über 5 % Kursverlust für die Emerging Markets (jeweils in US-Dollar gerechnet).
Die Umkehrung der Verhältnisse im März ist schnell erklärt. Die Bankenkrise und die potenziell restriktiveren Kreditvergaben sind zwar schlecht für die US-Wirtschaft – und damit auch tendenziell für die Aktienkurse an der Wall Street – doch volkswirtschaftlich wirkt das ungefähr wie Zinsanhebungen der US-Notenbank Fed, ohne allerdings die Leitzinsen nach oben zu treiben. Damit bestehen durchaus berechtigte Erwartungen, dass die aktuelle Bankenkrise in den USA letztlich zu weniger Zinsanhebungen der Notenbank führen wird, als ursprünglich geplant bzw. prognostiziert. Das gilt auch dann, wenn es zu keinen Kettenreaktionen kommt, über die bisherigen einzelnen Bankenpleiten hinaus. Das wiederum schwächt den US-Dollar, drückt US-Staatsanleiherenditen und hilft auf diese Weise ein wenig den Finanzmärkten in den Schwellenländern. Für den Moment zumindest.
Das Problem ist nur, dass die Kerninflation in den USA hartnäckig hoch bleibt und das Lohnwachstum angesichts eines weiter recht engen Arbeitsmarktes ebenfalls robust ist. Die wachstumsdämpfende Wirkung der Probleme im US-Bankensektor dürfte sich erst mit einiger Verzögerung in der Volkswirtschaft niederschlagen. Bis dahin wird die US-Notenbank wohl im Zweifel eher weiter die geldpolitischen Zügel straffen, per Zinsanhebungen und/oder Liquiditätsentzug. Die aktuelle Dollarabschwächung könnte sich also zunächst als relativ kurzlebig erweisen.
US-Rezession zum Jahresende hin?
Im weiteren Jahresverlauf wird das Fahrwasser für die US-Wirtschaft aber wohl schwieriger werden, und damit auch der US-Dollar tendenziell unter Druck geraten. Eine im dritten oder vierten Quartal einsetzende Rezession ist noch immer ein recht wahrscheinliches Szenario, wenn auch keineswegs das einzig plausible. Die US-Aktienmärkte haben eine Rezession bislang noch nicht voll eingepreist. Sollten sich die Anzeichen dafür verfestigen, dürften Schwellenländeraktien zumindest relativ zu den USA wohl besser abschneiden. Wie sie in absoluten Zahlen halten werden, hängt natürlich maßgeblich davon ab, wie es dann mit Wirtschaftswachstum und Unternehmensgewinnen in den Emerging Markets selbst aussieht.
Fragezeichen hinter China
In diesem Zusammenhang ist China weiterhin ein schwer zu kalkulierender Faktor. Am wahrscheinlichsten scheint derzeit, dass die Erholung der chinesischen Volkswirtschaft insgesamt wohl eher moderat verlaufen und auch nur recht überschaubare positive Impulse für die anderen Schwellenländer bringen wird. Unbedingt im Auge zu behalten sind dabei die geopolitischen Auseinandersetzungen zwischen China/Russland auf der einen Seite und der westlichen Allianz unter Führung der USA auf der anderen, während andere wichtige Staaten sich teils strategisch, teils opportunistisch zwischen diesen beiden Polen positionieren, etwa Indien oder die Türkei. Diese geopolitische Konfrontation könnte nicht nur erhebliche Auswirkungen auf den Welthandel haben, sondern auch die nationale Wirtschaftspolitik der einzelnen Länder zunehmend beeinflussen. Das wiederum dürfte Folgen für die Unternehmen, ihre Investitionen, ihre Lieferketten und ihre Gewinnentwicklung haben.
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