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14:01 Uhr, 30.03.2017

Unternehmensanleihen: Inflationsanstieg erfordert selektives Vorgehen

Anleihen im europäischen Bankensektor erscheinen Pierre Verlé, Teamleiter Credit bei Carmignac, derzeit günstig.

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  • CAC 40
    ISIN: FR0003500008Kopiert
    Kursstand: 5.074,67 Pkt (Euronext Paris) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Paris (GodmodeTrader.de) - Wenn die Kerninflation in Europa schneller und nachhaltiger als von der Konsensmeinung erwartet anzieht, machen Befürchtungen des Marktes im Hinblick auf eine mögliche frühzeitige Einstellung der Anleihenkäufe der EZB erforderlich, eine vorsichtige Allokation in Unternehmensanleihen einzugehen. Europäische Anleger waren nicht nur über zwei Jahre mit negativen Einlagenzinsen konfrontiert, sondern mussten sich auch mit einem immer kleineren Anleihenuniversum arrangieren, da die EZB ihre Bilanz in den letzten fünf Jahren wesentlich ausgeweitet hat, wie Pierre Verlé, Teamleiter Credit bei Carmignac, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Die kleinere Zahl an Gelegenheiten habe Anleger dazu gezwungen, ein größeres Kreditrisiko bei längeren Laufzeiten einzugehen. Folglich seien die Kreditmärkte sehr anfällig für einen geldpolitischen Kurswechsel der EZB. Beginnend mit Investment-Grade-Unternehmensanleihen lasse sich eine kontinuierliche Verschlechterung der Bilanzqualität feststellen, sodass die Fremdfinanzierungsquoten fast den Zyklus-Höchststand erreicht hätten, heißt es weiter.

„Schwache Margen, mangelnde Anlegerdisziplin, ein nach wie vor starker Fusions- und Übernahmezyklus und aktive Anleiheemittenten, die von niedrigen Zinsen profitieren wollen, waren allesamt Faktoren, die zur Beeinträchtigung europäischer Bilanzen beigetragen haben. Obwohl die Verschuldung im Bereich ihrer Zehn-Jahres-Höchststände liegt, befinden sich die Renditen aufgrund der eben erwähnten EZB-Intervention auf einem Allzeittief. Dieser Markt ist sehr instabil und anfällig für einen starken Inflationsanstieg“, so Verlé.

Im Segment der High-Yield-Anleihen sei das Bild ähnlich. Auch hier befänden sich die Fremdfinanzierungsquoten im Bereich des Zyklus-Höchststands und die Renditen auf einem Allzeittief. Darüber hinaus böten diese niedrigen Renditen zum einen keinen absoluten Bewertungsschutz bei einer solch schlechten Bilanzqualität und zum anderen bestehe auch anderswo in der Kapitalstruktur kein relativer Bewertungsschutz, heißt es weiter.

„Seit dem Sommer 2012 haben wir von einem überdimensionalen Exposure im europäischen Bankensektor über die gesamte Kapitalstruktur profitiert. Die Top-down-Faktoren dieses Anlagethemas sind weiterhin gegeben: Europäische Banken sind einer der wenigen Sektoren innerhalb des globalen Anleihenuniversums, in denen eine mehrjährige Erkennbarkeit eines kontinuierlichen Schuldenabbaus besteht. Aufgrund veränderter gesetzlicher Bestimmungen setzte vor sieben Jahren ein Schulden- und Risikoabbau ein, der sich noch bis 2019 hinziehen dürfte. Nachrangige Bankenanleihen sind aus unserer Sicht absolut gesehen, aber auch im Vergleich zu High-Yield-Anleihen aus dem Industriesektor, besonders günstig“, so Verlé.

So betrage der Spreadaufschlag für einen europäischen CoCo-Index gegenüber High-Yield-Anleihen aus dem Industriesektor mehr als 150 Basispunkte. Diese Contingent Convertible Bonds seien nachrangige Kapitalinstrumente von Banken und besitzen spezifische Trigger für Kupon- und Kapitalereignisse im Fall sehr hoher Verluste. Weil diese Anlageklasse noch jung und nicht in den breit gefassten Marktindizes enthalten sei und weil diese Instrumente nicht ausreichend getestet worden seien, sei das zugrunde liegende Kreditrisiko jedoch fehlbewertet. Anleihen hochwertiger Retailbanken wie z.B. BBVA oder Unicredit seien, insbesondere wenn sie in Zeiten erhöhter politischer Unsicherheit ausgegeben würden, mit sehr attraktiven Renditen von acht bis neun Prozent zu haben, heißt es weiter.

„Außerdem schätzen wir weiterhin europäische Collateralised Loan Obligations (CLOs). Sie sind immer noch eine angeschlagene Anlageklasse, bei der aufsichtsrechtliche Sachzwänge und Narben der Krise es möglich machen, von sehr attraktiven Spreadniveaus zu profitieren. Außerdem war die Ausfallrate bei europäischen CLOs in den letzten 20 Jahren sehr gering. Nachdem wir uns zunächst auf AAA-Tranchen konzentrierten, verfolgen wir nun einen taktischeren Ansatz, um Gelegenheiten in nachrangigeren Segmenten zu nutzen“, so Verlé.

AAA-Spreads hätten fast ihre Tiefstände nach der Krise erreicht. Andererseits seien die Spreads nachrangiger Papiere nach wie vor hoch und böten sehr attraktive risikobereinigte Renditen (die Spreads lägen bei rund 600 Basispunkten für BB-Tranchen und 800 Basispunkten für B-Tranchen). Diese beruhten auf ähnlichen technischen Gründen: Die Anlegerbasis sei nicht so angewachsen, dass sie Neuemissionen absorbieren könnte, was eine Stabilisierung/Ausweitung der Kreditspreads zur Folge habe, heißt es weiter.

„Ferner sind Unternehmensanleihen aus dem Rohstoffsektor nach wie vor attraktiv, denn sie dürften von der Erholung des globalen Wachstums, der Inflation und der Rohstoffpreise profitieren. Selektives Vorgehen ist jedoch in einem weiterhin volatilen Umfeld oberstes Gebot. Das Einschätzen der Risiken und Chancen jedes einzelnen Landes und jedes Unternehmens ist eine Grundvoraussetzung, um in dieser Anlageklasse die besten Gelegenheiten herauszupicken“, so Verlé.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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