Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Brexit ist größter geworden
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London (Godmode-Trader.de) - Vor gut einem Jahr stimmten die Briten im Rahmen eines Referendums für den Austritt aus der EU. Doch der Rückzug Großbritanniens aus den gesetzlichen Regelungen, Institutionen und wirtschaftlichen Beziehungen der EU ist kompliziert. Noch erschwert worden ist dieser Prozess durch den Umstand, dass sich Premierministerin May mit ihren vorgezogenen Neuwahlen getäuscht hat. Dadurch ist ihre bereits schwache Verhandlungsposition noch zusätzlich beeinträchtigt worden.
Nach Ansicht von David Lafferty, Chef-Marktstratege, Natixis Global Asset Management, ist aber die größte Überraschung seit dem vergangenen Juni die robuste Tendenz, welche die britische Wirtschaft trotz des Referendums vorgelegt hat. „Obwohl das Verbraucher- und das Unternehmervertrauen deutlich gesunken sind, haben sich die „harten Wirtschaftsdaten“ nämlich als sehr widerstandsfähig erwiesen“; schreibt Lafferty in einem Marktkommentar.
Doch die guten Zeiten könnten demnächst vorbei sein. So sei das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal schwächer ausgefallen als erwartet, und die Verbraucher spürten allmählich die Auswirkungen des niedrigen Lohnwachstums und der steigenden Inflation. Darüber hinaus hätten die Industrieproduktion sowie die Aktivitäten im produzierenden Gewerbe zuletzt nachgelassen, so der Natixis-Manager.
Obwohl Notenbankchef Carney seinerzeit dafür kritisiert worden war, erscheint die proaktive Zinssenkung der Bank of England aus dem letzten September aus Sicht von Lafferty derzeit „vorausschauend“. „Mit dem Beginn der Brexit-Gespräche nimmt also auch die wirtschaftliche Unsicherheit zu, und diese neue Realität spiegelt sich in den Wirtschaftsdaten bereits wider“.
Besorgniserregend ist laut Lafferty vor allem die zunehmende Unsicherheit um die Freizügigkeit der Bürger, die Rechte von Arbeitnehmern sowie die Flexibilität des Arbeitsmarktes. So wachse die Verunsicherung britischer Firmen im Hinblick auf diese Probleme. Werden Unternehmen ihren Standort verlagern müssen? Wie werden sie nach dem Brexit noch qualifizierte Arbeitskräfte finden? „Obwohl der „freie Zugang zu den Märkten“ sowie die „Freizügigkeit von Bürgern“ im Rahmen der Brexit-Verhandlungen wichtige Themen sind, könnten die Probleme im Hinblick auf den Status von Arbeitnehmern innerhalb der Wirtschaft die Handelsfragen im Exportsektor überwiegen“, schreibt der Experte.
Die Verhandlungen mit der EU gestalten sich als schwierig. Die britischen Verhandlungsführer fühlen sich an den im Referendum zum Ausdruck gebrachten Willen der Bevölkerung gebunden. Die EU-Vertreter können jedoch keine Vorzugsbehandlung anbieten, ohne den Zorn der 27 übrigen Mitgliedstaaten auf sich zu ziehen. Stattdessen hat die EU sogar noch Öl ins Feuer gegossen, indem sie den Briten eine „Brexit-Rechnung“ in Höhe von 60 Milliarden Euro vorgelegt hat. Lafferty: „Da es Theresa May nicht gelungen ist, die Stimmenmehrheit ihrer Konservativen Partei auszubauen, hat sich ihre Verhandlungsposition für die sowieso unübersichtlichen und schwierigen Gespräche noch einmal verschlechtert. Aus diesem Grund ist mittlerweile eine größere Zahl von Szenarios denkbar, obwohl anfangs viel für einen sauberen Schnitt – den „harten Brexit“ – gesprochen hatte“. Ein Jahr nach dem Votum sei die wirtschaftliche Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Brexit also nicht kleiner, sondern größer geworden.
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