Kommentar
09:54 Uhr, 02.12.2020

Unglaubliche Zahl: 20% allen Geldes wurde 2020 "gedruckt"

...und trotzdem gibt es noch keine Inflation, zumindest gemessen an den Verbraucherpreisen. Das muss aber nicht immer so bleiben.

Den Dollar gibt es schon eine ganze Weile. Es gab viel Zeit, um viele Dollar zu drucken. Trotzdem sind 20 % aller Dollar, die jemals gedruckt wurden, in diesem Jahr entstanden. In Europa ist das nicht anders. In Ländern, die nach der Finanzkrise kein QE vorgenommen haben, ist der Prozentsatz noch deutlich höher. In Kanada wurden 75 % aller kanadischen Dollar in 2020 gedruckt.

Ein Großteil des Geldes floss über QE in die Wirtschaft. Der größte Anteil entfiel auf den Kauf von Staatsanleihen. Staatsanleihen werden seit jeher von Notenbanken gekauft. Seit Gründung der Federal Reserve in den USA ist der Trend zu immer mehr Staatsanleihen in der Bilanz eindeutig (Grafik 1).


Derzeit wird aus zwei Gründen gekauft. Einerseits soll dem Markt Liquidität zur Verfügung gestellt werden, andererseits sollen Regierungen im fiskalischen Kampf gegen die Pandemie nicht alleingelassen werden. Es ist nicht das erste Mal, dass die Notenbanken Staatsausgaben finanzieren.

QE nach der Finanzkrise hatte nicht diesen Zweck und war im Vergleich zu den Summen, die aktuell im Spiel sind, bescheiden. Der Zweck des aktuellen QE unterscheidet sich markant. Das letzte Mal, dass explizit Anleihen zur Staatsfinanzierung gekauft wurden, ist eine Weile her. In den USA muss man in die 40er Jahre zurückgehen. Die Defizite, um den Krieg zu finanzieren, wurden zum Teil durch die Notenbank gedeckt.

Damals führte das zu höherer Inflation. In den meisten Perioden, in denen Anleihen vermehrt gekauft wurden, führten nicht zu höherer Inflation (Grafik 2). In einigen Perioden lässt sich eine positive Korrelation feststellen, in einigen eine negative. QE allein bedingt keine Inflation. Es muss schon der Finanzierung von Mehrausgaben des Staates dienen. Genau das ist aktuell der Fall.


In einigen Regionen wie Europa steigt die Geldmenge nicht nur wegen QE. Banken können sich über Langfristrefinanzierungsgeschäfte Geld bei der Notenbank besorgen. Auch das lässt die Geldmenge ansteigen. Geldmengenwachstum, ob durch QE oder andere Maßnahmen, korreliert ebenfalls nicht besonders gut mit der Inflation (Grafik 3).

Man muss wirklich differenzieren, welchem Zweck das Geld dient. Derzeit dient es der Defizitfinanzierung und damit Mehrausgaben des Staates. Das wirkt inflationär. Im Gegensatz zu den 40er Jahren fällt allerdings auch viel Nachfrage weg. Ein Teil der Wirtschaft läuft nur sehr begrenzt. Das wirkt deflationär.

Eine aus dem Ruder laufende Inflation ist nicht zu befürchten. Staaten werden nach der Krise ihre Finanzen wieder konsolidieren. Inflation bleibt auf absehbare Zeit unproblematisch. Das muss nicht immer so bleiben. Jedes Mal, wenn so stark interveniert wird, kommt das einer Gratwanderung gleich. Keiner weiß, wo genau die Grenze liegt und Staatsfinanzierung zu Inflation führt. In dieser Krise ist die Gratwanderung gelungen. In der nächsten muss das nicht der Fall sein.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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