Kommentar
06:13 Uhr, 03.03.2015

Ultralockere Geldpolitik: Kann die Bundesbank QE überhaupt umsetzen?

In diesen Tagen beginnt das Anleihenkaufprogramm der EZB. Die Bundesbank muss deutsche Anleihen kaufen, aber findet sie auch genug am Markt?

Deutschland ist nach wie vor hoch verschuldet. Die Schulden des Bundes stehen bei 1.115 Milliarden Euro. Die Bundesbank soll davon ca. 12 Mrd. pro Monat erwerben. Das ist ein gutes Prozent der ausstehenden Schulden pro Monat. Das klingt nicht nach sonderlich viel, ist es aber. Es ist vor allem auch deshalb viel, weil der Bund 2015 wahrscheinlich keine neuen Schulden mehr aufnehmen wird. Im Idealfall sinken die Schulden um mehrere Milliarden Euro.

Die Renditen für Bundesanleihen sind bereits sehr niedrig. Kauft die Bundesbank nun noch zusätzlich Anleihen, so könnte die Rendite weiter sinken. Aktuell zahlt der Bund keine Zinsen für Anleihen mit Laufzeiten von 5 Jahren oder weniger. Für diese kürzer laufenden Anleihen bekommt der Staat Geld. Für Anleihen mit 10 Jahre Laufzeit müssen noch gut 0,3% pro Jahr gezahlt werden. Gut möglich, dass auch hier die Zinsen negativ werden.
Obwohl der Bund keine neuen Schulden aufnehmen muss, werden noch viele Milliarden an Anleihen emittiert. 2015 werden Anleihen von 159 Mrd. fällig. Ein Großteil davon wird refinanziert werden müssen. Grafik 1 zeigt das Fälligkeitsprofil der Bundesschulden. Die Datenreihe 2014 zeigt das Profil Ende 2014. Die Reihe 2015 zeigt das aktuelle Fälligkeitsprofil. Insgesamt tut sich wenig. Der Bund hat einen Anreiz Anleihen mit langer Laufzeit durch Titel mit mittlerer Laufzeit zu ersetzen. Hier müssten keine Zinsen gezahlt werden. Andererseits ist der Anreiz nicht weiß Gott wie groß. Ob man nun 0% oder 0,3% zahlt ist schon fast unerheblich.

Der Finanzierungsbedarf dürfte in diesem Jahr unter 200 Mrd. liegen. Das wäre das erste Mal seit langem, dass der Bund Schulden von 200 Mrd. oder weniger emittiert. Die Summe ist vergleichsweise niedrig, weil keine neuen Schulden aufgenommen werden müssen. Es müssen lediglich Schulden refinanziert werden.
Diese Schulden darf die Bundesbank erst kaufen, wenn sie auf dem Sekundärmarkt erhältlich sind. Sie darf keine Anleihen zeichnen. Schulden gibt es grundsätzlich genug. Die Frage ist lediglich, ob die Bundesbank da herankommt. Werden die Gläubiger ihre Anleihen im großen Stil verkaufen? Das ist die Gretchenfrage. Das Wall Street Journal machte sich darüber am Wochenende so seine Gedanken und kam zu dem Schluss, dass viele Gläubiger ihre Anleihen nicht so gerne verkaufen würden.

Persönlich sehe ich das anders. Es kann durchaus ein lukratives Geschäft sein, neue Anleihen zu zeichnen, z.B. mit einer Rendite von 0,3%. Diese könnte dann im Idealfall für eine Rendite von 0,2% an die Bundesbank weiterverkauft werden. Daraus ließe sich fast ein Geschäftsmodell machen. Vermutlich ist das aber nicht einmal notwendig. Das Handelsvolumen von Bundesanleihen lag 2014 bei über 5 Billionen Euro. Der Gesamtbestand der Schulden wurde also fünf Mal umgesetzt. Bei einem so aktiven Sekundärmarkt ist nicht davon auszugehen, dass die Bundesbank Probleme haben wird ihre 12 Mrd. pro Monat unterzubringen.

Ein Problem gibt es dennoch. Internen Guidelines zufolge soll die Zentralbank nicht mehr als 25% einer Anleihe halten. Das hat den Grund, dass es nicht an der Notenbank liegen soll im Falle einer Umschuldung eine Entscheidung herbeiführen oder blockieren zu können. Diese Guidelines müssen wahrscheinlich aufgeweicht werden. Einzelne Anleihen sind vergleichsweise klein und kommen oftmals nur auf ein Volumen von 10 bis 15 Mrd. Viele Papiere mit kürzeren Laufzeiten haben auch nur ein Emissionsvolumen von 1 oder 2 Mrd. Wenn einzelne Investoren große Anteile an diesen Anleihen halten und sie nicht verkaufen wollen, dann wird es schwierig. Ebenso wird es schwierig das Volumen zusammenzubekommen, wenn Anteile auf 25% beschränkt sind – so zumindest der Gedankengang des Wall Street Journal am Wochenende.

Bundesanleihen sind bestimmt nicht im Überangebot vorhanden. Zu glauben die Bundesbank würde das Volumen nicht zustande bringen ist jedoch fast schon abwegig. Letztlich ist alles nur eine Frage des Preises. Wenn die Zentralbanken bereit sind im Notfall auch Anleihen mit negativer Rendite zu kaufen, dann wird das schon laufen.

Bild Fälligkeitsprofil.pngBild Bedarf.png

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4 Kommentare

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  • bembes
    bembes

    Hoffentlich kann die Bundesbank gar nicht so viele Anleihen kaufen. Die Investoren, welche alte Anleihen mit z.B. 1% Zins haben, wären ja auch blöd wenn sie diese Anleihen an Super-Draghi verkaufen. Anschließend sollen diese Investoren/Banken an die Industrie Gelder vergeben, welches gar nicht benötigt wird. Wenn das nicht klappt können diese das Geld bei der Europäischen Zentralbank bunkern und dann Minuszinsen bezahlen.

    So blöd ist hoffentlich nur Draghi und Konsorten !!

    09:52 Uhr, 03.03. 2015
  • Investor
    Investor

    Wenn ich einmal davon ausgehe, daß der Eingriff nicht direkt in den Anleihe- sondern über den Futuremarkt erfolgen wird, dann hat der Future Markt genügend Liquidität.

    Die Bundesbank hat jetzt mehrere Optionen:

    - Kauf von Optionen mit verschiedener Endfälligkeit und ggf deren Rollen

    - Auslieferung der Anleihen

    - Swap Vereinbarungen mit Banken und Versicherungen

    Aus Ihren Artikel über die Wirkungsweise des Bund Futures wissen wir, daß es ein Bündel von Anleihen gibt, die für den Bund Future geliefert werden können. Diese Anleihen entsprechen nicht u.U nicht den Kritieren der EZB von einer Anleihe nicht mehr als 25% zu halten. Deshalb ist es wahrscheinlich daß der richtigen Mix über swap Vereinbarungen mit Banken und Versicherungen sichergestellt wird.

    Die Lieferung der Stücke kann über eine Art "Arbitragehandel" immer an die Liquidität des Anleihemarktes angepasst werden.

    Die Bundesschuldenagentur arbeitet schon heute mit swaps um kurzfristige Anleihen auf lange Fristen zu transformieren. Über dieses Instrument und in Zusammenarbeit mit der Bundesbank wird dann die Liquidität an den Anleihemärkten gesteuert.

    08:36 Uhr, 03.03. 2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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